Die kolumbianische Anwältin und frühere Staatsrats-Präsidentin bekam die Rolle des Schweizer Staatsanwalts Cornel Borbely übertragen, der Sepp Blatter und Michel Platini zur Strecke brachte. Strikte Neutralität ist hier die Kernanforderung. Nun stellt sich heraus, dass die kurzfristig berufene Juristin gute Kontakte zu Kolumbiens früherem Verbandschef Luis Bedoya unterhielt.
Bedoya wird in den USA im Zuge der FIFA-Strafermittlungen der Prozess gemacht, die Justiz wirft ihm "Betrug, Bestechung und Geldwäsche" vor. Das alte FIFA-Ethikkomitee, das jetzt von der FIFA gefeuert wurde, hatte Bedoya bereits im Mai 2016 lebenslang gesperrt.
Mit dem korrupten Funktionär verband die neue FIFA-Chefermittlerin Rojas eine "freundschaftliche Beziehung". Dies teilte sie selbst im April 2014 der Justiz mit, als sie sich in einem Prozess um Bedoyas Nationalverband FCF für befangen erklärte. Damals befand die zuständige Kammer beim Gericht, dass rein freundschaftliche Kontakte, die nicht über eine enge Beziehung hinausgingen, sie nicht befangen machen würden.
Höchst eiliger Integritätscheck
Die Freundschaft zu Bedoya fand jedoch keinen Niederschlag bei der Integritätsprüfung, die Rojas wie alle FIFA-Kommissionsanwärter absolvieren musste. Das könnte jetzt noch problematisch werden. Denn laut Statuten muss jeder Kandidat von sich aus alle Beziehungen offenlegen, die einen möglichen Interessenskonflikt beinhalten könnten. Überdies heißt es in Governance- und Fußballkreisen, Rojas pflege auch sehr gute Drähte zu Bedoyas Amtsnachfolger Ramon Jesurun. Dieser hatte Rojas für das FIFA-Ethikkomitee vorgeschlagen.
Auf konkrete Anfrage zu ihren Beziehungen zu Bedoya und Jesurun äußerte sich die Kolumbianerin am Freitag nicht. Sie teilte nur allgemein mit, ihre Arbeit sei stets unter Berücksichtigung "höchster ethischer Standards und in voller Unabhängigkeit und Transparenz" erfolgt.
Die FIFA erklärt lediglich, dass Rojas den Integritätscheck bestanden habe. Dieser wurde nach Rojas überraschender Nominierung vergangene Woche auf dem Kongress zunächst in aller Eile und unter dem Vorbehalt möglicher Nachprüfung erteilt. Insofern sollte das vorläufige Okay jetzt bedeutungslos geworden sein, da neue Sachverhalte aufgetaucht sind.