Theo Zwanzigers Szenario, das Geld sei dafür eingesetzt worden, um die Stimmen der Asiaten bei der WM-Vergabe zu kaufen, hält Thomas Kistner für wenig wahrscheinlich. Ganz sicher scheide auch aus, was Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach und Co vorgetragen hätten, dass man 6,7 Millionen Euro hätte zahlen müssen, um 170 Millionen zu bekommen. "Das hätte man ja damals kommunizieren können im WM-OK", betonte der FIFA-Experte und Redakteur der Süddeutschen Zeitung im DLF.
Wahrscheinlicher sei, "dass sich Beckenbauer, Niersbach sowie Horst R. Schmidt dazu haben hinreißen lassen, eine schwarze Kasse im Finanzdickicht der FIFA rund um Sepp Blatter zu füllen." Möglicherweise für Blatters schwierigen Präsidenten-Wahlkampf im Jahr 2002. "Wenn es so war, dass die Deutschen eine so krumme Zahltour mitgemacht haben", so mutmaßt Kistner, dann könne er sich nicht vorstellen, dass dies freiwillig geschehen sei. Dann müsste es ein gewaltiges Druckmittel gegeben haben. "Das führt wieder zu dem Verdacht, dass damals eben doch Stimmen auf den üblichen schmutzigen Wegen erworben worden sind."
Kistner spricht in diesem Zusammenhang von einer "Alimentierung des System Blatter mit deutschen Geldern." Zu möglichen strafrechtlichen Konsequenzen meinte er, die Problematik sei, dass die meisten Würdenträger in der deutschen Politik und im Sport kein Interesse daran hätten, dass so genau aufzuklären. Das schade dem Sportstandort Deutschland. Andererseits drohe die Gefahr der Aufklärung von außen – aus den USA und der Schweiz. Es wäre extrem peinlich, "wenn uns Amerikaner oder Schweizer eines Tages sagen was unsere Fußball-Legenden so getrieben haben."
Das vollständige Gespräch können Sie bis mindestens 1.Mai 2016 nachhören.