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Fernrohr für Schall

Technik. - Manche Dialoge auf dem Spielfeld lassen sich nur aus den Konsequenzen erahnen, etwa im Fall Zidane versus Materazzi. Das könnte sich aber bald ändern, denn eine neue Technik fängt auch auf große Distanz und unter lauten Nebengeräuschen punktgenau Klänge auf.

Von Gerd Pasch |
    Ein Fußballstadion irgendwo im Bundesliga-Land, 30 000 Zuschauer auf den Rängen, hektischer Wortwechsel auf der Trainerbank kurz vor dem Anpfiff. Der Reporter steht auf dem Platz, das Besondere: er hat kein Mikrofon in der Hand:

    "Auf der grünen Wiese stehend, das Supermikrofon über mir, es ist genau auf mich fixiert, der Ton ist genau so zu hören ..."

    ...über das Supermikrofon, eine ebenen Scheibe von einem Meter Durchmesser, bestückt mit rund 300 Mikrofonkapseln. Dieses Projekt haben vor sechs Jahren norwegische Studenten angefangen und inzwischen mit einem Unternehmen zur Einsatzreife entwickelt.

    "Es ist ein neues Supermikrofon, mit dem man Spieler auf dem Fußballplatz sprechen hören kann."

    Erklärt Thor Talhaug von der Firma SquareHead Technology aus Oslo. Sie demonstriert das Mikrofon mit Zoom-Funktion auf der Amsterdamer Medienmesser IBC. Als Produkt wird das Supermikrofon inzwischen bei Live-Übertragungen von Sportereignissen eingesetzt. Im Fußballstadion müssen zwei solcher Mikroscheiben aufgebaut werden, zum Beispiel über den Toren. Dann benötigt der Tontechniker auf dem Fernseh-Ü-Wagen ein optisches Kontrollfeld, auf dem er die Schallereignisse erkennen kann, zum Beispiel den Fanblock oder die Trainerbank. Mit einem Joystick markiert er auf dem Kontrollmonitor den Ort der aufzunehmenden Schallquelle. Er richtet so wie mit einer Zoom-Optik sein Mikrofon genau auf das Schallereignis, das er zum Fernsehbild benötigt. Die übrigen Geräusche auf dem Feld sind stark unterdrückt. Wie es funktioniert, weiß Morgan Kölerbakken, einer der Entwickler:

    "Es basiert auf der Technik des Echolots. Die Laufzeitunterschiede zwischen den Schallsignalen werden berechnet und über ein optisches Kontrollfeld bestimmt der Techniker zurzeit noch manuell das Zentrum des aufzunehmenden Geräuschs. In Zukunft denken wir auch daran, die Signale der Zoomlinse einer Kamera automatisch damit zu koppeln."

    Das Supermikrofon spart den Aufbau vieler Mikrofone für die Fußball-Übertragung. Blickt die Kamera in den Fanblock der gegnerischen Mannschaft, werden nur diese Unterstützerrufe zum Bild gemixt. Schaut die Kamera auf die Trainerbank, nimmt das Supermikrofon exakt die Rufe des Trainers auf, egal wie laut die Zuschauer sind. Die normale Mikrofontechnik kommt da nicht mit. Nachteil bei dem neuen Supermikrofon ist die Begrenzung auf den Sprechbereich. Für andere Schallquellen tüfteln die Entwickler noch an passenden Lösungen. Und zurzeit muss noch der Tontechniker per Hand und Joystick die Schallquelle verfolgen. Bei einem Autorennen zum Beispiel soll das dann auch automatisch gehen können, sagt der Ingenieur Morgan Kölerbakken.

    " Es ist schwer, einen Fußballspieler zu verfolgen, der redet ja nicht die ganze Zeit. Haben wir aber eine kontinuierliche Schallquelle, lässt die sich schon automatisch verfolgen."