Archiv


Fernsehdirektor von Berlusconis Gnaden

Sein Name ist Programm. Fede heißt auf italienisch Treue und Emilio Fede ist Ministerpräsident Silvio Berlusconi seit 1989 treu ergeben. In seiner Fernsehsendung verteidigt der Journalist Berlusconi gegen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft.

Von Kirstin Hausen |
    Damals wechselte der Journalist vom Staatsfernsehen RAI zu Berlusconis Canale Cinque, leitete die neu geschaffene Nachrichtensendung studio aperto und machte sich durch seine einseitige, Berlusconi gegenüber nahezu unterwürfige Berichterstattung einen zweifelhaften Namen unter Journalisten.

    Belohnt wurde Fede in Berlusconis Medien-System mit einem gut bezahlten Direktorengehalt. Doch Fede hat dem Ministerpräsidenten nicht nur mediale Unterstützung gegeben, sondern offenbar noch viel mehr für ihn getan, wie die Ermittlungsakten der Mailänder Staatsanwälte enthüllen.

    Emilio Fede hat sich um die Organisation der Feste in Berlusconis Villa in Arcore gekümmert, und er hat die Partyteilnehmerinnen teilweise ausgewählt. Am 22. August 2010 rief der Fernsehdirektor Lele Mora, offiziell Besitzer einer Modelagentur in Mailand, an. Das Telefonat wurde von den Ermittlern mitgeschnitten und ist ein Beweisstück in den Ermittlungsakten:

    Emilio: "Lele? Hör mal, ich hab heute um halb drei mit ihm gesprochen. Er ist müde, und genervt von dieser Sache mit Bossi. Er hat gesagt, er will ins Stadion gehen und ich soll diese zwei Schönheiten mitbringen, du weißt schon ..."

    Lele: "Ja".

    Emilio: "Aber diese eine, die hat meiner Meinung nach schon zu viel Macht, wir haben ihr schon zu viel gegeben, jetzt erwartet sie wer weiß was."

    Lele: "Verstehe. Na, dann tauschen wir sie eben aus."

    Emilio: "Du hast gut reden. Er kriegt die nicht mehr aus dem Kopf, er ist vollkommen hin und weg."

    Lele:" Verstehe, verstehe."

    Frauen, die nicht so spuren, wie Emilio Fede es sich vorstellt, werden "einfach ausgetauscht". Diese Formulierung beweist nach Auffassung der Staatsanwälte, dass Emilio Fede und Lele Mora diejenigen waren, die über Teilnahme oder Ausschluss von Mädchen an den Partys in der Villa des Ministerpräsidenten entschieden. Der Umgang mit den Kandidatinnen, die der Fernsehdirektor auch bei Castingshows ansprach, um sie dann nach Arcore einzuladen, wirkt zynisch und berechnend. Doch Emilio Fede achtete, den Ermittlungsakten zufolge, darauf, dass keines der Mädchen, die er seinem Arbeitgeber zuführte, zu viele Privilegien erlangte. Einen Tag nach besagter Party im August ruft er wiederum bei Lele Mora an. Die Staatsanwälte dokumentieren:

    "Emilio: "Pronto!"

    Lele: "Tag, Herr Direktor, wie geht’s?"
    Emilio: "Gut, gut. Gestern ist es spät geworden."

    Lele: "Hauptsache, ihr habt euch gut amüsiert."

    Emilio: "Das haben wir! Und diese Roberta ist Schnee von gestern. Schon als sie mich mit den beiden anderen hat kommen sehen, ist sie blass geworden. Und als er dann nach Hause kam, hat er sie überhaupt keines Blickes mehr gewürdigt, weil er nur noch Augen für diese Zwei hatte."
    Lele: "Diese Mädchen bilden sich immer gleich wer weiß was ein."

    Emilio: "Madonna mia, ja. Aber diesmal hat er sie nicht mal beim Tanzen angestarrt, so wie er das die letzten Male gemacht hat."

    Lele: "Waren denn viele da, gestern?"

    Emilio: "Zwölf oder vierzehn, aber er war müde, er ist fast schon im Sessel eingeschlafen. Ich konnte ihm nichts von dem sagen, was wir besprochen hatten, es war nicht der richtige Moment."

    Lele: "Na gut, dann ruf ich ihn deswegen an." "

    Es geht bei den Festen in Arcore, das belegen die Ermittlungsakten, um viel Geld. Der Modelagent Lele Mora hat Schulden und – so interpretieren die Staatsanwälte dieses Telefonat – will mehr Geld für seine Kupplerdienste. In Emilio Fede hat er einen Verbündeten gefunden. Doch, und auch das zeigt sich in den Abschriften, auch Emilio Fede ging den Ministerpräsidenten ganz direkt um Geld an.

    Die Ausgaben Berlusconis für die Feste in seiner Villa und die Anwesenheit der Mädchen stiegen im Jahr 2010 immer weiter an. Die 19-jährige Iris Berardi teilte ihrer Mutter am Morgen nach einer Party in Arcore freudestrahlend mit, dass sie "acht" bekommen habe. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie damit 8000 Euro meinte. Ihrem Freund erzählte sie am Telefon, wie sie zu dem Geld gekommen ist. Die Abschrift des Telefonats liegt den Mailänder Ermittlern vor.

    "Iris: "Ich musste ihn um ein bisschen mehr bitten und das hat er mir dann auch gegeben. Weißt du, da laufen Sachen, ein Mädchen hat angefangen zu heulen, weil es nicht genug bekommen hat, aber ich nicht. Ich habe nur gesagt: "Schatz, das reicht nicht".
    Mann: "Da hast du also Glück gehabt?"

    Iris: "Ja schon, aber ich will was anderes, etwas, was bleibt, kein Geld. Und dann kommt er mir mit nem Auto, dabei habe ich doch gar keinen Führerschein. Ich kann ihm auch schlecht sagen: Morgen brauche ich 200.000 Euro, damit ich eine Bar kaufen kann, aber wer soll mir schon helfen, wenn nicht er? Ich kenne doch niemanden in Mailand und wenn ich mir einen Job suche, mit meinem Schulabschluss verdiene ich höchstens 800 Euro.""

    Emilio Fede, der Fernsehdirektor von Berlusconis Gnaden, ist es nun, der de Ministerpräsidenten in seiner täglichen Nachrichtensendung auf rete quattro gegen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft verteidigt. Dass gegen Fede selbst ebenfalls ermittelt wird, erfährt der italienische Fernsehzuschauer allerdings nicht.