Februar 2012: Mythos Moor

Im Februar 2012 ist »lyrix« zu Gast im Archäologischen Landesmuseum in Schleswig. Als Inspirationsquelle dient euch in diesem Monat keine Kunst, sondern ein ganz besonderes Museumsobjekt: Die Moorleiche von Windeby! Dazu gibt es wohl kein passenderes Gedicht als "Der Knabe im Moor" von Annette von Droste-Hülshoff.

    In der Literatur wird das Moor oft als ein gefährlicher, finsterer Ort dargestellt. Es ranken sich viele Mythen um das Moor, unzählige Geschichten über Moorgeister und andere dunkle Phänomene des Moores werden sich seit Jahrhunderten erzählt. Aber woran könnte das liegen? Wer einmal im Moor gewesen ist, kennt vielleicht auch eine ganz andere Seite: unberührte Natur, friedliche Stille und die Faszination eines einzigartigen Lebensraums. Der Mensch und das Moor – sie haben eine lange gemeinsame Geschichte. Menschen nutzen das Moor seit Urzeiten, aber genau so lange fürchten sie sich auch vor ihm.
    Wahrscheinlich kennen viele von euch das Gedicht "Der Knabe im Moor" aus dem Unterricht. Annette von Droste-Hülshoff gelingt es mit ihrer Erzählung vom Jungen, den sein Heimweg durch ein düsteres Moor führt, eine unheimliche und Unheil versprechende Atmosphäre zu schaffen. Das Moor wird als ein finsterer, "schauriger" Ort dargestellt. Der Junge hat Angst, beobachtet aber aufmerksam das Geschehen im Moor und nimmt es mit allen Sinnen wahr: "es zischt und singt", es "knistert", unter seinen Füßen "brodelt es auf", die "Dünste drehn sich wie Phantome". Die Dichterin kreiert Bilder und Stimmungen – nicht nur die Fantasie des Knaben, der unheimliche Figuren sieht, auch die des Lesers wird angeregt und er fühlt sich in die Situation hineinversetzt.
    Die Moorleiche, das sogenannte Kind von Windeby ist die international bekannteste und bedeutendste Moorleiche. Sie wurde 1952 entdeckt und ist wohl mehr als 1800 Jahre alt, stammt also aus der Eisenzeit. Bei der Moorleiche, die lange Zeit irrtümlich als Mädchen von Windeby geführt wurde, handelt es sich nach neuesten DNS-Analysen um einen 15- bis 16-jährigen Jungen, der Hunger zu erleiden hatte und vermutlich an einer schweren Zahnerkrankung gestorben ist. Mehr als 60 Leichenfunde hat man in den Mooren Schleswig-Holsteins gemacht. Die Moore wurden früher oft als Grab- und Bestattungsorte genutzt. Moorleichenfunde verraten viel über die Kulturen aus der Eisenzeit.
    Gemeinsam mit euch und dem Archäologischen Landesmuseum Schleswig möchten wir im Februar dem Mythos Moor sprichwörtlich auf den Grund gehen. Schickt uns eure Gedichte zum Moor, seinen Mythen und Geheimnissen, zu seinen freundlichen und dunklen Seiten. Schreibt uns eure Eindrücke und Assoziationen, die euch zum Thema Moor einfallen. Welche Unterschiede in der Bedeutung der Moore für den Menschen zeigen sich zwischen früher und heute? Warum finden wir in unserem heutigen Sprachgebrauch Wörter wie "versumpfen"? Wart ihr selbst schon einmal im Moor? Was ist das für ein Ort?
    Wir freuen uns auf nicht nur schaurige Gedichte, sondern hoffen, in euren Texten viele Facetten des Moores wiederfinden zu können…

    Achtung - 2012 ändert sich der Wettbewerbsrhythmus!
    Für alle, die lyrix schon kennen: Dieses Jahr wechseln die Leitmotive wieder jeden Monat – im März gibt es ein neues Thema. Bis Ende Februar freuen wir uns aber auf eure Gedichte zum Leitmotiv "Mythos Moor".
    Einsendeschluss: 29.02.2012

    Hier findet ihr die lyrix-Regeln zum Nachlesen.
    Für den Versand eures Gedichts findet ihr hier eine E-Mail-Vorlage.

    Die Moorleiche
    Das Kind von Windeby, eine Moorleiche aus dem 1. Jahrhundert. Lange Zeit irrtümlich als Mädchen von Windeby geführt, handelt es sich nach neuesten DNS-Analysen um einen 15- bis 16-jährigen Jungen.
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor








    Der Knabe im Moor - Das Video
    Dieses Video entstand im Rahmen der Studioproduktion Computeranimation im Sommersemester 2008 an der Hochschule der Medien Stuttgart. Lasst euch von der Stimmung und dem gesprochenen Gedichttext inspirieren.

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    Mehr von den Machern des Videos und für Lehrer weitere didaktische Materialien unter http://www.lux-dvd.de/


    Der Knabe im Moor
    von Annette von Droste-Hülshoff

    Oh schaurig ists übers Moor zu gehn,
    Wenn es wimmelt vom Heiderauche,
    Sich wie Phantome die Dünste drehn
    Und die Ranke häkelt am Strauche,
    Unter jedem Tritte ein Quellchen springt,
    Wenn aus der Spalte es zischt und singt,
    O schaurig ists übers Moor zu gehn,
    Wenn das Röhricht knistert im Hauche!

    Fest hält die Fibel das zitternde Kind
    Und rennt, als ob mann es jage;
    Hohl über die Fläche sauset der Wind -
    Was raschelt drüben am Hage?
    Das ist der gespenstische Gräberknecht,
    Der dem Meister die besten Torfe verzecht;
    Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind!
    Hinducket das Knäblein zage.

    Vom Ufer starret Gestumpf hervor,
    Unheimlich nicket die Föhre,
    Der Knabe rennt, gespannt das Ohr,
    Durch Riesenhalme wie Speere;
    Und wie es rieselt und knittert darin!
    Das ist die unselige Spinnerin,
    Das ist die gebannte Spinnlenor´,
    Die den Haspel dreht im Geröhre!

    Voran, voran! nur immer im Lauf,
    Voran, als woll es ihn holen!
    Vor seinem Fuße brodelt es auf,
    Es pfeift ihm unter den Sohlen
    Wie eine gespenstische Melodei;
    Das ist der Geigemann ungetreu,
    Das ist der diebische Fiedler Kanuf,
    Der den Hochzeitheller gestohlen!

    Da birst das Moor, ein Seufzer geht
    Hervor aus der klaffenden Höhle;
    Weh, weh, da ruft die verdammte Margret:
    "Ho, ho, meine arme Seele!"
    Der Knabe springt wie ein wundes Reh;
    Wär nicht Schutzengel in seiner Näh,
    Seine bleichenden Knöchelchen fände spät
    Ein Gräber im Moorgeschwele.

    Da mählich gründet der Boden sich,
    Und drüben, neben der Weide,
    Die Lampe flimmert so heimatlich,
    Der Knabe steht an der Scheide.
    Tief atmet er auf, zum Moor zurück
    Noch immer wirft er den scheuen Blick:
    Ja, im Geröhre wars fürchterlich,
    O schaurig wars in der Heide!


    Das Archäologische Landesmuseum Schleswig
    Das Archäologische Landesmuseum ist seit 175 Jahren das archäologische Schaufenster Norddeutschlands. Seine Anfänge gehen zurück in das Jahr 1836, als sich in Kiel der Vorstand der "Schleswig-Holstein-lauenburgischen Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländischer Altertümer" konstituierte, zu der auch eine Schausammlung gehörte. Heute befindet sich das Museum auf der Schleswiger Schlossinsel und gehört zu den größten archäologischen Museen Deutschlands. Neben den Menschen aus den Mooren sind ein einzigartiges Schiff aus der Zeit der Germanen oder Funde aus Jahrtausende alten Gräbern die Hauptanziehungspunkte des Museums.

    Die begleitenden Unterrichtsmaterialien für den Deutschunterricht stehen hier als PDF zur Verfügung:

    lyrix-Februar2012-PDF-Deutschunterricht