Der Intendant der Berliner Festspiele konstatiert zunächst einen "falschen Umgang mit der Programmierung von Sälen und Räumen". Theater bestehe in hohem Maße "in einer richtigen Proportion zwischen Stoffen und Räumen, Personenkonstellationen und Themen". Sein Eindruck war, dass das unglücklich gelöst war. Stücke, die einen geschützten Raum gebraucht hätten, wurden "in eine Pausensituation versetzt, kleine Stücke im großen Haus gespielt."
Ein anderer Grund bestand darin, dass das an sich interessante Konzept des neuen Teams mit der Realität des Ortes, mit seiner Geschichte und seiner Besonderheit nicht viel zu tun hatte, so Oberender:
"Wenn Frank Castorf das Centre Pompidou übernimmt und sagt, er macht jetzt auf allen Etagen Wechselausstellungen, dann kann das toll sein. Wenn man dann aber nicht wirklich einen großen Aufschlag macht und eine faszinierende Spielzeit hinlegt, dann sind die Zweifel größer als das Vertrauen." Die Gewalttätigkeit des Bruchs sei sicher ein Grund für die heftigen Reaktionen gewesen.
Interessantes Konzept am falschen Ort
Die Volksbühne sei ein Repertoire- und Ensembletheater, dessen modernste Form sich in der Ära Castorf entwickelt habe:
"Sie hatte eine Philosophie, in der der Betrieb der Kunst folgt, was unglaublich selten ist. Das zu zerstören, diesen Hochleistungsprinzip in gewisser Weise stillzustellen, weil man mit dem System brechen möchte, dafür war das der falsche Ort, denn er war schon sehr modern."
Hier seien sich bildende Kunst und Theater seit langem begegnet, genauso wie Philosophie, Populärmusik und internationale Künstler. Es habe auch interessante Stücke gegeben, die dann in der "Verurteilungsatmosphäre" untergegangen seien: "Es ist nicht alles Mist, was dort produziert wurde."
Berührt von den Protesten gegen Dercon
Die Proteste, die Unterschriftenaktion gegen Chris Dercon und auch die Besetzung der Volksbühne habe ihn sehr berührt, so Oberender: "Das Einzigartige an diesen Vorgängen war, zu erleben, was ein Theater in unserer Zeit noch bedeuten kann."
Die Volksbühne betrachte er als "anhaltenden Brennpunkt unserer Kultur, wo Berlin anders über sich nachdenkt. Rückblickend war das auch einer der berlinerischsten Orte, der auch immer nah an Osteuropa war. Für mich hat er die beste Fusion von Ost und West entwickelt, der möglich war. Die Volksbühne ist ein gesamtdeutscher Ort geworden. Und das wird bleiben als eine Leistung und als eine Erwartung, die man mit dem Haus verbindet."
Die öffentliche Diskussion müssen nun in jedem Fall weitergehen: "Man muss Fachleute ins Boot holen, aber vor allem die Leute, die die ganze zeit für ihre Volksbühne gekämpft haben, die müssen jetzt weiterreden können. Das ist eine Riesen-Chance."