Stefan Römermann: Vor ein paar Tagen haben wir hier noch über die schweren Waldbrände in Schweden berichtet. Jetzt sorgen Bilder und Nachrichten aus Griechenland für Aufregung. Mehrere Dutzend Menschen sind dort offenbar in verheerenden Waldbränden ums Leben gekommen.
Schlimme Nachrichten, und darüber und über die Waldbrandgefahr in Deutschland spreche ich jetzt mit Johann Goldammer. Er ist Waldbrandexperte beim Zentrum für globale Feuerüberwachung in Freiburg. Herr Goldammer, erst einmal hallo und guten Morgen. – Mindestens 49 Tote, mehrere hundert Verletzte – was ist Ihre Einschätzung? Wieso haben diese Waldbrände in Griechenland so viele Opfer gefordert?
Johann Goldammer: Guten Morgen, Herr Römermann. – Es ist tatsächlich so, wie eben schon im Kommentar gesagt wurde, dass es der Auftakt der Waldbrand-Saison in Europa ist. Wir erinnern uns: Im vergangenen Jahr hatten wir diese großen Brände mit über 100 Todesopfern in Portugal. Nun ist Griechenland wieder dran. Das ist eine Wiederholung, die wir eigentlich jedes Jahr erwarten können. Leider ist es so, dass doch vielfach die Menschen nicht richtig darauf vorbereitet sind, auf Situationen zu reagieren, die sich natürlich sehr, sehr schnell entwickeln können.
Das hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab, von der Situation, wie sie eben geschildert wurde in diesem Dorf Mati. Es ist leider so, dass diese Dinge offensichtlich nicht alle verhindert werden können, obwohl in diesen Ländern – im Vergleich zu Schweden ist es ja anders – die Feuer eigentlich jedes Jahr auftreten.
"Uns holt die Realität ein"
Römermann: In Deutschland und Schweden treten eigentlich nicht so viele verheerende Waldbrände auf. Trotzdem haben wir jetzt in Schweden relativ große Waldbrände beobachtet und durch den Klimawandel, heißt es immer wieder, drohen auch in Deutschland größere Waldbrandkatastrophen. Ist das tatsächlich so, oder wird das alles ein bisschen übertrieben?
Goldammer: Nein, wir müssen uns unbedingt darauf einstellen. Die Situation hat sich ja in den vergangenen Jahren langsam in die Richtung bewegt, die in diesem Jahr tatsächlich uns lange Trockenheit beschert hat, vor allen Dingen in Norddeutschland, Nordostdeutschland, zusätzlich auch eine Hitzewelle.
Es kommt ja beides zusammen, die hohen Temperaturen und die anhaltende Trockenheit, und beide sind dafür verantwortlich, dass sich sowohl Landwirtschaftsflächen als auch Wälder und Schutzgebiete in einem hochgradig brennbaren Zustand befinden. Und das sind Dinge, die sind ja letztendlich vorausgesagt worden, und wir sprechen schon seit vielen Jahren darüber. Uns holt ein bisschen die Realität ein. In Schweden ging es etwas schneller. Schweden ist ja auch nicht ein klassisches Waldbrandland wie vergleichsweise Südeuropa. Da gab es nun diese vielen Brände in dieser Woche, die noch andauern. In Deutschland sind wir eigentlich genau in dieser gleichen Entwicklung.
"Insgesamt sind wir nicht ausreichend aufgestellt"
Römermann: In Schweden musste man aus anderen EU-Ländern Löschflugzeuge anfordern. Wie ist denn Deutschland auf solche Katastrophen vorbereitet?
Goldammer: Es gibt diesen europäischen Zivilschutz-Mechanismus, der es ermöglicht, dass Länder sich austauschen und gegenseitig helfen. In Schweden war es recht günstig, weil in den vergangenen Tagen die Situation in Südeuropa noch nicht so drastisch war wie im Moment. Das heißt, die Franzosen und Italiener konnten ohne Probleme den Schweden aushelfen, weil sie keine eigenen Großbrände zuhause hatten.
Wenn wir jetzt eine vergleichsweise Situation in Deutschland haben – und heute hat ja das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe auch festgestellt in der Rheinischen Zeitung, dass wir keine Feuerlöschflugzeuge haben. Dem ist so. Das hat damit zu tun, dass auf Bundesebene hier in Deutschland keine Zuständigkeiten für Feuerbekämpfung vorliegen und ein einzelnes Bundesland sich so ein Flugzeug offensichtlich nicht leisten kann. Da greifen wir auf Hubschrauber zurück, aber auch da sehen wir, dass die Ressourcen an Hubschraubern begrenzt sind. Die Bundeswehr ist nicht mehr so präsent. Die Bundespolizei fliegt wohl, aber die hat ja auch andere Aufgaben. Insgesamt sind wir nicht ausreichend aufgestellt.
Römermann: Johann Goldammer, Waldbrandexperte beim Zentrum für globale Feuerüberwachung in Freiburg. Ich sage vielen Dank für das Gespräch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.