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Chaos im Fecht-Sport
Wie der Fecht-Weltverband Russland die Olympia-Quali ermöglichen will

Die IOC-Empfehlungen, russische und belarussische Sportler im Weltsport wieder zuzulassen, hat im Fechtsport Chaos im Wettkampfkalender ausgelöst. Damit sich Athleten aus Russland und Belarus für die Spiele in Paris qualifizieren können, soll die EM geteilt werden.

Fechterin Léa Krüger im Gespräch mit Astrid Rawohl |
1. Demaskiert Liga im Fechten, 27.11.2020 Larissa Eifler gegen Lea Krüger 1. Demaskiert Liga im Fechten, 27.11.2020 *** 1 Demasked league in fencing, 27 11 2020 Larissa Eifler against Lea Krüger 1 Demasked league in fencing, 27 11 2020 Copyright: xBEAUTIFULxSPORTS/KennyxBeelex
Fechterin Lea Krüger hofft auf ein Einsehen des IOCs. (imago images / Beautiful Sports / BEAUTIFUL SPORTS / Kenny Beele via www.imago-images.de)
Ende Juni findet in Polen die EM im Fechten statt, eigentlich die Möglichkeit für Athleten und Athletinnen, sich für die Olympischen 2024 in Paris zu qualifizieren, im Einzelwettkampf und als Team. Die Empfehlungen des IOC, russische und belarussische Athleten und Athletinnen wieder im Weltsport zuzulassen, hat nur aber zu einer Neuplanung des Wettkampfkalenders geführt.
„Ich finde, dass wir überhaupt in die Situation gekommen sind, dass unser Weltverband versucht, diese Empfehlungen des IOC anzunehmen, das ist wirklich diesen Empfehlungen zu verdanken, die halt einfach ein komplettes Chaos ausgelöst haben“, kritisiert Léa Krüger im Interview.
Zu den Empfehlungen des IOC gehört, dass Russen und Belarussen nur einzeln, aber nicht im Team im Weltsport antreten dürfen.
„Und der Fecht-Weltverband sagt: Okay, wir nehmen diese Empfehlungen an und wollen das umsetzen. Und das führt jetzt aber zu einer sehr krassen Intransparenz, weil eigentlich überhaupt nicht klar ist, wie diese Kriterien umgesetzt werden können.“

Teilung der Qualifikationswettkämpfe

Bei der EM in Polen sollen nur die Teamleistungen für die Olympischen Spiele entscheidend sein. Sportler aus Russland und Belarus dürfen dort nicht antreten, da sich der europäische Fechtverband gegen deren Teilnahme ausgesprochen hat.

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Im Anschluss soll es wohl noch eine extra EM geben, bei der dann die Qualifikation der Einzelleistungen stattfindet. Dort dürfen dann Athleten und Athletinnen aus Russland und Belarus antreten. Diese zweite EM soll wahrscheinlich im Oktober und wahrscheinlich in Budapest stattfinden.
„Das ist Teil des ganzen Chaos: Es ist alles Hören-Sagen und Gerüchte,“ beschreibt Krüger die unklare Informationslage. Auch in anderen Weltverbänden könne man ähnliche Zustände beobachten, wenn versucht wird, die IOC-Empfehlungen umzusetzen.
Léa Krüger stört vor allem die Unsicherheit: „Die fehlende Kommunikation, die Intransparenz vor allem auch uns Athlet*innen gegenüber, aber auch den Verbänden gegenüber. Man kann mit nichts planen gerade, es fehlt einfach komplett die Unterstützung der Verbände und des Weltverbands, um uns alle Athlet*innen zu schützen.“

Verkürzte Saisonpause und Planungsunsicherheit

Eine zweite EM im Herbst verkürzt die Saisonpause der Athleten, also auch deren Regenerationszeit.
„Diese Sommerpause ist gerade in einer Olympia-Qualifikation in der Vorbereitung auf olympische Spiele extrem wichtig“, erklärt Lea Krüger und verweist auf ein weiteres Problem: die Haushalte der Verbände, die die Mittel für eine weitere EM generieren müssen. Und auch psychisch beschäftigt das Chaos die Sportler*innen:
„Eigentlich sollten wir doch gerade auf der Bahn stehen und nur ans Fechten denken, nur an den Sport, den wir gerade machen wollen und uns nicht auch noch damit beschäftigen, was sportpolitisch um uns rum gerade alles passiert.“
Krüger hofft, dass das IOC sieht, was es für ein Chaos angerichtet hat und die Verwirrungen und Schwierigkeiten in seine Entscheidungen bezüglich der Olympischen Spiele einbezieht:
„Und vielleicht auch merken, dass es so, wie sie es bis jetzt machen und handhaben, einfach nicht möglich ist.“
Léa Krüger kann sich auch vorstellen, dass das IOC auf Zeit spielt und erstmal beobachten will, wie auf die herausgegebenen Kriterien und Empfehlungen reagiert und damit umgegangen wird. Sie hofft, dass noch mal überarbeitete klare Kriterien gesetzt werden oder:
„dass sie sagen, unter diesen Szenen ist die Wiederaufnahme der russischen Athlet*innen in den Weltsport nicht möglich. Ich hoffe auch, dass sie das nicht nur auf Mehrheitsentscheidungen fußen, sondern da auch die Rechte der unterschiedlichen Athleten abwägen.“