Es wird eng für Gianni Infantino. In der Schweiz führten seine Geheimtreffen mit Bundesanwalt Michael Lauber am Mittwoch zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Chefankläger. Jetzt fliegt die nächste Affäre auf: FIFA-interne E-Mails verraten, dass sich Infantino im April 2017 nach einer Besuchstour in Südamerika eine teure Privatjet-Reise heim in die Schweiz gegönnt hat. Die sechsstelligen Kosten dafür hat er gegenüber seinen Compliance-Aufsehern mit einem Gipfeltreffen bei der UEFA gerechtfertigt, das jedoch nicht stattgefunden hat.
Compliance-Chef genehmigte Reise im Privatjet
Infantinos Assistent Mattias Grafström hatte am 11. April 2017 eine E-Mail an den FIFA-Compliance-Chef Tomaz Vesel geschickt: Der Rückflug aus Surinam verzögere sich aus technischen Gründen. Infantino habe aber am kommenden Tag Termine in der Schweiz wahrzunehmen. Daraufhin bewilligte Vesel die Reise per Privatjet. Er bat aber um präzise Angaben, um welche konkreten Treffen es sich dabei handele. Infantinos Assistent antwortete per E-Mail am 18. April: "14 Uhr Treffen mit dem UEFA-Präsidenten in Nyon, gefolgt von einem anderen Treffen in Genf."
Treffen hat nie stattgefunden
Da war längst klar, dass es am 12. April kein Treffen zwischen Infantino und Aleksander Ceferin gegeben haben konnte: Der UEFA-Chef war schon morgens ins gut vier Stunden entfernte Armenien aufgebrochen, um sich dort mit hochrangigen Vertretern aus Politik, Religion und Sport zu treffen.
FIFA will sich nicht zu Details äußern
Die FIFA bestätigt den Privatflug Infantinos, will sich aber zu keinen Details äußern – auch nicht dazu, ob und warum die Compliance-Aufseher mit falschen Angaben getäuscht wurden. Sie erklärt nur, dass der Flug in Einklang mit den FIFA-Regeln gewesen sei. Nach Aktenlage ist diese Bewilligung allerdings durch eine Täuschung herbeigeführt worden. Besonders seltsam: Der von der FIFA mit gut 280.000 Dollar jährlich belohnte Chefaufseher Vesel schweigt zu dem Vorgang trotz zahlreicher Anfragen.
Forderung: FIFA-Ethikkomitee muss tätig werden
Das FIFA-Ethikkomitee müsse dringend tätig werden, fordern nun unabhängige Rechtsexperten in Deutschland und der Schweiz. Und auch die Strafjustiz müsse den Vorgang nun unter dem Aspekt einer möglichen Geschäftsuntreue durchleuchten.