"Der Sumpf, um den es hier geht, ist weltumspannend", sagte Thomas Kistner im Deutschlandfunk zu den jüngsten Verhaftungen der US-Justiz im Zusammenhang mit dem FIFA-Korruptionsskandal. Die Amerikaner müssten ja irgendwo beginnen. "Und sie tun es auf ihrem Kontinent". Hier könnten sie in vielen Staaten leicht durchgreifen. In Washington sei schon skizziert worden, wie es weiter geht: "Über Lateinamerika und Afrika führt der Weg nach Asien und Europa", betonte der Journalist der Süddeutschen Zeitung.
Zur Zukunft des suspendierten FIFA-Präsidenten Sepp Blatter meinte Kistner, die FIFA-Ethikkommission werde ihn und Michel Platini noch vor Weihnachten wegen der 2 Millionen Schweizer Franken sperren, die Blatter an Platini in der Wahlkampfzeit 2011 gezahlt habe und für die Beide keine schlüssige Erklärung hätten.
Aber auch die US-Justiz habe Blatter definitiv im Visier. Es gehe in einer alten Schmiergeldaffäre um Fragen der Verdunkelung von Geldwäschetatbeständen im Zusammenhang mit dem Bankrott der früheren FIFA-Hausagentur ISL. "Und genauso eine Untreueermittlung gegen Blatter führt ja jetzt schon die Bundesanwaltschaft in der Schweiz", führte der FIFA-Experte an.
Die von der FIFA-Exekutive beschlossenen Reformen wertete Kistner als einen "Witz." Es sei höchst fraglich ob sie kommen, denn sie müssten erst vom FIFA-Kongress, einem "Blatter-Wahlverein", mit einer Dreiviertelmehrheit verabschiedet werden. Das sei aber unwahrscheinlich.
Kistner rechnet damit, dass die Berner Bundesanwaltschaft nun alle sportbezogenen Auffälligkeiten untersucht, da es Überschneidungen zwischen FIFA- und IOC-Funktionären gebe. "Vor allem schlummert in den US-Ermittlungen noch eine enorme Bombe." Denn wenn die Amerikaner wirklich diesen ISL-Fall aufrollten, dann gehe es darin auch um Schmiergelder, die in die olympische Welt geflossen seien, in die Leichtathletik und andere Verbände. "Das wäre dann eine echte Büchse der Pandora."
Das vollständige Gespräch können Sie bis mindestens 5. Juni 2016 nachhören.