Backstage im Münchner Volkstheater werden noch die Instrumente gestimmt. Doch eigentlich geht es hier um gut geölte Stimmbänder.
"Ich würde dir jetzt gerne den Hals umdrehen."
Bizarrer Inhalt in bezaubernder Form - Jodeln erzeugt Gänsehaut. Der steirische Jodler von Marie-Theres Härtel ist nur eine spezielle Variante dieses "unartikulierten Singens aus der Gurgel".
"Im Norden tut man joiken. In Amerika tut man yodeln. In Afrika gibt es das genauso, diese Urgesänge."
Und auch die sind zu hören auf dem Festival "LAUTyodeln" - afrikanische Urgesänge von der multinationalen Combo "Baka Beyond".
Der Jodler: Verbindet man ihn nicht allzu schnell mit alpenländischem Berg-Idyll? Zuhause ist er aber auf der ganzen Welt, eben auch in der Heimat von Marie-Theres Härtel, Niederösterreich, Steiermark.
"Wie ich das gelernt oder mitbekommen habe, kommt es daher, dass es ein Verständigungsruf ist in den Bergen. Das war eine Notwendigkeit, dass man sich zurufen hat müssen. Da hat man einfach eine gewisse Kraft gebraucht, dass man das von einem Berg zum anderen rüber bringt. Oder dass man die Kühe quasi ansingt, damit sie in den Stall kommen."
In Marie-Theres Härtels Band "Yellow Bird" aus Berlin taucht der Jodler dann eher als urbane Variante einer musikalischen Subkultur auf - Roots-Blues aus den 20er, 30er Jahren mit amerikanischem Yodeling und steierischen Jodlern.
"Ein Jodler ist einfach der reine Ausdruck"
Einen Backstage-Raum weiter stimmen sich Peter Crow C. und Ferdinand 'Jelly Roll' Kraemer als Duo "Black Patti" aus München auf ihren Auftritt ein. Auch in ihren Rockabilly-Kompositionen jodelt es.
"In der Blues-Tradition ist es nicht sehr häufig, dass gejodelt wird. Aber es wird gejodelt."
"Die Blues-Texte sind ja oft relativ simpel und so ein Jodler ist einfach der reine Ausdruck, der pure Ausdruck, der wird laut rausgesungen und kann sehr fröhlich, aber auch manchmal sehr traurig sein."
Der Soundcheck von Erika Stucky aus der Schweiz klingt nach Schamanen- und Waldschrat-Gesang - Jodel-Avantgarde mit auf dem Bühnenboden schabender Schneeschippe als Perkussion.
Das Spektrum ist dann auch möglichst breit gefächert auf dem LAUTyodeln-Festival in München. Zwei Wochenenden lang: Vergangenes im Volkstheater mit diversen Pop-Bands, kommendes in der Allerheiligen-Hofkirche mit überwiegend Acapella-Formationen.
Eine Akustik wie am Berg
"Das ist wirklich das klassische, pure, unverstärkte Jodeln, was in so einer Kirche natürlich geil ist, weil du eine Akustik hast, die dann wirklich wie am Berg ist."
Nach dem Volksmusik-Hype nun also der Jodel-Boom? Eva Mair-Holmes vom Indie-Label Trikont hat das LAUTyodeln-Festival initiiert. Für sie ist es ganz klar, warum diese Musiktraditionen wieder aufleben.
"In einer Welt, die immer unüberschaubarer wird, ist es natürlich super, wenn du so einen Punkt hast, der dir das Gefühl gibt, da gibt es noch ein abgeschiedenes Carré und das ist meins. Da bin i dahoam, da bin ich geschützt, da weiß ich, wie es geht."
Und auch Eva Mair-Holmes traut sich als Nicht-Musikerin und Label-Betreiberin an einen Jodel-Gesang:
"Ich kann nur ein Lied und da gibt es einen Jodler. Also: mein Vater war ein Appenzeller. Er frisst die Wurst mitsamt dem Teller. Das war es. Mehr geht nicht."