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Fernerkundung per Geodaten

Biologie.- Eine Forscherin der Universität Wien hat ein Modell entwickelt, mit dem einzelne Auen der Donau neu charakterisiert werden können – teilweise per Ferndiagnose.

Von Stefan Geier |
    Die Donauauen bei Wien, eine der größten intakten und zusammenhängenden Auenlandschaften Europas. Iris Wagner ist fasziniert von dieser Natur, in der sich Überschwemmungen und niedrige Wasserstände abwechseln. Die Biologin von der Universität Wien ist deshalb auf der Suche nach einer neuen Methode, diese komplexe Welt umfassend zu beschreiben.

    "Die Idee war, Auenlandschaften, im Speziellen für den Nationalpark Donauauen mit neuen Methoden der Fernerkundung zu klassifizieren."

    Fernerkundung, das heißt, sie will vor allem Daten nutzen, die bereits vorhanden sind. Ein großer Vorteil ihrer Idee. Solche Daten stammen zum Beispiel aus exakten Karten, Satellitenbildern und Infrarot-Scannerdaten. Das Problem all dieser Informationen: sie zeigen zwar ein detailliertes Bild unserer Welt von oben, zum Beispiel eine Flusslandschaft oder einen Wald wie an den Donauauen. Wie genau der Wald zusammengesetzt ist, sprich, welche unterschiedlichen Objekte sich auf dem Bild aus der Vogelperspektive befinden, diese Informationen stecken nicht in den Fernerkundungsdaten. Für die genaue Kenntnis der Zusammensetzung der Auenlandschaften ist es aber wichtig zu unterscheiden, ob ein Wald aus Pappeln, Eichen oder Ulmen besteht. Deshalb versucht Iris Wagner in ihrem Forschungsprojekt, die Natur objektbasiert zu beschreiben:

    "Weil der klassische Ansatz in der Fernerkundung ist ja, dass man mit Pixeln arbeitet, also mit den kleinsten Bildinformationen. Und durch den objektbasierten Ansatz hat man viel mehr Möglichkeiten, die Klassifikation zu verbessern. Also man kann sich das vorstellen wie einen großen Baukasten, mit dem man die Objekte klassifizieren kann."

    Dieser Baukasten muss aber erst einmal erstellt werden. Deshalb macht sich Iris Wagner auf ins Freigelände. Einen Sommer lang, von April bis September, zeichnet sie an ausgesuchten Standorten akribisch auf, welche Pflanzen dort wachsen. Jede Pflanze, Bäume oder Gräser zum Beispiel, ist für sie dabei ein Objekt, das wiederum Teil des Baukastens wird.

    "Die Objekte haben jede Menge Eigenschaften und die kann man klassifizieren und ihnen dann sagen zum Beispiel: Du bist jetzt ein Teil von einer ’harten Au’."

    Eine harte Au ist ein Wald, der vorwiegend aus Hartholzbäumen wie Eiche, Esche oder Ulme besteht. Die Informationen aus dem Freiland werden dann mit den Daten aus der Fernerkundung kombiniert. Das kann man sich vorstellen wie ein sehr gut aufgelöstes Digitalphoto, nur dass hier die Pixel nicht nur Bildinformationen enthalten, sondern eben auch noch Informationen über die Objekte in sich tragen, die in diesen Pixeln zu sehen sind.

    "Und so bekommt man relativ schnell eine Verteilung der verschiedenen Vegetationsstrukturen, die vorhanden sind in einem Gebiet."

    Mit diesem neuen Kombinationsmodell hat Iris Wagner einen großen Teil der Donauauen neu charakterisiert. Und damit die Grundlage geschaffen für eine langfristige Untersuchung.

    "Wie es in der nächsten Phase geplant ist, kann ich jetzt hergehen und das alle paar Jahre machen und dann, wenn ich immer eine flächendeckende Klassifikation von den Auenlandschaften habe, dann kann ich wirklich vergleichen und sagen, okay, dadurch, dass wir jetzt den Uferrückbau gemacht haben, hat sich die Donau so und so viel Freiraum geschaffen und an einer anderen Stelle sind so und so viele Pionier-Standorte dazu gekommen."

    Die objektbasierte Charakterisierung eines wichtigen Lebensraums wie den Auenwäldern wird im nächsten Schritt des Projekts auch um andere Bereiche erweitert.

    "Für die Ökologie geht es um Gewässerdynamik, um Fische um Insekten also wirklich um alles und das wird umfassend untersucht von verschiedenen Abteilungen also das ist ein großes Projekt."

    Die Kombination von Freiland-Daten und den geologischen Fernerkundungsdaten ermöglicht einen neuen, umfassenderen Blick auf die Natur. Wenn es mit diesem Modell gelingt, auch schwerer zugängliche Landschaften wie zum Beispiel das Donaudelta am schwarzen Meer in freier Natur zu erfassen, wäre es ein großer Schritt, um die Dynamik komplexer Ökosysteme besser zu verstehen.