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FDP-Politiker zu Klimaschutzverhandlungen
"CO2-Steuer ist nichts anderes als Abkassieren"

Der FDP-Politiker Marco Buschmann sieht die Verhandlungen zum Klimaschutz-Paket kritisch und bezeichnete sie als "Theater". Im Dlf sagte er: "Die Ideen liegen seit Monaten auf dem Tisch". Er plädierte für einen Ausbau des CO2-Zertifikathandels. Eine CO2-Besteuerung führe zu keinen Veränderungen.

Marco Buschmann im Gespräch mit Peter Sawicki |
Marco Buschmann, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP- Bundestagsfraktion
Marco Buschmann ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP (imago / IPON)
Peter Sawicki: Mitgehört hat Marco Buschmann. Er ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag. Guten Morgen, Herr Buschmann!
Marco Buschmann: Schönen guten Morgen, Herr Sawicki.
Sawicki: Was gefällt Ihnen denn gut bisher?
Buschmann: Gut gefällt mir, dass über diese wichtige Aufgabe jetzt intensiv gerungen wird. Was mir nicht gut gefällt ist, dass hier so ein Theater inszeniert wird. Es ist ja naiv zu glauben, Regierungspolitik würde entstehen, indem sich Leute quasi spontan an einem Abend zusammensetzen und dann mal über Nacht eine neue Idee haben, sondern die Ideen liegen alle seit vielen Monaten auf dem Tisch. Es ist eigentlich relativ einfach, wenn man es politisch will, die Klimaschutzziele 2030 zu erreichen, nämlich - da sind sich auch viele Fachleute einig - am besten über einen CO2-Zertifikatehandel.
Der funktioniert in vielen Bereichen auf europäischer Ebene schon. Der würde Menschen, die CO2 vermeiden, speichern oder verarbeiten, belohnen. Wer es ausstößt, muss dafür etwas bezahlen. Dann kriegen wir eine Dynamik in Gang gesetzt, die die Klimaschutzziele erreicht, indem die Menschen aber eigenständige Konsumentscheidungen erreichen können. Dass immer noch nicht klar ist, dass das das Ziel ist, zeigt mir, dass diese Regierung sich über Monate in dieser Frage nicht geeinigt hat, und mir fehlt ein bisschen der Glaube, dass das jetzt in einer dieser typischen Mitternachtssitzungen gelingen soll.
"Eine Illusion, dass eine CO-Steuer das hinbekommt"
Sawicki: Stichwort Zertifikatehandel. Da gibt es aber auch Experten, die sagen, diese eine Maßnahme ist zu kurz gegriffen und auch zu bürokratisch. Warum setzen Sie so sehr darauf?
Buschmann: Ja, weil der Zertifikatehandel eigentlich das Gegenteil von Bürokratie ist. Schauen Sie, Sie haben ja zwei Möglichkeiten, um diese Idee umzusetzen, dass, sagen wir mal, CO2-intensive Produkte teurer und CO2-arme Produkte günstiger werden. Sie gehen entweder als Staat hin und kleben selber auf jedes einzelne Produkt ein eigenes Preisschild drauf. Da kommen Sie gar nicht hinterher, weil ja jeden Tag es neue Produkte gibt und jeden Tag kluge Ingenieure und Unternehmer neue Ideen haben, wie sie da was tun können. Und wenn Sie das mit staatlichen Preisschildern machen, dann werden die Leute mehr darüber nachdenken, wie sie beispielsweise einer Besteuerung entgehen können.
Wenn Sie das über einen Marktpreis machen, dann ergeben sich diese Effekte automatisch, und je knapper das Gut CO2-Ausstoß wird, je näher wir uns dem Ziel von Paris 2030 nähern, desto teurer wird das automatisch und desto höher ist der Anreiz. Das schafft ein bürokratisches System, wo Behörden und Beamte jeden Tag darüber nachdenken müssen, müssen wir jetzt bei den vielen hunderttausenden Produkten, in denen ja irgendwie CO2 drinsteckt, jetzt noch mal nachregeln? Das schafft das gar nicht. Deshalb ist es eine Illusion, das zum Beispiel mit einer Steuer hinzubekommen. Die Steuer ist nichts anderes als Abkassieren. Da bemäntelt der Finanzminister eine neue Einnahmeart mit einer ökologischen Begründung, und da gibt es eigentlich relativ hohe Einigkeit in der Fachwelt.
"Eine CO2-Besteuerung wird den großen Wurf nicht schaffen"
Sawicki: Nun sagen aber auch Fachleute in Deutschland und weltweit, dass wir so nicht weiterleben können wie bisher, und nennen da alle möglichen Bereiche: den Verkehr, die Ernährung, die Gebäude und so weiter und die Landwirtschaft. Reicht es dann einfach aus, diese eine Maßnahme einzuführen, um diesen Wandel zu vollziehen?
Buschmann: Dass wir eine Veränderung herbeiführen müssen, ist ja Konsens, weil wir ja alle die Klimaziele von Paris einhalten wollen. Es gibt doch jetzt nur eine Debatte darüber, wie der beste, schnellste und ich sage auch bewusst kostengünstigste Weg dahin ist. Denn es nützt dem Klima wenig, wenn die Maßnahmen einfach nur den Steuerzahler viel Geld kosten. Diese Verschmutzungszertifikate sind ein sehr effektives Instrument. Wenn Sie in Staaten schauen, die stattdessen mit einer Besteuerung gearbeitet haben, ist der empirische Befund, dass es dort sehr wenig Verhaltensänderungen gab. Deshalb muss man doch in einer Debatte, wo es um den effektivsten und ich sage auch günstigsten Weg zu den Klimazielen von Paris geht, doch irgendwann akzeptieren, dass diese Maßnahme kein Beitrag ist.
Deshalb, weil die Regierung das auch weiß, sind die Verhandlungen doch so zäh, so lang und werden die Papiere und Maßnahmenvorschläge immer länger, weil man weiß, eine CO2-Besteuerung wird den großen Wurf nicht schaffen, weil das nur Abkassiererei ist. Deshalb muss man sich ja so viele andere Gedanken machen, wo man überall noch mit einem kleinen Förderprogramm hier und einer kleinen Maßnahme dort versuchen kann, darzustellen, dass man sich dem Ziel nähert. Aber ich glaube, das ist eine Mogelpackung, weil diese vielen kleinen Maßnahmen in erster Linie sehr teuer sind für den Steuerzahler, aber fürs Klima wenig bringen.
Sawicki: Wir werden es abwarten. Vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.