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Kommentar zum FDP-Parteitag
Lindner darf nicht zur Merkel der FDP werden

Eigentlich sei die FDP doch debattenfreudig - doch der Parteitag in Berlin sei einer der langweiligsten seit vielen Jahren, kommentiert Ann-Kathrin Büüsker. Die Partei folge ihrem Vorsitzenden Lindner derzeit widerspruchs- und anspruchslos.

Von Ann-Kathrin Büüsker |
Christian Lindner, FDP-Bundesvorsitzender und Bundesfinanzminister, spricht beim Bundesparteitag seiner Partei. Im Hintergrund ist groß das Logo der Liberalen zu sehen.
Unangefochten an der Spitze seiner Partei: Christian Lindner, FDP-Bundesvorsitzender und Bundesfinanzminister, beim Bundesparteitag der Liberalen in Berlin. (picture alliance / dpa / Joerg Carstensen)
Eigentlich sind die Freien Demokraten eine Partei, die sich sehr gerne streitet. Nicht nur mit den Koalitionspartnern, auch untereinander. Auf Parteitagen wird um die Programmatik gerungen, über Halbsätze und einzelne Worte in Anträgen.

Einst gab es Hochfeste innerparteilicher Demokratie

Das sind stets Hochfeste innerparteilicher Demokratie. Doch diese Aushandlungsprozesse sind für die Partei auch wichtig, weil die Mitglieder in vielen Detailfragen weit auseinanderliegen und durch diese Debatten überhaupt erst herausfinden müssen, was Konsens unter ihnen ist. 2019 etwa, als man leidenschaftlich über die Frauenquote, aber auch die Klimapolitik stritt. Vor allem bezogen auf Letztere wurde damals eine neue programmatische Grundlage gelegt – das war wegweisend.
Auf diesem Parteitag jedoch bleiben kontroverse inhaltliche Debatten weitgehend aus. Es ist einer der langweiligsten FDP-Parteitage seit vielen Jahren. Ob sie den Antrag wegen Nichtbeachtung ablehnen solle, stichelte die Parteitagsleitung in einer Abstimmung, an der sich kaum jemand beteiligte.
Sich bloß nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigen – das war schon im Vorfeld die Prämisse, die Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ausgegeben hatte. Dementsprechend hörte dem Wiedergewählten bei seiner heutigen Rede zur Einbringung des Leitantrags auch fast niemand zu – die Reihen des Plenums waren fast leer.

Wenn die Delegierten nichts verpassen

Die Delegierten verpassten nichts. Wie schon gestern sein Parteichef wiederholte Djir-Sarai bekannte FDP-Forderungen. Vor allem mit den Themen solide Finanzen und wachstumsorientiertem Wirtschaften wollen die Freien Demokraten überzeugen. Dazu eine kräftige Prise Zukunftsoptimismus und Abgrenzung von politischen Mitbewerbern.
Wie die gut gelingen kann, ist für die Partei immer noch eine Gratwanderung. Die Reden der Parteiführung wirkten mitunter wie Schattenboxen – weil mit Chiffren wie Lastenrad und Verbotspolitik so offensichtlich die Grünen gemeint waren, ohne sie aber beim Namen zu nennen.
Abgrenzung ja, aber bitte nicht stänkern – das schien die Devise. Das klappte allerdings nur bis zur Debatte über Heizungen. Von Irrsinn aus dem Habeck-Ministerium war da plötzlich die Rede, der Jubel im Saal groß. Das Feindbild der Grünen, das Feindbild Habeck, es gefällt noch immer vielen in der Partei. Es fällt ihnen weiterhin schwer, mit den Grünen zusammenzuarbeiten, auch weil die Grundvorstellungen so weit auseinandergehen.
Die FDP versucht weiterhin als Teil der Ampelregierung ihren Rhythmus zu finden. Einen Weg der Abgrenzung von den Regierungspartnern, der die Partei trotzdem konstruktiv aussehen lässt. Die Wählerinnen und Wähler sollen durch solide politische Arbeit überzeugt werden.
Wenn das in der Sache dazu führt, die unvermeidlichen Auseinandersetzungen zwischen den Regierungspartnern konstruktiver zu machen, wäre das eine gute Entwicklung. Gerade in der Heizungsdebatte vergreifen sich jedoch viele aus der Partei im Ton und neigen zu Populismus. So stark sich die Parteiführung um Signale der stabilen Regierungsarbeit bemüht, so schwer fällt es einigen in der Partei, diese umzusetzen.

An den Grünen reibt sich die FDP

Mit den Grünen streitet man sich weiterhin zu gerne. Eine Reibung an einem äußeren Gegner, die nach innen zu stabilisieren scheint. Denn wirklich bemerkenswert ist an diesem Wochenende, wie widerspruchslos, fast anspruchslos die Partei ihrem Vorsitzenden folgt.
Christian Lindner ist in der Partei so unumstritten, dass nicht einmal die schlechten Landtagswahlergebnisse der letzten Monate ihm etwas anhaben können. Auf dem Parteitag konnte sich der brillante Rhetoriker eine stinklangweilige Rede erlauben und bekam trotzdem ein sehr gutes Ergebnis. Die Partei des Wettbewerbs hat sich inzwischen in eine Art Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Vorsitzenden gebracht. Und sollte damit vorsichtig sein. Genau das hat der CDU nicht gutgetan – Christian Lindner sollte nicht zur Angela Merkel der FDP werden.