Als Reaktion auf die hohe Inflation in den Vereinigten Staaten hat die US-Notenbank Federal Reserve den Leitzins so stark angehoben wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell beschlossen eine Erhöhung um einen halben Prozentpunkt. Dieser Schritt ist von den Märkten weitgehend erwartet worden.
Wenn die Zinsen steigen, werden Kredite und Investitionen teurer, während sich Sparen und Geldanlegen wieder stärker lohnt. Dadurch wird weniger Geld ausgegeben und weniger konsumiert, das drückt die Preise und die Inflation sinkt - allerdings auch das Wirtschaftswachstum.
Wie ist diese Zinsentscheidung zu bewerten?
Es ist der größte Zinssprung seit mehr als zwei Jahrzehnten in den USA. Gleich 50 Basispunkte, das ist sehr ungewöhnlich. Normalerweise wird, wenn, dann um 25 Punkte erhöht. Der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, begründete diesen Schritt damit, dass die Inflation viel zu hoch sei. Die Teuerung in den USA lag zuletzt bei 8,5 Prozent, so hoch seit mehr als 40 Jahren nicht mehr.
Zwei Punkte sind über die reine Zinsentscheidung hinaus wichtig: Powell signalisierte weitere Zinserhöhungen um jeweils 0,5 Prozentpunkte. Und die Notenbank beginnt im Juni mit dem Abbau ihrer auf gigantische 9 Billionen Dollar aufgeblähten Bilanzsumme.
Die US-Notenbank bewegt sich mit ihrer Entscheidung auf einer Gratwanderung: Sie muss die Inflation bekämpfen, aber darf die Konjunktur nicht abwürgen. Beides gehört zu ihren Aufgaben - anders als in Europa, wo die Europäische Zentralbank nur das eine vorgegebene Ziel hat, die Preisstabilität zu wahren. Notenbankchef Powell gab zu, dass die US-Bürger durch höhere Hypotheken- und Kreditzinsen belastet würden. Das sei nicht angenehm, aber am Ende besser, weil insbesondere Beschäftigte mit festem Einkommen und am unteren Ende der Einkommensverteilung mit stabilen Preise besser gestellt würden.
Wie sind wir in Europa von diesem Zinsschritt in den USA betroffen?
Die sehr zögerliche Europäische Zentralbank gerät unter Druck, ebenfalls die Zinsen zu erhöhen. Als ein möglicher Zeitpunkt gilt die Zinssitzung der EZB im Juli. Die Erwartung steigender Zinsen mit der Lokomotive USA wirkt sich auch schon faktisch hier bei uns in Deutschland aus. Am 3. Mai knackte die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe erstmals seit dem Jahr 2015 wieder die Ein-Prozent-Marke. Mit dieser Anleihe leihen Käufer dem Bund Geld. Die Rendite dieser Anleihe war lange Zeit negativ. Das heißt, der Bund verdiente Geld, wenn er Schulden machte.
Das ist jetzt vorbei. Die Zinsen steigen - und der Bund muss wieder eine ordentliche Rendite hinblättern, wenn er Schulden machen will. Das ist für die Projekte der Bundesregierung – etwa für das 100 Milliarden-Bundeswehr-Sondervermögen oder die Investitionen in die Energiewende – keine gute Nachricht.
Welche Auswirkung hat diese Zinsentwicklung für die Verbraucher in Deutschland?
Diejenigen, die Geld haben, profitieren. Sie erhalten wieder Zinsen für ihre Anlagen. Nicht profitieren werden jene, die kein Geld haben, die zum Beispiel Kredite aufnehmen oder abzahlen müssen. Das betrifft Staat, Unternehmen, aber eben auch Verbraucher.
Merken werden dies alle, die jetzt noch ein Haus bauen wollen oder eine Wohnung erwerben: Die Bauzinsen steigen jetzt schon massiv. Ende 2021 lag der Zins für zehnjährige Hypothekendarlehen bei unter einem Prozent, jetzt schon bei fast zweieinhalb Prozent. Tendenz steigend. Viele wollen sich jetzt noch schnell günstige Zinsen sichern: Bei Krediten und Anschlussfinanzierungen mit langen Zinsbindungen dürfte die Nachfrage steigen.