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Farbmarken
Wem gehört Blau?

Aral, Nivea, Deutschlandfunk - sie alle erkennt man an einem Blau. Der Künstler Rozbeh Asmani hat sich mit solchen Farbmarken befasst. Ihn fasziniert, dass Unternehmen Farben für sich reklamieren und monopolisieren. Er hat beobachtet, dass immer mehr Farben hinzukommen: "Man könnte die Vermutung anstellen, dass irgendwann alles verteilt ist."

Rozbeh Asmani im Gespräch mit Mascha Drost |
    Cremedosen der Marke Nivea liegen auf einem Tisch
    Derzeit gibt es Streit um das "Nivea"-Blau (Christian Charisius / dpa)
    Mascha Drost: Blau, blau, blau blüht nicht nur der Enzian, sind nicht nur alle meine Kleider, sondern auch sehr viele Cremedosen weltweit. Blau mit weißer Schrift, und das seit genau 90 Jahren. Nivea-Blau ist fast schon eine eigene Farbbezeichnung, und das soll auch so bleiben. Deswegen ist der Beiersdorf-Konzern vor Gericht gezogen und das Bundespatentgericht muss sich mit der Frage befassen: Darf der Farbton Pantone 280 C eine geschützte Marke sein oder muss er beim Deutschen Patent- und Markenamt gelöscht werden, wie ein Konkurrent es fordert? Gestritten wird sich vor Gericht aber nicht nur um Blau, sondern beispielsweise auch um Rot, das zwei Banken für sich beanspruchen. Ist der Farbenkampf ein Vordringen des Kapitalistischen in ganz neue Sphären? Diese Frage ging an den Künstler und Farbforscher Rozbeh Asmani.
    Rozbeh Asmani: Na ja. Dazu muss man sagen, dass sich Firmen schon seit 1994 Farben gesichert haben, immer in Zusammenhang mit einer Ware oder einer Dienstleistung. Das heißt, 1994 war es die Firma Kraft Foods, die das erste Mal die Farbe Violett für das Produkt Milka-Schokolade geschützt hat. Darauf folgten dann weitere Firmen wie die Telekom mit dem Tele-Magenta, oder BP mit der Kombination Grün-Gelb, Aral Blau, UPS, und die Strecke geht weiter.
    Das Lila der Kuh
    Drost: Wie öffentlich sind Farben dann noch, wenn sie von Firmen geschützt werden können? Eine Art Grundfunktion der Farbe zu signalisieren und darzustellen, wird die jetzt wirtschaftlich vereinnahmt?
    Asmani: Das war tatsächlich ein ganz wichtiger Aspekt für mich, weil ich als visuell arbeitender Künstler natürlich jeden Tag mit Farben zu tun habe, und für mich war das dann faszinierend, dass eine Farbe von einem Unternehmen geschützt werden kann, das heißt, herausgenommen wird und für sich beansprucht oder monopolisiert. Das führt dazu, dass Farben in der Welt der Waren und Dienstleistungen schon codieren. Das muss man sich mal beobachten und dann findet man schon raus, dass die Welt so codiert dann auch ist.
    Drost: Was bedeutet das jetzt für die Kunst, wenn Farben anfangen, für bestimmte Produkte zu stehen?
    Asmani: Ich kann nicht sagen, was es für die Kunst bedeutet. Ich kann nur sagen, was es für mich als Künstler oder für meine Kunst bedeutet. Ich habe das herausgefunden und bin dann der Spur nachgegangen, habe herausgefunden, dass insgesamt 110 verschiedene Farben von Firmen geschützt sind, Farbmarken, und habe das dann für meine Kunst selber genutzt. Goethe hat das mal ganz treffend gesagt: "Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen." Das heißt, ich als Künstler bin nach dem Grundgesetz eben aus diesem Feld befreit. Ich kann das machen -, während ich, wenn ich ein Produkt produziere, das nicht darf, und das ist dann meiner Meinung nach auch die Aufgabe der Kunst oder die Aufgabe, die der Kunst in unserer Gesellschaft zukommt.
    Eine Form von Monopolisierung
    Drost: Was wollen denn die Firmen mit ihren Farben bei den Menschen bewirken?
    Asmani: Na ja. Erst mal ist es ja schon so, wenn man schaut. Ein Blau wirkt ja sehr bohème, deswegen nutzen das gerne Versicherungen. Damit wird erst mal eine Identität gestärkt. Durch den Markenschutz in Farbmarken ist es tatsächlich so, dass man sich diese abstrakte Farbe schützen lassen kann und somit die Möglichkeit besteht, andere Firmen zu verklagen, die diese Farbe nutzen. Deswegen kann man auch in der Form von Monopolisierung sprechen, wenn man möchte.
    Andererseits muss man dann auch wieder aus der Position der Firmen sprechen. Es gibt natürlich auch andere Unternehmen, die sich diese lang erkaufte und erarbeitete Marketingstrategie zunutze machen. Das heißt, sie produzieren ein Produkt in der Farbe, und das ist auch der Grund, warum das Marken- und Patentamt das genehmigt.
    Drost: Was meinen Sie, wird das in Zukunft noch zunehmen oder hat man irgendwann alle relevanten Farben unter sich aufgeteilt?
    Asmani: Das ist ja ganz schön zu beobachten. Es gibt schon auch geschützte Farben oder Bereiche, in denen sehr viel schon verteilt ist. Wenn man sich das Gelb anschaut, dann ist das ziemlich besonders. Aber man schützt die Farbe immer nur im Zusammenhang mit einer Ware oder einer Dienstleistung. Das heißt, man müsste dann in diesen 42 verschiedenen Nizza-Klassen alle Farben schützen und dann wäre der gesamte Farbraum verteilt.
    Aktuell der Streit in den Medien um Nivea-Blau mit Unilever beispielsweise ist ein solcher Fall. Wenn man sich die Kosmetikindustrie oder die Produkte anschaut, dann sieht man, dass Firmen das durchaus benutzen möchten, aber nicht herankommen an dieses Blau. Und meiner Meinung nach kommen immer mehr Farben hinzu. Das heißt, natürlich könnte man die Vermutung anstellen, dass es irgendwann alles verteilt ist.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.