Wenn über die schottische Unabhängigkeit gestritten wird, stehen meistens Wirtschaftsfragen im Vordergrund. Alex Salmond, Regierungschef im halbautonomen schottischen Parlament, ist sich sicher, dass ein unabhängiges Schottland mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern ökonomisch überleben kann. Zum einen setzt er dabei auf die schottischen Öl- und Erdgas-Reserven vor der Küste. Aber nicht allein:
"Manche sagen, Industrie ist Vergangenheit. Ich sage: Sie ist die Zukunft. Die Form ändert sich: Es geht künftig um Medizintechnik oder Erneuerbare Energie. Es geht um spezialisierten Maschinenbau. Aber die Chance ist da."
Sein Kontrahent Alistair Darling sieht das ganz anders. Er warnt davor, die in Jahrhunderten gewachsenen Wirtschaftsbeziehungen zum Rest des Königreichs zu kappen
"Überall in der Welt kann man sehen, dass überall wo eine Grenze existiert, der Handel beeinträchtigt wird. Man hat verschiedene Steuergesetze, verschiedene Regulierungen, solche Hürden müssen nicht sein."
Unter den Jugendlichen ist noch alles offen
Bislang scheinen Darlings Argumente besser anzukommen. Die Zustimmungsrate für seine No-Kampagne, die gegen die Loslösung auftritt, liegt je nach Umfrage bei 45 bis 50 Prozent. Die Yes-Anhänger, die für die Abspaltung sind, liegen bei 35 bis 40 Prozent. Die regierende Scottish National Party, SNP, setzt auch auf junge Schotten, die ab 16 wählen dürfen, zum Beispiel auf Elouise Rhynar aus Glasgow, die sich stärker als Schottin als Britin fühlt und in der BBC sagt, dass sie mit Ja stimmen will:
"Ich persönlich fühle mich in einem unabhängigen Schottland sicherer und besser für die Zukunft gerüstet. Ich möchte lieber eine Stimme unter fünf Millionen sein, als eine unter 65 Millionen."
Damit kann Finley Oldman aus Inverness nichts anfangen. Er will Nein sagen. Das sogenannte White Paper von Alex Salmond, in dem dieser auf über 600 Seiten beschreibt, wie er Schottland wirtschaftlich auf eigene Beine stellen will, hat er in großen Teilen gelesen
"Es klingt toll, das White Paper. Aber ich traue dem nicht, es ist eine Wunschliste für ein unabhängiges Schottland, mit Millionen von Vorbedingungen, die eintreffen müssen."
Gute Argumente gegen launige Bemerkungen
Beide Teenager sind sich nicht sicher, ob sie durch die Fernsehdebatte neue Impulse bekommen werden für ihre Entscheidung.
Das TV-Duell kam erst nach langem Ringen zustande. Alex Salmond hätte sich als Gegner lieber David Cameron gewünscht. Der britische Premierminister ist in Schottland nicht sehr beliebt. Er gilt vielen als zu elitär. Salmond, der hier seit 2007 regiert, hätte gute Angriffsmöglichkeiten gesehen. Gilt er doch als guter Redner. Doch der Tory-Politiker Cameron sagte ab. Stattdessen wirbt mit Alistair Darling ausgerechnet ein Labour-Mann für die britische Einheit. Der 60-Jährige war unter anderem Finanzminister im Kabinett des früheren Premierministers Gordon Brown. Er gilt als sachlich, aber etwas blass.
Er wird es schwer haben gegen Salmond, der im direkten Duell als Favorit in die Debatte geht. Punkten könnte er nicht zuletzt durch launige Bemerkungen
"Die Tatsache, dass zum Beispiel gerade das erste Mal seit Jahrzehnten ein Premierminister die Shetland-Inseln besucht hat, ist doch sehr interessant. Wenn ich mir das Verhalten des Premiers gerade so anschaue, denke ich, wir sollten jedes Jahr ein Referendum abhalten"