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FIFA-Chef Gianni Infantino
Ein Präsident unter Druck

Der europäische und der südamerikanische Fußballverband wollen enger zusammenarbeiten. Was so harmlos klingt, sei "eine direkte Kampfansage an Infantino", sagte Thomas Kistner im Dlf. Der Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung sieht die Machtbasis des FIFA-Chefs bröckeln.

Thomas Kistner im Gespräch mit Maximilian Rieger | 15.02.2020
FIFA-Chef Gianni Infantino kündigt auf einer Pressekonferenz in Shanghai die neue Klub-WM mit 24 Vereinen an.
FIFA-Chef Gianni Infantino im Oktober 2019, als er auf einer Pressekonferenz in Shanghai die neue Klub-WM mit 24 Vereinen ankündigt. (imago images / Xinhua)
Der europäische Fußballverband UEFA und die Südamerikanische Fußballkonföderation CONMEBOL erneuern ihre Grundsatzvereinbarung und setzen in Zukunft auf eine engere Zusammenarbeit. Diese Pressemitteilung vom vergangenen Mittwoch (12.02.20) wirkt auf den ersten Blick unscheinbar und harmlos. Doch sie ist nach Einschätzung von Thomas Kistner "eine direkte Kampfansage an Infantino", sagte der Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung in der Sendung "Sport am Samstag".
Denn in der Vereinbarung werden auch neue Wettbewerbe zwischen europäischen und südamerikanischen Fußballmannschaften angekündigt - und solche Wettbewerbe, so Kistner, hätte FIFA-Chef Gianni Infantino gerne selbst angekündigt.
Strich durch Infantinos Rechnung
Schließlich versuche der FIFA-Präsident "schon seit Monaten, die Kontinentalverbände ihrer wichtigsten Einnahmequellen zu berauben, indem er mit vielfältigen Verhandlungen und Deals hinter den Kulissen an einer globalen Superliga für die weltbesten Klubmannschaften bastelt, die dann natürlich unter dem Dach seiner Fifa stattfinden soll", so Kistner.
Wenn sich nun der europäische und der südamerikanische Fußballverband zusammentun, könnte das jedoch dafür sorgen, dass Infantinos Pläne ins Leere laufen. Denn die weltweit attraktivsten Klubs gebe es eben in Europa und Südamerika, erklärte Kistner: "Deshalb kann gar kein wichtiges Fußballformat irgendwo auf dem Planeten implementiert werden, das ohne diese beiden Teilverbände auskäme."
Steht ein Aufstand bevor?
Thomas Kistner sieht die Machtbasis Infantinos bröckeln. Denn auch der afrikanische Fußballverband wolle offenbar den Einfluss der FIFA zurückdrängen. Die Funktionäre dort, die teilweise auch unter Korruptionsverdacht stehen, haben Fatma Samoura, die FIFA-Generalsekretärin, nicht mehr als Verwalterin akzeptiert.
Eine Entwicklung, die für Infantino "brandgefährlich" werden könne, sagte Kistner: "Afrika war bisher seine stärkste Machtbastion - und die hat er jetzt verloren." Mit Blick auf den im Mai in Addis Abeba stattfindenden FIFA-Kongress sei es "nicht unrealistisch, dass dort Europa, Südamerika, Afrika und übrigens auch der sehr unzufriedene Asien-Verband AFC den Aufstand gegen Infantino proben und ihn einfach absetzen."