Erneut ein großes Erlebnis, aber in seiner Anmutung ganz anders: der zweite Abend des Forum2016. Im Zentrum: Neue Musik aus Rumänien. Auf der Bühne: ein Septett plus Dirigent. Das Ansamblul Profil aus dem Umfeld der berühmten Musikuniversität Bukarest, am Pult Dan Dediu. Die Klänge: vital, musikantisch, unverbraucht, ungewohnt deutlich, auf bemerkenswerte Weise beredt.
Anatol Vieru und Myriam Marbe waren in diesem Konzert zu entdecken, zwei im Westen kaum bekannte Vertreter der 'goldenen' Bukarester Generation. Aufhänger für das Konzertprojekt war die 75-jährige Wiederkehr des Pogroms von Jaşi – intendiert war die Suche nach jüdischen Spuren in der rumänischen Neue Musik.
Es sei typisch und in der Geschichte begründet, dass es diese Spuren nur indirekt gibt, dass sie unkenntlich sind, und verborgen. Thomas Beimel, selbst Komponist, Schüler von Myriam Marbe, entwarf in seiner einführenden Lecture ein vielgestaltiges, widersprüchliches, an Nuancen reiches Bild der ideologisch-kulturellen Gemengelage im Bukarest der 1940er- bis 1990er-Jahre. Das wurde zudem durch eine von Beimel bestückte Vitrine mit Schallplatten und Dokumenten illustriert.
Der zweite Veranstaltungsstrang galt zwei besonderen Frauen: Brigitte Schiffer (1909–1986) und Edith Gerson-Kiwi (1908–1992). Erstere, Komponistin und Musikjournalistin, emigrierte aus Deutschland nach Kairo, wo sie sich zwischenzeitlich erfolgreich für den Aufbau eines Musikerziehungswesens engagierte. Gerson-Kiwi emigrierte nach Jerusalem, wo sie die Musikethnologie aufbaute und in einem großen Phonogramm-Archiv Stimmen und Gesänge der jüdischen Einwanderer dokumentierte. Susanne Borchers vom Europäischen Zentrum für Jüdische Musik an der Musikhochschule Hannover umriss Persönlichkeit, Wirken und Nachlass der Ethnologin; von der Komponistin erklang ein bemerkenswertes Streichquartett, dargeboten vom Sonar Quartett aus Berlin.