Nach "D-Day-Papier"
Wie geht es weiter für die FDP?

Nach dem Bekanntwerden des FDP-Papiers zum Ausstieg aus der Ampelkoalition sind Generalsekretär Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Reymann zurückgetreten. Welche Auswirkungen hat die Affäre auf den Ruf der Liberalen und den Bundestagswahlkampf?

    Christian Lindner, Marco Buschmann, Bijan Djir-Sarai (FDP) am 7.11.2024
    Bevor die FDP den Bruch mit der Ampelkoalition vollziehen konnte, ist ihr Bundeskanzler Olaf Scholz zuvorgekommen. Erst hinterher wurden die ursprünglichen Pläne der Liberalen bekannt. (picture alliance / dpa / Christoph Soeder)
    Von einem "D-Day" und einer "offenen Feldschlacht" ist die Rede im Strategiepapier der FDP, in dem Szenarien zum Ausstieg aus der Ampel-Koalition durchgespielt wurden. Nach der Veröffentlichung des Dokuments sind FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und FDP-Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann zurückgetreten. Djir-Sarai sagte, er habe "unwissentlich falsch über ein internes Dokument informiert". Er entschuldige sich dafür und übernehme politische Verantwortung, um Schaden von seiner Glaubwürdigkeit und der FDP abzuwenden.
    Für die Politologin Ursula Münch hat durch die Affäre um das "D-Day-Papier" vor allem das Vertrauen in die Politik im Allgemeinen Schaden genommen. "Für die normal bis wenig interessierte Wählerschaft bleibt hängen: Es ist, wie es ist - Politiker lügen. Das ist unschön", sagte Münch. Die FDP hingegen könne fast nicht noch mehr an Vertrauen verlieren, glaubt die Politologin. Die Partei sei allerhöchstens noch bei ihrer Stammwählerschaft angesehen. Derzeit kommt die FDP in Umfragen auf drei bis vier Prozent, muss also um einen Einzug in den Bundestag bangen.
    Münch kritisierte auch die Bezeichnung "D-Day". Die Wortwahl sei "extrem unpassend" und zeuge von fehlender historisch-politischer Bildung. Mit dem Begriff wird die Landung der Alliierten in der Normandie während des Zweiten Weltkriegs am 6. Juni 1944 bezeichnet.

    Kubicki: Aufregung weitgehend parteipolitisch motiviert

    Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki forderte unterdessen eine ehrliche Aufarbeitung von Fehlern der Partei im Umgang mit dem "D-Day-Papier". "Fehler, die gemacht wurden, müssen selbstverständlich aufgearbeitet werden", sagte Kubicki.
    Zugleich kritisierte er die Aufregung über das interne Strategiepapier zum gezielten Austritt der FDP aus der Ampel-Koalition. Diese Aufregung "halte ich für weitgehend parteipolitisch motiviert und für die ersten Schatten eines sehr schmutzigen Wahlkampfes", sagte er. "Diese Koalition war in weiten Teilen der Bevölkerung unten durch, wer für das Ende verantwortlich gemacht wird, hat demnach keine Verantwortungslosigkeit, sondern Verantwortung bewiesen."

    Viel Zeit, um bis zur Wahl aufzuholen

    Im Wahlkampf ist die Affäre für die Partei aktuell ein Rückschlag, glaubt Münch. "Die FDP wollte eigentlich in diese neue Bundestagswahl hineingehen mit inhaltlichen Themen. Das ist also gründlich misslungen."
    Dennoch meint die Politikwissenschaftlerin, dass die Liberalen bis zur Bundestagswahl noch eine Chance haben, ihre Umfragewerte zu verbessern und über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen.
    Die derzeitige Debatte „interessiert einen nennenswerten Teil der Wählerschaft nicht allzu stark“, so Münch. Bis zur Bundestagswahl werde sie längst durch andere Themen ersetzt worden sein. Im Bewusstsein der Öffentlichkeit fange der Wahlkampf frühestens Ende Januar an, so die Politologin. Bis dahin könne die FDP sich erholen und versuchen, ihre Themen zu besetzen, wie wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und Technologieoffenheit.
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