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Fethullah Gülen und seine "Hizmet"-Bewegung
Erdogans Erzrivalen

Die Türkei sieht in der Gülen-Bewegung mit Prediger Fethullah Gülen an der Spitze den Initiator des Putschversuchs vom 15. Juli. Gülen selbst weist diesen Vorwurf jedoch vehement zurück. Anhänger seiner islamischen Bildungsbewegung werden seit dem Putschversuch auch in Deutschland bedroht und diskriminiert.

Von Ulrich Pick |
    Fethullah Gülen
    Fethullah Gülen ( picture alliance / Selahattin Sevi)
    Fethullah Gülen ist einer der einflussreichsten muslimischen Gelehrten weltweit. Der 77-jährige Prediger, der seit 1999 im US-Bundesstaat Pennsylvania lebt, versucht einen mystisch gefärbten, konservativen Volksislam türkischer Prägung mit zeitgemäßer Bildung und wirtschaftlichem Erfolg zu verbinden. Als Probleme der Muslime erachtet er nicht das Christentum oder die sogenannten "imperialistischen Amerikaner", sondern Unwissenheit und Armut. Sein Credo lautet deshalb: "Schulen statt Moscheen". Während er für seine Anhänger eine Art Lichtgestalt ist, werfen ihm seine Gegner vor, er wolle die Welt heimlich islamisieren und verfüge über erhebliche Finanzressourcen ungeklärter Herkunft. Der türkische Präsident Erdogan unterstellt ihm gar, dass er der geistige Vater des Putschversuchs vom 15. Juli sei, was Gülen jedoch vehement zurückweist:
    "Ich sage seit 20 Jahren dasselbe, nämlich, dass die Demokratie und gewählte Regierung zählen und dass Putsche nichts Gutes verheißen für das Land. Das habe ich bis heute vielleicht 50 Mal gesagt. Ich bin 77 Jahre alt und es ist ausgeschlossen, dass ich an so etwas denken könnte."
    Fethullah Gülen ist der Initiator einer großen islamischen Bildungsbewegung, die mittlerweile Schulen in mehr als 140 Ländern errichtet hat und Fernsehsender, Radiostationen sowie Zeitungen unterhält. Die Anhänger Gülens arbeiten weltweit als Netzwerk unter der türkischen Bezeichnung "Hizmet", was im Deutschen so viel wie "Dienst" bedeutet. Ansprechpartner in Deutschland ist vor allem die in Berlin ansässige "Stiftung Dialog und Bildung" – besonders ihr Vorsitzender Ercan Karakoyun:
    "Es ist ein loses Netzwerk aus Menschen, die sich in unterschiedlichsten lokalen Vereinen engagieren. Wir wissen natürlich wie viele Vereine es gibt: Es sind etwa 150 Nachhilfeinstitutionen, die es gibt. Es gibt etwa 25 Schulen in Deutschland und etwa 15 Dialogvereine, die sich im Dialogbereich engagieren.
    Anhänger der "Hizmet"-Bewegung werden bedroht
    Seit dem Putschversuch in der Türkei werden die Anhänger der "Hizmet"-Bewegung nicht nur am Bosporus, sondern auch hierzulande gemobbt. Dies belegt ein Blick in die sozialen Medien. Dort sind beispielsweise zwei Listen mit Namen von Geschäften und Restaurants in Umlauf, die von wirklichen oder vermeintlichen Gülen-Anhängern betrieben werden: Eine betrifft die Stadt Stuttgart, die andere die Stadt Köln. Zusammengestellt seien sie, so heißt es, von Erdogan-Anhängern, die türkischstämmige Bürger zum Boykott der Läden und Lokale aufriefen: Szenen die an Deutschland in den 30er-Jahren erinnern. Zudem berichten Gülen-Anhänger, dass ihnen wiederholt er Zugang zu Moscheen verwehrt worden sei, die von Ditib oder von Milli Görüs betrieben werden. An den Türen habe man Zettel gefunden mit der Aufschrift: "Vaterlandsverräter haben hier nichts zu suchen" – berichtet ein Mitglied der Gülen- oder "Hizmet"-Bewegung aus Rheinland-Pfalz, der seinen Namen nicht angeben möchte:
    "Die Imame kommen ja aus der Türkei. Also die können ja kein Gegner von Erdogan sein. Die müssen ja dafür sein. Leider, leider wird ja auch in den Moscheen dafür geworben, sozusagen für die AKP-Partei. Und dadurch entstehen ja auch die Polarisierungen in den Moscheen. Da kann es schon Streitereien geben, wo man als "Hizmet"-Person nicht reinkommen darf."
    Darüber hinaus berichten Mitglieder der Gülen-Bewegung, dass sie immer wieder Hass-Mails bekommen haben und beleidigt werden. Ercan Karakoyun sieht sich sogar Morddrohungen ausgesetzt. Er hat inzwischen die Polizei eingeschaltet.