Das primäre Ziel sei, Einsatzkräfte zu schützen und am besten auszurüsten. Die bewaffneten Drohnen seien ein strategisches Mittel, um die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten in den Einsatzgebieten zu sichern, sagte die FDP-Sicherheitsexpertin Strack-Zimmermann im Dlf. Der Gegner solle wissen, dass "wir uns wehren könnten". Die Drohnen seien, anders als noch vor ein paar Jahren, heute so technisch ausgereift, dass sie von der Luft aus genau erkennbar machten, wer sich in den Einsatzgebieten befinde. Sie dienten vor allem der Prävention und dem Schutz. Daher sei sie froh, dass nun Bewegung in die Diskussion um die Anschaffung bewaffneter Drohnen komme.
Strack-Zimmermann: Verfassung schließt gezielte Tötungen aus
Eine Gefahr, dass bewaffnete Drohnen vorschnell von Soldaten zur Tötung von Menschen genutzt werden könnten, sieht die FDP-Politikerin nicht. "Kein Soldat, keine Soldatin, wird einfach so auf den Knopf drücken", sagte sie im Dlf. Die gezielte Tötung von Menschen durch die Bundeswehr sei ausgeschlossen, da sie nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und auch nicht durch das Völkerrecht legitimiert sei. Das gelte im Übrigen auch für alle anderen Waffen. Die Soldatinnen und Soldaten lernten in der Ausbildung, dass ein Gewehr nur als Mittel der Notwehr diene und nicht zur gezielten Tötung. Auch Drohnen dienten nur der Prävention.
Das Interview in voller Länge:
Dirk-Oliver Heckmann: Was halten Sie denn von der Anschaffung bewaffneter Drohnen? Brauchen wir die?
Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ja, Herr Heckmann, die brauchen wir. Und ich bin sehr froh, dass da jetzt Bewegung reinkommt, weil bisher die Sozialdemokratie sich dagegen versperrt hat. Es geht darum, die Soldatinnen und Soldaten in Einsatzgebieten zu schützen. Sie können durch die Drohnen, die ja sehr hoch fliegen, vor allen Dingen sehr weit fliegen können, durch die technische Möglichkeit, schnell verlagert werden, auch unterschiedliche Einsatzschwerpunkte wahrnehmen. Und das ist wichtig, weil unsere Soldatinnen und Soldaten sind in Gebieten, wo sie aus der Luft her geschützt werden müssen, und natürlich macht es Sinn, eine Drohne zu bewaffnen, damit im Falle eines Falles auch geschossen werden kann. Das ist nicht schön, das will keiner hören. Das sind aber einsatzgebiete und Waffen haben Munition. Entscheidend ist, dass die Menschen, die diese Drohnen steuern – die sitzen ja woanders -, so ausgebildet sind, dass sie damit umgehen können, und das sind sie. Insofern ist es sehr, sehr wichtig, dass wir das als strategisches Mittel mit einsetzen, weil eins ist wichtig, dass auch für die Gegner von uns die unmittelbare Reaktionsfähigkeit, dass sie wissen, dass wir uns auch wehren können, unsere Soldatinnen und Soldaten auch schützen können, natürlich auch ein Stück Prävention bedeutet.
FDP-Politikerin: Drohnen dienen der Prävention
Heckmann: Das heißt, Sie haben da als FDP keinerlei Bedenken, wenn ich mir das Wortspiel erlauben darf, "Feuer frei" für bewaffnete Drohnen von der FDP aus?
Strack-Zimmermann: Wissen Sie, Herr Heckmann, wenn Menschen im Einsatz sind, das ist nie komisch, und wir alle, gerade bei den Freien Demokraten, machen uns natürlich sehr viele Gedanken darüber, was ist möglich und was nicht. Aber das primäre Ziel ist es, unsere Soldatinnen und Soldaten, die ja in den Einsatz gehen – und das sind gefährliche Einsätze, um am langen Ende auch unseren Frieden in Deutschland, in Europa zu schützen -, am besten auszurüsten. Deswegen geht es darum, letztendlich diese Mittel zu haben, um sie am besten nicht einzusetzen.
Strack-Zimmermann: Deutsche Verfassung schließt gezielte Tötungen aus"
Heckmann: Um sie am besten nicht einzusetzen, aber am Ende werden sie eingesetzt. Das zeigt natürlich auch die Praxis. Die Praxis des US-Militärs und der amerikanischen Geheimdienste zeigt auch - dort werden die Drohnen ja schon lange eingesetzt – eine Strategie der gezielten Tötungen. Wie groß ist denn die Gefahr, dass auch die Bundeswehr Drohnen in Zukunft für gezielte Tötungen einsetzen dürfte über kurz oder lang?
Strack-Zimmermann: Wir haben eine Verfassung, die dieses ausschließt. Das heißt, in Deutschland werden Soldaten so nicht ausgebildet. Ich nehme an, Sie spielen darauf an, dass die Amerikaner auf irakischem Staatsgebiet eine Drohne eingesetzt haben, um einen General zu töten.
"Wir entscheiden, was ist möglich, und was ist nicht möglich"
Heckmann: Es gab ja zahlreiche Fälle, wo amerikanische Drohnen eingesetzt wurden, wo dann gezielte Tötungen vorgenommen wurden.
Strack-Zimmermann: Dieses war das, was uns jetzt in der Erinnerung am deutlichsten zu Tage trat. Das ist der Bundeswehr nicht erlaubt und wir haben eine Parlamentsarmee. Wir geben die Richtlinien vor. Wir entscheiden, was ist möglich und was ist nicht möglich. Dieses steht nicht auf dem Boden der Verfassung und ist auch völkerrechtlich nicht legitimiert, und deswegen kommt es für die Bundeswehr auch nicht in Frage.
Heckmann: Das heißt, da braucht es auch keine Klarstellung?
Strack-Zimmermann: Sie müssen bei der Ausbildung bei solchen diffizilen Dingen - - Übrigens auch schon an der Waffe, schon an einem Gewehr, an einer Pistole werden Menschen immer ausgebildet darin, dass es letztlich ein Mittel zur Notwehr ist und nicht ein Mittel der eigentlichen Auseinandersetzung. Und, Herr Heckmann, das ist wirklich sehr wichtig. Wir haben diese Drohnen bereits. Diese Drohnen sind im Einsatz. Ich konnte mir selber vor Ort in Afghanistan ein Bild davon machen, wie unglaublich effektiv Drohnen sind, und zwar primär, um aufzuklären, um in einem Radius von tausend Kilometern zu erkunden, was spielt sich auf dem Boden ab. Und gerade diese hoch ausgeprägte Technik sorgt ja dafür, dass man unterscheiden kann, kommen da Soldaten, kommen da Frauen und Kinder, sondern sehr präzise sieht, was passiert eigentlich auf dem Boden, und genau das zu verhindern, was vor zehn Jahren verhindert werden hätte können. Insofern – ich spreche vom Karfreitagsgefecht in Afghanistan, wo wir auch …
Heckmann: Das wollte ich gerade sagen. Es gibt ja nun auch Fälle, wo das überhaupt gar nicht so klar gewesen ist und dadurch zahlreiche Zivilisten ums Leben gekommen sind.
Strack-Zimmermann: Genau deswegen ist diese Drohne so von Bedeutung, weil sie aufgrund des technischen Standards genau runterschauen kann und differenzieren kann, was spielt sich auf dem Boden ab. Ich habe mir wie gesagt das selber vor Ort anschauen können. Es ist unglaublich. Sie können da genau sehen, was passiert, um zu verhindern, dass aufgrund von Verwechslung, aufgrund von Interpretationsspielraum auch falsche Entscheidungen getroffen werden.
"Eine exzellente Möglichkeit, unsere Soldatinnen und Soldaten zu schützen"
Heckmann: Eine echte Wunderwaffe aus Ihrer Sicht?
Strack-Zimmermann: Was heißt hier Wunderwaffe? – Es ist eine exzellente Möglichkeit, unsere Soldatinnen und Soldaten zu schützen. Wir können froh sein, dass wir solche Möglichkeiten haben und eine Drohne zu haben. Und das ist mir auch noch wichtig, das an der Stelle zu sagen, weil die Gegner gerne von Killerdrohne sprechen. Da werden ja so Bilder im Kopf erzeugt nach dem Motto, da ist dann Künstliche Intelligenz, die Drohne macht was sie will. Sondern Sie müssen wissen: Da ist ein Drohnenführer und da sitzt jemand daneben, tausend Kilometer weg von der Drohne, damit auch selbst geschützt, um zu entscheiden, was passiert. Kein Soldat, keine Soldatin wird einfach mal so auf den Knopf drücken. Die Ausbildung ist exzellent und ich glaube, dieses Vertrauen sollten wir haben. Wir sollten uns auch an diesen Kopfspielen nach dem Motto, eine Drohne macht was sie will oder wird eingesetzt wie in einem Computerspiel, nicht beteiligen, weil bei der Bundeswehr so etwas nicht stattfindet.
Heckmann: Das mit der Wunderwaffe war jetzt auch ein bisschen provokant von mir formuliert. Ich will es nicht ins Lächerliche ziehen. Aber es hat ja ernsthafte Hintergründe. – Sie haben die Drohnenführer ja angesprochen. Es gibt aber auch Bedenken, dass die Hemmschwelle zu schießen sinkt, wenn die Piloten, diese Piloten der Drohnen selbst nicht vor Ort sind, dass sie das wie ein Video-Game wahrnehmen. Diese Gefahr sehen Sie nicht?
Strack-Zimmermann: Nein, diese Gefahr sehe ich nicht. Wissen Sie, Video-Game – bei allem Respekt: Die Soldatinnen und Soldaten, die dort ausgebildet werden, die in einem solchen Steuerstand sind, sind hoch ausgebildete Menschen mit hohem Verantwortungsgefühl auch. Und denen zu unterstellen, sie sitzen an einer Konsole Samstagabend mit der Bierflasche in der Hand und spielen Ballerspiele – ich provoziere jetzt auch mal -, finde ich auch den Soldatinnen und Soldaten gegenüber schon ziemlich dreist, so etwas zu sagen.
Heckmann: Nee, nee! Das war jetzt keine Unterstellung, sondern nur eine Frage, ob Sie diese Gefahr sehen, dass dann gewisser Abnutzungseffekt möglicherweise vonstattengeht.
Strack-Zimmermann: Die Frage des Abnutzungseffektes – nicht umsonst sind Soldatinnen und Soldaten immer nur einige Monate vor Ort, kommen dann wieder nachhause, damit sie sich nicht an diesen Zustand gewöhnen, in dem sie ja leben, der nichts mit dem normalen Leben in Deutschland zu tun hat, damit das kein Gewöhnungseffekt ist. Deswegen sind ja Standzeiten relativ kurz. Deswegen ist der Austausch da, dass Soldatinnen und Soldaten wieder nachhause kommen beziehungsweise dort hingeschickt werden, und natürlich alles aufgearbeitet werden muss, was man dort erlebt. Denn das sind Situationen, Herr Heckmann, die können wir uns nicht vorstellen. Wir leben hier in Freiheit, in Sicherheit, und was unsere Soldatinnen und Soldaten erleben müssen, sei es in Afghanistan, im Irak, sei es in Mali, da fehlen uns oft die Worte. Wenn man vor Ort ist, kann man das erst ermessen, was dort ist. Ich kann nur sagen, die Freien Demokraten werden alles unterstützen, damit die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sicher sind, vor Ort ihre Arbeit machen können und gesund wieder nachhause kommen.
"Ein verpflichtendes Jahr wird es mit uns nicht geben"
Heckmann: Frau Strack-Zimmermann, lassen Sie mich noch ein zweites Thema kurz anschneiden: den Vorschlag von Annegret Kramp-Karrenbauer, einen neuen Freiwilligendienst einzuführen, das sogenannte Deutschlandjahr. Da sollen junge Männer und Frauen ein halbes Jahr lang militärisch grundausgebildet werden und dann sechs Monate in der Heimat zu Reservediensten herangezogen werden. Das soll in der Bundeswehr stattfinden, aber auch in der Pflege, der Umwelthilfe und der Feuerwehr. Die FDP – das haben Sie klargemacht – ist strikt dagegen. Weshalb?
Strack-Zimmermann: Ja! Wir sind deswegen strikt dagegen: Erst mal, Frau Kramp-Karrenbauer nutzt ja die Diskussion, die von der neuen Wehrbeauftragten, Frau Högl, losgebrochen wurde, über eine Dienstpflicht wieder zu sprechen, und sie nutzt jetzt dieses Thema, um dieses sogenannte Deutschlandjahr ins Leben zu rufen. Es ist heute jedem jungen Menschen unbenommen, sowohl zur Bundeswehr zu gehen, auch nur für ein Jahr, oder auch einen Freiwilligendienst in einem sozialen Spektrum zu machen, in der Pflege, in einer Klinik, was Sie gerade aufgeführt haben. Das ist heute möglich und jeder, der das macht, kann ich nur sagen, Chapeau, wer diese Zeit nach der Schule nutzt. Aber ein verpflichtendes Jahr wird es mit uns nicht geben. Erstens ist es verfassungswidrig. Wir müssten unser Grundgesetz ändern, denn Sie können nicht einfach einen Mann und eine Frau dienstverpflichten. Das lässt unser Grundgesetz nicht zu.
"Von der Freiwilligkeit und dann zur Diskussion des Verpflichtenden ist es nicht weit"
Heckmann: Aber das hat ja die Verteidigungsministerin auch offengelassen, ob es freiwillig sein soll oder verpflichtend.
Strack-Zimmermann: Ich sage Ihnen, die Tür ist aufgestoßen. Von der Freiwilligkeit und dann zur Diskussion des Verpflichtenden ist es nicht weit, weil Frau Kramp-Karrenbauer, bevor sie Ministerin wurde, als CDU-Vorsitzende vor zwei Jahren ja das Pflichtjahr bereits ins Spiel gebracht hat, genauso wie den Flugzeugträger, den sie wollte für Deutschland. Der Flugzeugträger, um im Bild zu bleiben, konnte Gott sei Dank versenkt werden. Und diese Pflicht, dass junge Menschen nach der Schule sich sozial engagieren, die lehnen wir ab.
Die Diskussion, wie weit sich Menschen einbringen für das soziale Gefüge in Deutschland, die kann man immer führen. Die kann man führen in der Schule, die kann man führen im Elternhaus. Aber ich kann nur sagen: Für uns ist es von hoher Relevanz, dass junge Männer und Frauen selbst entscheiden, was sie in ihrem Leben machen, und zu nichts verpflichtet werden. Und ein Deutschlandjahr, was ja erst mal sehr sympathisch klingt – ich höre schon die Worte: das schadet keinem -, ist das Vorspiel zu einer Verpflichtung, und das wird es mit uns Freien Demokraten nicht geben.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.