"Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nun kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des 'yeah, yeah' und wie das alles heißt sollte man doch Schluss machen."
Hubertus Knabe: "Das war ein klares Statement von Walter Ulbricht."
Der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Dr. Hubertus Knabe.
"Und Sie können daran erkennen, dass in der DDR der Hass auf den westlichen Klassenfeind stark ausgeprägt war."
Etwa 70 Menschen waren gekommen in die Gedenkstätte, einst zentrale Untersuchungshaftanstalt der Stasi, um zu debattieren über den Hass auf den Westen.
Westliche Demokratie hatte schon viele Feinde
"Die westliche Moderne begreift sich als Gesellschaft, als sozial unterschiedlich zusammengesetzte Gesellschaft mit unterschiedlichen Interessen, die sich austragen müssen, austragen können. Der Pluralismus und die freiheitliche Dimension sind von Beginn an da."
Erklärt der Historiker Klaus Schroeder, Leiter des Forschungsverbands SED-Staat an der Freien Universität Berlin.
"Der Gegenentwurf ist die Gemeinschaft; das ist die Klassengemeinschaft oder die Volksgemeinschaft, wo es nur einen einheitlichen Willen gibt, keinen Pluralismus."
"Westliche Werte und Freiheiten hassen nicht nur die IS-Kämpfer und andere Islamisten. Sie bekämpften auch schon die roten Garden in der Kulturrevolution in China, die Roten Khmer in Kambodscha und das MfS in der DDR."
Westliche Lebensweise wird als destruktiv verdammt
Rita Schorpp von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung:
"Die Dekadenz des Westens, seine tiefe moralische Krise und seinen bevorstehenden Untergang, auch Wladimir Putin, ebenso wie Hitler, Stalin und zahllose andere Feinde der Freiheit."
Rita Schorpp beschrieb, was rechte wie linke Feinde des Westens eint: "Beide verdammen die moderne westliche Lebensweise als destruktiv, als sinn- und wertlos; beide hassen den Materialismus und die Konsumorientierung; beide begründen ihre Ablehnung mit der Politik des Westens im Nahen Osten und mit ihrer grundlegenden Abscheu gegenüber der westlichen Dekadenz."
Putins Kinder waren in den Niederlanden und in Bayern
"Das Verrückte an dieser anti-westlichen Ideologie ist, dass in Wirklichkeit diese Elite ausgesprochen westlich orientiert ist."
Zumindest in Russland, wo Boris Reitschuster 16 Jahre als Korrespondent gearbeitet hat, vor allem für den "Focus".
"Wo waren Putins Kinder bis vor Kurzem? In den Niederlanden und in München. Wo war die Tochter von Außenminister Lawrow, einem der größten Vertreter dieser anti-westlichen Stimmung? Sie war in den USA, sprach schlecht Russisch. Sie sind völlig auf den Westen ausgerichtet; sie haben ihr Geld in der Schweiz, ihre Villen an der Côte d'Azur in Frankreich. Mit dieser anti-westlichen Propaganda sichern sie ihre Macht - und das ist ein ganz großer Unterschied zu Stalin und den früheren sowjetischen Systemen und zur DDR-Führung. Die war nie in ihrer Lebensweise auf den Westen ausgerichtet."
Der Hass auf den Westen in Russland speise sich aus einem Minderwertigkeitskomplex, aus der Kränkung, vom Westen nicht auf Augenhöhe akzeptiert zu werden. Dieser Hass sei destruktiv.
Linke unterstützen Putin trotzdem
"Dieses jetzige System hat einen völligen Werte-Nihilismus. Die sagen gar nicht, wir wollen was Gutes. Die sagen nur, alle sind böse. Es gibt gar keine Menschenrechte; es gibt gar keine Demokratie; es gibt keinen Rechtsstaat. Das ist Wladimir Putins Absicht. Der will uns nicht überzeugen, dass seine Ideologie die bessere ist. Der will unseren Glauben in die westlichen Werte erschüttern."
Warum aber unterstützen weite Teile der linken Szene in Deutschland dennoch Wladimir Putin? "Ideologisch gesehen ist das ein ziemlicher Fauxpas. Denn wir haben es ja hier nicht mehr wie vor 1989 mit der Unterstützung eines sozialistischen Systems zu tun, sondern das Putin-System widerstrebt allen angeblichen Werten linksradikaler Politik."
Sagt der Politologe Rudolf van Hüllen, einst Referatsleiter in den Abteilungen Linksextremismus und Linksterrorismus beim Bundesamt für Verfassungsschutz.
"Die Hass-Erziehung wirkt weiter"
"Es unterdrückt Meinungsfreiheit, es ist antisemitisch, es ist hochgradig militarisierend, und seinem Chef gönnt es eine ausgesprochen sexistisch-martialische Selbstdarstellung. Genau genommen würde man einem solchen Konstrukt als anständiger Linker mit einer Faschismus-Analyse zu Leibe rücken müssen, aber nicht mit Bargeld als Spende."
Diese Ablehnung westlicher Werte in Deutschland, vor allem in Ostdeutschland, habe eine geschichtlich-psychologische Ursache, erklärt der DDR-Forscher Klaus Schroeder: die Erziehung zum Hass auf den Westen vor dem Mauerfall.
"Diese Hass-Erziehung, die das Feindbild Westen, sprich Bundesrepublik, implizierte, wirkt bis heute in mehr oder weniger offener Form doch weiter, und sie ist auch politisch unabhängig. Wir finden sie sowohl auf der Seite der Linkspopulisten und Linksextremisten, als auch auf der rechten Seite. Im Osten deutlich stärker als im Westen."
Anti-westlicher Islamismus kommt mit den Migranten
Der Politologe Bassam Tibi, in Syrien geboren und nach eigenen Angaben gläubiger Muslim, sieht die Feinde des Westens nicht nur links und rechts:
"Der Islamismus ist radikal anti-westlich."
Tibi trennt zwischen einem Islam als Religion, der mit Politik nichts zu tun habe, einem schriftgläubigen Islam, der mit dem Grundgesetz schon nicht mehr vereinbar sei und dem Islamismus, der auf sechs Säulen ruhe. Zentral sei, dass der Islamismus sich als Staatsordnung verstehe, die Demokratie ablehne und alles verbiete, was nicht dem Islamismus entspreche.
"Und das Schlimme ist, diese antiwestliche Ideologie des Islamismus kommt mit den Migranten und den Flüchtlingen nach Deutschland, und niemand erlaubt, darüber zu reden, aber man muss darüber reden."
Hier hat niemand widersprochen oder die Diskussion aufgenommen, und so zeigte sich auch bei Tibi die größte Schwäche der Veranstaltung: Das Panel war zu homogen besetzt: kein Linker, der sich wehren konnte, kein Muslim, der Tibi etwas entgegensetzen konnte.