"Also es ist wunderschön weich hier im Moos und im Moor. Also man spürt, dass da drunter einfach der Torf ist."
Nieselregen. Die Gummistiefel versinken knöchteltief im Untergrund. Unterwegs im Gebiet "Bodenmöser" ganz in der Nähe der Stadt Isny im baden-württembergischen Allgäu. Trotz des widrigen Wetters bahnt sich Bürgermeister Rainer Margenreuter hier gerne den Weg durchs Gestrüpp.
"Wunderschön die Natur zu sehen. Weil das einfach hier eine Art Offenheit ist. Weil sonst ist ja alles bei uns bewaldet. Das Problem ist, wenn man nichts macht, dann würde es austrocknen. Und deshalb ist das Ziel, das Moor zu erhalten und wieder zu vernässen."
Noch bis in die 60er Jahre hinein wurde im "Bodenmöser" Torf abgebaut. Davon kunden am Rande einer kleinen Straße noch die Hallen der ehemaligen Torffabrik. Und um ein Haar hätte das das Ende der zehntausende Jahre alten Moorlandschaft bedeutet. Denn große Gräben schlängeln sich quer durch das Gebiet - Entwässerungsgräben, die das Moor nach und nach austrocknen. Doch damit soll es nun ein Ende haben. Thomas Kutter, Moor-Experte beim NABU-Landesverband Baden-Württemberg, zeigt auf ein großes, hässliches Loch, das ein Bagger soeben ins Erdreich gegraben hat:
"Dieses Loch wird viel kleiner, wenn der Damm richtig aufgebaut wird und der Torf, der jetzt noch neben dem Torf liegt, im Damm verbaut wird."
Prozess des Moorsterbens stoppen
Will heißen: Mit dem Bagger wird Torf ausgehoben - Torf, der dazu verwendet wird, eine Art Damm im danebenliegenden uralten Entwässerungsgraben zu errichten und diesen regelrecht zu verstopfen.
"Die Entwässerungsgräben führen genau dann, wenn der Niederschlag fällt, dieses Wasser ab. Wenn wir es also schaffen, dieses Entwässerungssystem zu durchbrechen, indem wir immer kleine Bauwerke schaffen, so dass die Gräben das Wasser nicht mehr aus dem Moor ziehen können, dann kann das Moor das Wasser wieder halten."
Und dann ist auch der Prozess des Moorsterbens gestoppt - das Ziel des Projekts. Das Verfahren an sich ist nicht neu, wohl aber die Systematik, in die es eingebettet worden ist.
"Was hier vorbildlich ist im Projekt und auch ein Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir aus der Vogelperspektive das ganze Gebiet betrachtet haben, ein FFH-Gebiet von 700 Hektar, eine komplette Biotopkartierung gemacht haben für das ganze Gebiet, alle Entwässerungsgräben kartiert haben. Ich denke, dass wir so miteinander arbeiten, mi t den Förstern, mit den Gemeinden, ist vielleicht ein Alleinstellungsmerkmal."
Denn dieses "Miteinander" ist bei der Moor-Renaturierung keineswegs selbstverständlich. Häufig wird über Projekte zur Moor-Renaturierung heftig gestritten. Bürgermeister Rainer Magenreuter :
"Es gibt natürlich Angrenzer. Und die haben natürlich Angst, dass der Grundwasserspiegel ansteigt. Und deshalb hat man sehr umfangreiche Untersuchungen gemacht, um genau das zu verhindern und die Vernässungen aufs Moor zu beschränken."
Moore haben einen hohen ökologischen Mehrwert
So habe man den Grundstücksnachbarn auch die Angst vor dem Moor und dessen Wiedervernässung nehmen können - ein Erfolg für den Naturschutz, findet Uwe Prietzel, Geschäftsführer des NABU-Landesverbandes in Baden-Württemberg. Denn im intakten Moor "Bodenmüsern" findet sich so allerlei, was kreucht und fleucht.
"Es waren 148 Vogelarten und 686 Insektenarten, wenn ich es richtig in Erinnerung habe."
NABU-Funktionär Prietzel hat Auge und Ohr dicht am Moor, zitiert aus einer Erhebung der Fachhochschule Nürtingen. Das Moor ist somit ein Garant für Artenvielfalt - einerseits. Andererseits erfüllt es, so der baden-württembergische Agrarminister Alexander Bonde, noch eine weitere wichtige Funktion:
"Auch im Klimaschutz haben sie eine wichtige Bedeutung: Das bedeutet. Wenn wir Moore verlieren, haben wir besonders hohen zusätzlichen Eintrag von klimaschädlichen Gasen. Und die Renaturierung von Mooren dient dazu, die Bindung von CO 2 wieder zu stärken. Und deshalb haben Moore einen so hohen ökologischen Mehrwert."
Zwar dürfte sich der Klima-Schutz-Effekt gerade der baden-württembergischen Moore bei einem Anteil von gerade mal einem Prozent an der Gesamtfläche des Landes eher begrenzt ausfallen. Doch gerade dort erscheint die Moorrenaturierung nach Ansicht von Uwe Prietzel besonders wichtig:
"Da in Baden-Württemberg 95 Prozent der ehemaligen Moorflächen verloren gegangen sind, müssen wir um jedes Moorfitzelchen kämpfen und schauen, und das wir in einen ordentlichen Zustand bringen. Und die Auswahl der Flächen ist nicht so furchtbar groß. Und damit werden wir, glaube ich, dem Anspruch gerecht, einen wichtigen Teil des Moornetzwerkes europaweit zu erhalten."