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FIFA WM 2030
Gastgeber: Saudi-Arabien?

Nach einem Sommer voller internationaler Fußballturniere startet in knapp 16 Monaten bereits die Fußball-WM der Männer in Katar. Auch das Nachbarland Saudi-Arabien lotet nun eine Bewerbung für die WM 2030 aus.

Von Constantin Eckner |
Mohammed bin Salman, Kronprinz von Saudi-Arabien, am 14. Oktober 2019 bei Gesprächen zwischen Russland und Saudi-Arabien.
Mohammed bin Salman, Kronprinz von Saudi-Arabien (imago images / Russian Look)
Der Boxsport ist in Saudi-Arabien bereits angekommen. In diesen Tagen wird der Aufschrei immer kleiner, wenn große Weltmeisterschaftskämpfe im Königreich ausgetragen werden. Etwa die Promoter des britischen Schwergewichtsstar Anthony Joshua scheinen gute Verbindungen zum Herrscherhaus um Kronprinz Mohammed bin Salman zu haben. Boxkämpfe sind Teil einer großangelegten Strategie.
Guido Steinberg, Nahostexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, erklärt: "Saudi-Arabien versucht seit mittlerweile mehreren Jahren, vor allem seit dem Jahr 2017, Interesse am Land zu wecken. Und das versucht es über soziale und auch kulturelle Reformen. Ein Teil dieser Strategie ist es, Sportgroßereignisse nach Saudi-Arabien zu holen."
Die Machthaber in Riad haben ihre Augen dabei aber nicht nur auf die modernen Faustkämpfer gerichtet, sondern wollen auch bei der globalsten aller Sportarten, dem Fußball, mitmischen. Erste kleine Erfolge waren bereits zu verbuchen: So wurde etwa die Supercopa de España zwischen Atlético und Real Madrid 2019 in der saudischen Hafenstadt Jeddah ausgetragen.

Vorbereitungen für die Bewerbung auf die WM 2030 sind im Gange

Nun soll der große Wurf erfolgen: die Ausrichtung einer Fußball-Weltmeisterschaft der Männer. Konkret geht es um eine Bewerbung um die WM 2030. Bislang haben einige Ausrichtergruppen ihre Intentionen bekannt gemacht – Portugal und Spanien haben ihre gemeinsame Bewerbung sogar schon vergangenen Oktober eingereicht. Einen wirklichen Favoriten gibt es jedoch noch nicht. Vielleicht die Chance für Saudi-Arabien? "Was wir bislang wissen, ist, dass Saudi-Arabien bei der US-amerikanischen Unternehmensberatung Boston Consulting Group eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat. Darin geht es um die Umsetzbarkeit und die Erfolgsaussichten einer Bewerbung", sagt Martyn Ziegler, der für die britische Tageszeitung "The Times" seit vielen Jahren über die internationalen Fußballverbände berichtet.

Vorbild Katar

Die Idee einer Weltmeisterschaftsbewerbung ist indes nicht neu. Angespornt wurde das Königreich durch die erfolgreiche Bewerbung des Nachbarlands Katar, gegenüber dem Saudi-Arabien bis Anfang dieses Jahres eine Blockade verhängt hatte. In Riad wird genau beobachtet, wie Katar vorgeht. Steinberg dazu: "Saudi-Arabien folgt ganz klar dem katarischen Vorbild. Das katarische Vorbild besteht darin, zunächst einmal Großveranstaltungen ins Land zu holen. Aber ein Teil einer solchen Strategie ist es natürlich auch, durch Sponsoring oder sogar die Übernahme von Clubs hier in Europa dieses Vorhaben zu unterfüttern. Es ist leichter zu argumentieren, wir sind eine Sportnation, wenn es da schon Sponsoring oder vielleicht sogar massiven Einfluss auf große Clubs in Europa gibt."
Nach der erfolgreichen Bewerbung um die WM 2022 intensivierte Katar die eigenen Aktivitäten und übernahm etwa 2011 den französischen Top-Club Paris Saint-Germain. Auch die Verbindungen zum FC Barcelona und Bayern München sind gut. Saudi-Arabien versuchte im vergangenen Jahr erfolglos die Übernahme des englischen Traditionsvereins Newcastle United.
Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman bei eine Feier im Dezember 2018 auf dem Luftwaffenstützpunkt König Faisal in Tabuk, Saudi-Arabien
Saudi-Arabien und der Fußball - Brisanter Deal um Newcastle United
Paris St. Germain gibt viel Geld aus Katar aus. Jetzt drängt Saudi-Arabien auf die Fußballbühne: Kronprinz Mohammed bin Salman plant den Kauf von Newcastle United.
Als offizieller Grund wurden damals die Beteiligung der Saudis an illegalem Streaming der Premier League angeführt. Aber gerade seit der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 bestehen grundsätzliche Berührungsängste.
Pikanterweise sehen die aktuellen Überlegungen der saudischen Machthaber rund um eine mögliche WM-Bewerbung vor, einen europäischen Partner als Co-Ausrichter ins Boot zu holen. Damit würden die Saudis versuchen, einigen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Aber wie schon im Fall von Katar blieben viele Bedenken. Ziegler fasst es so zusammen:
"Ich glaube, die WM in Katar macht es unrealistisch, dass Saudi-Arabien die WM schon so bald darauf ausrichten kann. Denn zum einen gibt es die Tatsache, dass die WM im November und Dezember stattfinden müsste. Und zum anderen gibt es so viele Kontroversen rund um die Menschenrechtslage. In Katar ging es vor allem um die Gastarbeiter, weniger um Frauenrechte und politische Rechte. Das wird aber ein noch viel größeres Problem für Saudi-Arabien sein. Es würde Schwierigkeiten bezüglich der Gastarbeiter, aber eben hinsichtlich der Frauenrechte geben. Viele Frauenrechtler sitzen immer noch in Gefängnissen."

Zusatzoption: Mehr FIFA-Weltmeisterschaften?

Übrigens hat Saudi-Arabien auch schon einen Plan B in der Schublade, sollte es mit der Bewerbung um eine reguläre Weltmeisterschaft nicht klappen. Man möchte von der FIFA prüfen lassen, ob nicht Weltmeisterschaften auch alle zwei Jahre ausgetragen werden könnten.
FIFA-Präsident Gianni Infantino, dem enge Verbindungen zu den Saudis nachgesagt werden, hat eine Studie in Auftrag gegeben, die diesen Vorschlag untersuchen soll. Einen Befürworter für die Idee gibt es bereits: Trainerlegende Arsène Wenger, der mittlerweile für die FIFA als Leiter für die globale Entwicklung des Fußballs tätig ist.
Klar ist: Je mehr Weltmeisterschaften ausgerichtet werden, desto größer sind Chancen, dass Saudi-Arabien das prestigeträchtige Turnier ins eigene Land holen wird.