Die A7 zwischen Hamburg und Flensburg ist eine wichtige Durchgangsroute. Viele Deutsche nutzen die Autobahn für die Fahrt in den Urlaub nach Dänemark. Für die Dänen wiederum ist sie ein wichtiges Einfahrtstor nach Mitteleuropa. Auch Carles Puigdemont wollte die A7 nutzen auf der Rückreise von Finnland nach Belgien. Doch am Sonntagvormittag hieß es für ihn auf einer Autobahnratsstätte nahe Schleswig: Endstation. Zumindest vorläufig. Puigdemont wurde von Beamten der Deutschen Autobahnpolizei festgenommen. Inzwischen sitzt der frühere katalanische Regionalpräsident in Neumünster in der Justizvollzugsanstalt. Wird Puigdemont nun nach Spanien ausgeliefert?
"Im Falle eines europäischen Haftbefehls gibt es ein ganz klar geregeltes rechtsstaatliches Verfahren", sagte Bundesjustizministerin Katharina Barley im ARD-Fernsehen: "Und das wird jetzt eingeleitet, und am Ende wird dann das Ergebnis stehen. Aber Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich jetzt von politischer Seite jetzt nicht in dieses rechtliche Verfahren eingreifen möchte, auch nicht durch voreilige Äußerungen."
Puigdemont war in den letzten Tagen in Nordeuropa unterwegs gewesen. Noch am Freitag war er in Helsinki, besuchte dort das Parlament und die Universität. Genau an jenem Freitag ließ Madrid auch einen neuen europäischen Haftbefehl ausstellen. Doch der konnte in Finnland nicht mehr vollzogen werden, da Puigdemont nicht auffindbar war. Auch in Dänemark griff die Polizei nicht zu, als der 55-Jährige das Land durchquerte. Anders die Beamten in Schleswig-Holstein. Deren oberster Dienstherr heißt Hans-Joachim Grote. Schleswig-Holsteins Innenminister sagte im ZDF:
"Es ging jetzt nun darum, heute Morgen nun durch das BKA die förmliche Information, dass er deutschen Boden betreten wird. Und damit haben wir uns nach geltendem Recht zu verhalten und dieser Haftbefehl ist umgesetzt worden."
Auslieferung von Puigdemont noch unsicher
Die Entscheidung darüber, wie es nun weitergeht mit Carles Puigdemont liegt jetzt in den Händen der Schleswig-Holsteinischen Justiz. Zuständig ist die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig. Die wird nun den Europäischen Haftbefehl aus Madrid genauestens unter die Lupe nehmen. Der leitende Oberstaatsanwalt Ralph Döpper sagte dem NDR: "Die Voraussetzungen werden geprüft. Wir prüfen dann natürlich weiter, ob Auslieferungshaft beantragt werden kann."
Doch ob Puigdemont am Ende auch wirklich nach Spanien ausgeliefert wird, ist alles andere als sicher. Es hängt vor allem davon ab, wie genau Madrid die Vorwürfe gegen Puigdemont formuiert. Wolfgang Kubicki - selbst Jurist und Bundestagsvizepräsident - schließt eine Auslieferung wegen des Vorwurfs der Rebellion aus. "Wir kennen in Deutschland den Straftatbestand der Rebellion gar nicht, anders als in Spanien", sagte Kubicki den Zeitungen des Redaktionsnetzwerk Deutschland. Ähnlich sieht es auch Andrej Hunko. Der europapolitische Sprecher des Links-Fraktion im Bundestag sagte gegenüber diesem Sender: "Ja, also ich empfinde das eigentlich als Schande."
Das Thema sei hochpolitisch, so die europapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion Franziska Brantner. Die Verhaftung Puigdemonts könnte in Spanien zur "potenziellen Eskalation beitragen", sagte Brantner dem Deutschlandradio-Hauptstadtstudio.
"Und ich glaube, Europa hat ein großes Interesse daran, dass man in Spanien zu einer guten Lösung kommt. Und dass auch die Europäische Union über die Europäische Kommission daran sich stärker beteiligt hier, zu einer guten Lösung für alle Seiten zu kommen."
Das politisch hochaufgeladene Ringen um Katalonien scheint seit der Verhaftung von Carles Puigdemont in Schleswig-Holstein um ein Kapitel reicher.