Einst waren Männer wie Juan Ángel Napout durchaus gesprächig und inszenierten sich als weltgewandte Macher mit Einfluss. So sagte der damalige Präsident der südamerikanischen Fußballkonföderation Conmebol 2015 in Zürich nach der Verhaftung von sieben seiner Funktionärskollegen: "Die FIFA ist nicht korrupt. Die Fifa kann gar nicht korrupt sein."
Sieben Monate später wurde er an Ort und Stelle ebenfalls verhaftet und an die USA ausgeliefert. Redselig ist er längst nicht mehr. Napout schweigt lieber. Ob auf dem Weg ins Bundesdistriktgericht in Brooklyn, vor dem er sich seit November zusammen mit dem Brasilianer José Maria Marin und dem Peruaner Manuel Burga wegen Korruption, Geldwäsche und krimineller Verschwörung verantworten muss, oder im Saal.
Den Prozess bezeichnen seine Landsleute in Paraguay und im Rest von Lateinamerika als "Fifagate". Der Begriff hat sich auch deshalb in den Köpfen festgesetzt, weil die amerikanischen Staatsanwälte im Rahmen der Beweisaufnahme die gesamte Szenerie der von Schmiergeldern geprägten Fußballwelt ausbreitete. Napout soll übrigens auf solche Weise 10,5 Millionen Dollar kassiert haben, Marin 6,5 und Burga 4,4 Millionen.
Die Geschworenen hatten es nicht leicht, als komplette Laien die vielen Facetten eines bandenartigen Getriebes zu verstehen, in dem Rechtehändler Schmiergeld zahlten, um an die lukrative Fernsehvermarktung zu kommen.
Belastendes Beweismaterial
Ken Bensinger, Journalist der Online-Plattform Buzzfeed, der die Verhandlung intensiv verfolgte: "Das muss extrem konfus wirkt haben, dieses Ausmaß an Korruption. Weil unterschiedliche Firmen involviert waren und ständig neue Firmen gegründet wurden. Das Beweismaterial, das ich gesehen habe, bestätigt allerdings ganz klar, dass alle drei Angeklagten an diesen Verschwörungen beteiligt waren. Und beim Brasilianer Marin, sieht es ganz stark danach aus, dass das Geld für ihn auf einem Bankkonto in New York eintraf."
Die Beweisaufnahme brachte vieles an den Tag, darunter neue Verdachtsmomente dafür, dass die WM-Vergabe an Qatar durch Bestechung zustande kam. Sie sorgte allerdings auch dafür, dass sich ein gar nicht in diesen Prozess verwickelter, aber ebenfalls belasteter ehemaliger Funktionär in Argentinien das Leben nahm.
Schuldsprüche scheinen sicher
Wann die Geschworenen ihre Urteile gefällt haben werden, lässt sich nicht vorhersagen. Alles andere als Schuldsprüche wäre jedoch eine Sensation. Damit ist der Komplex allerdings noch nicht abgearbeitet. Es wartet ein Aktenberg mit den Fällen der mehr als 20 geständigen Funktionäre und Marketingmanager.
Einige von ihnen werden noch als Kronzeugen gebraucht. Etwa der ehemalige Fifa-Vize Jeffrey Webb von den Cayman Islands. Und zwar im Prozess gegen seinen Amtsvorgänger Jack Warner, dessen Auslieferung von der Karibikinsel Trinidad, seiner Heimat, sich dahinschleppt.
"Chuck Blazer, der zu Beginn der Ermittlungen eine wichtige Rolle spielte, ist im Sommer gestorben und kann nicht mehr aussagen. Und deshalb wird Webb vermutlich solange nicht sein Strafmaß zuerkannt bekommen, bis er ausgesagt hat. Er hat als Banker – mit und für anderen Funktionäre in der Karibik – viele geheime Konten eingerichtet. Wohl auch für Warner, der darüber Geld für den Verkauf von Fernsehrechten abwickelte."
Bensinger, der noch vor der WM ein Buch mit dem Titel "Red Card" über den Skandal veröffentlichen wird, glaubt, dass Webb deshalb die härteste Strafe erhalten wird: "Er hat zwar kooperiert, aber seine Korruptionsaktivitäten reichten weit. Als sie herausgefunden haben, was er treibt, waren die Ermittler schockiert. Er war so gierig wie Warner. Nur innnerhalb eines viel kürzeren Zeitraums."
Ermittlungen werden ausgedehnt
Unklar ist, ob die Staatsanwaltschaft in Brooklyn, die sich bislang konsequent auf den Fußball in Nord-, Mittel und Südamerika konzentriert hat, aber seit einer Weile auch kuwaitische Funktionäre als Korruptionsakteure im Visier hat, ihre Ermittlungen ausdehnt. Immerhin wurde in der letzten Woche bekannt, dass sie sich auch für die Vergabe der Olympischen Spiele 2016 an Rio de Janeiro interessiert.
Eine separate Untersuchung läuft bereits. Die erste Vorladung ging nach einem Bericht im Wall Street Journal an den international gesuchten Brasilianer Arthur Cesar de Menezes Soares Filho heraus. Er soll 2 Millionen Dollar bezahlt haben, um die Wahl im IOC 2009 zu manipulieren.
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