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Wahl des FIFA-Präsidenten
Warum Arubas Fußball-Präsident für Infantino stimmt

DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat sein Abstimmungsverhalten bei der anstehenden Wahl des FIFA-Präsidenten noch offen gelassen. Einfluss wird es aber sowieso nicht haben. Gianni Infantino wird wiedergewählt werden – auch dank Unterstützer aus der Karibik.

Von Maximilian Rieger | 11.03.2023
FIFA-Präsident Gianni Infantino winkt beim 69. FIFA-Kongress. Im Hintergrund sind die Fahnen der Mitgliedsverbände zu sehen.
FIFA-Präsident Gianni Infantino beim 69. FIFA-Kongress. (AFP / Franck Fife)
Für einen Fußball-Funktionär besitzt Egbert Lacle eine erstaunliche Wahrnehmung des eigenen Images: „Jeder Fußball-Verband, ohne Ausnahme, ist für den normalen Fan eine Gruppe korrupter Menschen, die Geld in ihre Taschen stecken.“
Lacle ist aktuell Präsident des Fußballverbands von Aruba. Die kleine Karibik-Insel liegt vor der Küste von Venezuela: 110.000 Einwohner, 28 Fußball-Vereine. „Man kann das mit einer kleinen Stadt in Deutschland vergleichen. Nur dass wir FIFA-Mitglied sind und eine Nationalmannschaft haben – und dadurch große Verantwortung.“
Das zeigt sich auch bei der Wahl zum FIFA-Präsidenten: Lacles Stimme hat genauso viel Gewicht wie die von DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Obwohl es in Deutschland fast 1000 mal mehr Vereine gibt. Aber auf dem FIFA-Kongress hat jeder Verband eine Stimme – egal wie groß oder finanzstark er ist.

Europa und Südamerika haben keine Mehrheiten

Die Kernländer des Fußballs aus Europa und Südamerika – sie haben auf FIFA-Kongressen keine Mehrheit. „Da sind wir als Westeuropäer oft in der Minderheit, um das ganz klar zu sagen. Ich kann und ich werde versuchen, da garantiere ich Ihnen auch für, dass wir mit kleinen Schritten vorankommen. Aber die Vorstellung, dass wir maximale Forderungen sofort umsetzen, die ist einfach weltfremd", sagte DFB-Präsident Neuendorf vor kurzem vor dem Menschenrechtsausschuss des Bundestags.
Und so wird FIFA-Chef Gianni Infantino sicher wiedergewählt werden. Einen Gegenkandidaten gibt es nicht. Und die allermeisten der 211 Mitgliedsverbände unterstützen eine Wiederwahl, trotz der Ermittlungen, die gegen Infantino in der Schweiz laufen. Auch Egbert Lacle aus Aruba. „Wenn ich mir die letzten Jahre angucke: Natürlich gibt es da ein paar Sachen, über die diskutiert wird. Aber wenn man sich das große Ganze ansieht, die Veränderungen bei der FIFA, wurden viele positive Schritte gegangen.“
Ein wichtiger Faktor: das Geld. Die FIFA hat in den vergangenen vier Jahren mehr als 7 Milliarden US Dollar eingenommen. Viel von diesem Geld landet bei den Verbänden, die diese Einnahmen für ihre laufenden Kosten oder Infrastruktur-Projekte ausgeben dürfen.

Infantino versprach Verbänden mehr Geld

Unter Infantinos Vorgänger Sepp Blatter gehen in vier Jahren eine Milliarde US Dollar an die nationalen Verbände. In seiner Bewerbungsrede 2016 verspricht Gianni Infantino den Funktionären, diesen Betrag zu erhöhen: „Das Geld der FIFA ist Euer Geld! Es ist nicht das Geld des FIFA-Präsidenten. Es ist Euer Geld. Ihr seid die nationalen Verbände. Und das Geld der FIFA muss für die Entwicklung des Fußballs dienen und für nichts Anderes!“
Infantino gewinnt die Wahl. Und: Er hält sein Versprechen. In den vergangenen vier Jahren hat die FIFA rund 2,5 Milliarden US Dollar an die Verbände ausgezahlt. Für viele Verbände die Haupteinnahmequelle. „Als kleine Fußballnation haben wir keinen großen Markt, anders als Deutschland. Sowohl, was Spieler angeht, als auch wirtschaftlich. Das haben wir nicht. Wir sind zu 90% von FIFA-Geldern abhängig", erklärt Arubas-Fußball-Präsident Lacle.
Und Infantino verspricht vor seiner Wiederwahl: In den kommenden Jahren sollen die Verbände nochmal 30 Prozent mehr erhalten. „Man kann das als eine Art Stimmenkauf interpretieren. Aber es ist kein Stimmenkauf. Natürlich erhöht das die Unterstützung. Aber die FIFA hat die Vorgaben verschärft, die wir erfüllen müssen, um das Geld zu erhalten.“ Ganz scharf sind die Vorgaben aber nicht: Rechnungsprüfer haben die Jahresbilanz von Arubas Verband nicht abgesegnet, weil die Buchführung nicht gut genug war. Das Geld fließt trotzdem.

Lacle: FIFA "versteht" kleine Verbände

Es gehe aber nicht nur ums Geld, sagt Lacle, auch wenn das natürlich ein wichtiger Faktor sei. Es gehe auch darum, wie die FIFA die Verbände behandle – gerade die kleineren. „Sie verstehen uns und setzen sich mit uns zusammen. Und dann bieten sie Hilfe an. Die Unterstützung ist besser an die Bedürfnisse der Verbände angepasst.“
Jeder Verband ist wichtig, egal wie groß er ist – dieses Gefühl verstärkt Infantino durch seine vielen Reisen. In den vergangenen Jahren hat er diverse Verbände besucht, zum Beispiel, um Fußballplätze einzuweihen. Auch Egbert Lacle hofft, dass der FIFA-Präsident vorbeikommt, wenn in Aruba das Nationalstadion renoviert ist. Wahrscheinlich wird Infantino nach Aruba fliegen. Denn es sind auch solche Trips, die ihm die Wiederwahl sichern.