Multi-Club-Ownership
Der FC Bayern und sein US-Joint Venture

Der FC Bayern München scheint eine Antwort auf die zunehmende Präsenz von sogenannten Multi-Club-Ownerships gefunden zu haben und betreibt seit einiger Zeit ein Joint Venture mit Los Angeles FC. Der US-Club hat auch Teams in der Alpenregion erworben.

Von Constantin Eckner |
Herbert Hainer, Präsident des Bayern München (l.), und Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen bei der Jahreshauptversammlung 2023.
Kooperation für die Zukunft: Bayern-Präsident Herbert Hainer (l.) mit dem Vorstandsvorsitzenden Jan-Christian Dreesen. (IMAGO / Sven Simon)
München und Los Angeles trennen rund 9.600 Kilometer, aber fußballerisch kommen sich der FC Bayern und Los Angeles FC oder kurz LAFC seit geraumer Zeit näher. Im März 2023 gründen beide Clubs ein Joint Venture, also ein gemeinsames Unternehmen: "Red&Gold Football", Rot für Bayern und Gold für L.A. Beide Clubs teilen sich die Chancen und Risiken.
Die Normalität im Spitzenfußball sind mittlerweile sogenannte MCOs, Multi-Club-Ownerships. Bei den MCOs führt eine Gesellschaft mehrere Vereine unter einem Dach. Zwischen den Clubs können dann zum Beispiel leichter Talente ausgetauscht werden. Oft gibt es einen Verein an der Spitze: Ein Beispiel ist die City Football Group mit Manchester City als Krösus.
Die Talententwicklung in Nordamerika und anderen Teilen der Erde steht bei "Red&Gold Football" im Mittelpunkt, sagt Geschäftsführer Jochen Sauer: "Dann gibt es natürlich eine ganz profane administrative Erleichterung. Wenn Sie am Ende - nehmen wir eine typische Scouting-Reise - Kosten haben, wenn da zwei Fußballclubs sind, dann fangen Sie an zu überlegen: 'Wer hat denn jetzt diese Scouting-Reise initiiert oder nicht?' Und wenn Sie das administrativ in einem Gemeinschaftsunternehmen machen, dann ist es einfach am Ende immer 50-50."
Neben den Vorteilen sieht Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln auch Nachteile bei einem Joint Venture: "Wenn man das jetzt aus der Perspektive von Bayern München betrachtet: Es ist deutlich schwieriger, ein eigenes Spielkonzept, ein eigenes Entwicklungskonzept, eine eigene Kultur, das sogenannte 'Mia san mia' auch in diesem Unternehmen zu implementieren, weil wir ja die gleiche Mitsprachemöglichkeit haben des anderen Gesellschafters, des LAFC."

Erste "Red and Gold"-Filialen in Uruguay und Gambia

Zwei Unternehmungen hat "Red&Gold Football" zuletzt vermeldet: Man ist Mehrheitsgesellschafter von Racing Club de Montevideo aus Uruguay und Partner einer Fußballakademie aus Gambia geworden. In Südamerika, wo die Bayern in der Vergangenheit schon das eine oder andere Mal auf der Suche nach hochveranlagten Spielern fündig geworden sind, geht es laut Jochen Sauer darum, "gemeinsam vor Ort Talent zu entwickeln, Spieler gemeinsam zu finden, Spieler gemeinsam auszubilden, sie dann auch auf den Weg nach USA oder Europa vorzubereiten. Und das Gleiche gilt natürlich für Afrika. Westafrika ist ein sehr großer Talentmarkt, gerade Gambia als kleines Land ist aber fußballerisch sehr erfolgreich, talentiert."

Gareth Bale, Mia Hamm, Magic Johnson - klangvolle Namen bei LAFC

Im globalen Wettbewerb um Talente erscheint das für die Bayern und auch LAFC, der aktuell zehn Lateinamerikaner im Kader stehen hat, nachvollziehbar. Eben jener LAFC ist ohnehin nicht irgendein Club aus der US-amerikanischen Major League Soccer, sondern ein glamouröses Projekt mit schillernden Miteigentümern wie dem einstigen Basketballstar Earvin "Magic" Johnson und der zweimaligen Weltfußballerin Mia Hamm.
LAFC wird 2014 gegründet, mit Altstar Gareth Bale holt der Club 2022 die Meisterschaft. Aber die Ziele gehen über Erfolge in der MLS hinaus, wie sich seit einigen Monaten abzeichnet. James Corbett, Senior Correspondent der Sport-Business-Publikation "Off The Pitch", hat eingehend zu LAFC recherchiert. Er sagt: "Es hat sich herausgestellt, dass viele der Teilinhaber von LAFC im großen Stil in Private Equity involviert sind, insbesondere in Private-Equity-Firmen, die ein großes Interesse am Fußball hegen, zum Beispiel Ares Management und Oaktree."

LAFC-Boss Rosenthal mit vielen Beteiligungen im Fußballgeschäft

Die Verbindungen sind vielfältig. Der Vorsitzende von LAFC, Bennett Rosenthal, ist auch Mitgründer von Ares Management. Die Investment-Firma hat hunderte Millionen Euro in den Profi-Fußball investiert. Entweder direkt in Clubs wie Chelsea oder Inter Miami. Oder über eine andere Investmentfirma, die Eagle Football Holdings. Die ist Mehrheitseigner von Olympique Lyon, dem brasilianischen Verein Botafogo und RWD Molenbeek aus Belgien. Zudem hält die Eagle Football Holdings Minderheitsanteile am englischen Erstligisten Crystal Palace, an dem wiederum auch der US-Sportinvestor David Blitzer beteiligt ist. Blitzer ist ebenso Minderheitsaktionär des FC Augsburg, einem Ligakonkurrenten von Bayern München.

Immer komplexere Eigentümerstrukturen im Fußball

Die Fußballwelt wird durch diese Eigentümerstrukturen immer komplexer – und zugleich entsteht eine gut vernetzte Investorenelite, die zunehmend aus den Vereinigten Staaten kommt. "Da besteht ein Gefahrenpunkt. Das muss man bei der Governance von Fußball und das müssen die Fußballligen insbesondere und auch die internationalen Fußballverbände auf dem Schirm haben, dass natürlich Verflechtungen immer wahrscheinlicher werden, je stärker dieser MCO-Gedanke um sich greift. Und das Ganze wird sehr schnell sehr unübersichtlich. Also da braucht es schon spezifische Einheiten in den Fußballverbänden, die das auch im Blick haben", sagt Christoph Breuer.
LAFC hat aber nicht nur stark engagierte Inhaber, sondern erwirbt mittlerweile selbst Clubs. Seit kurzem ist LAFC Mehrheitsgesellschafter von Wacker Innsbruck und Grasshopper Club Zürich. Bei Grasshopper scheint man erleichtert, dass die vormaligen chinesischen Eigentümer vom strategisch denkenden LAFC abgelöst wurden, sagt Stefan Legge, Dozent für Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen: "Der Verein schreibt große Verluste und dann war eigentlich schon längere Zeit klar, man will das loswerden. Und das ist natürlich für den Verein, auch für die Fans, eine unschöne Situation, wenn der Besitzer keine richtige Strategie hat und das Ding eigentlich nur wieder loswerden möchte. Deswegen ist man jetzt happy, dass das Thema beendet ist."

FC Bayern Teil der schönen neuen Fußball-Welt

Bayerns Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen hat noch im vergangenen Jahr davon gesprochen, dass Multi-Club-Ownership-Konstrukte reguliert werden müssten, um einer Wettbewerbsverzerrung vorzubeugen. Bei der Bekanntgabe der Übernahme von Racing Club de Montevideo durch "Red&Gold Football" wurde in der Presseerklärung betont, dass man die "Tradition und die Identität des Clubs" respektiere. Ganz ohne ein Netzwerk mit anderen Clubs und auch möglichen Farmteams für die Talentförderung scheint es aber im Spitzenfußball nicht mehr zu gehen.