Als der Präsident des südamerikanischen Fußballverbands, Alejandro Dominguez auf einer Pressekonferenz ankündigte, die WM 2030 werde drei Eröffnungsspiele haben und diese würden in Argentinien, Paraguay und Uruguay ausgetragen, kam Verwunderung auf. Denn Dominguez formulierte diesen Satz nicht im Konjunktiv, wie man es für einen laufenden Bewerbungsprozess erwarten konnte, sondern im Indikativ.
Kurze Zeit später wurde klar, das FIFA-Council, die Regierung des Fußball-Weltverbands, hatte das Turnier 2030 kurzerhand faktisch vergeben. Seit der von Korruption überschatteten Doppelvergabe der Turnier 2018 und 2022 nach Russland und Katar sollte das eigentlich nicht mehr vorkommen. Stattdessen sollte der große FIFA-Kongress aller Fußballverbände weltweit entscheiden.
„Taschenspielertrick“ von Gianni Infantino
Doch das Council um Präsident Gianni Infantino schaffte an diesem Mittwochnachmittag Tatsachen. Der Kongress muss die Entscheidung zwar noch bestätigen, das gilt aber als Formalie. Die beiden konkurrierenden Bewerbungen für 2030 wurden quasi zusammengefasst. Spanien, Portugal und Marokko werden das Turnier ausrichten, die drei südamerikanischen Länder bekommen jeweils ein Eröffnungsspiel.
FIFA-Experte Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung sieht darin einen typischen „Taschenspielertrick“ von FIFA-Präsident Infantino, der damit auch eine weltweite Debatte im Vorfeld der Entscheidung für eine WM auf drei Kontinenten vereitelte.
Eröffnungsspiel in Montevideo
Ursprünglich wollten Uruguay, Argentinien und Paraguay gemeinsam mit Chile das Turnier ausrichten in Erinnerung an die erste WM vor dann genau 100 Jahren in Uruguay. Dieser Bewerbung wurden aber kaum Chancen ausgerechnet, weil die europäisch-afrikanische Bewerbung alleine durch die Stimmen der beiden Kontinentalverbände schon mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigt hätte. So kommt es zumindest zum Andenken an die erste WM zu einem Eröffnungsspiel in Uruguays Hauptstadt Montevideo im Estadio Centenario. Auch Argentinien und Paraguay dürfen ein weiteres Auftaktspiel ausrichten. Von Chile war an diesem Tag keine Rede mehr.
Diese Meldung wurde mit Jubel in Südamerika aufgenommen. Luis Lacalle Pou, der Präsident Uruguay schrieb auf X: „Uruguayische Champions! Nach 100 Jahren wird die Welt bei der Eröffnung der WM 2030 wieder auf Uruguay und unser Centenario schauen. Diese Anerkennung wird jenen Pionieren gerecht, die Fußballgeschichte geschrieben haben.“
Und auch Conmebol-Präsident Dominguez sagte bei der Pressekonferenz, er sei sehr glücklich.
Einstimmige Entscheidung im FIFA-Council
Einstimmig seien diese Beschlüsse im FIFA-Council gefallen, lässt die FIFA nachher mitteilen. Der Fußball vereine die geteilte Welt, wird Präsident Gianni Infantino zitiert. Die WM 2030 werde drei Kontinente und sechs Ausrichterländer vereinen, die die ganze Welt einladen „in die Feier des schönen Spiels einzustimmen.“ Einstimmig bedeutet auch, dass DFB-Präsident Bernd Neuendorf mit dafür gestimmt hat. Seit einem halben Jahr sitzt er mit im FIFA-Council.
Dieses Votum werfe aus deutscher Sicht Fragen auf, so Thomas Kistner von der „Süddeutschen Zeitung“ im Deutschlandfunk. Denn die Vergabe der WM 2030 ist „vor allem die Verkündigung einer anderen WM, nämlich der 2034 an Saudi-Arabien.“
Saudi-Arabien erklärt Bereitschaft zur WM 2034
Das FIFA-Council hat nämlich ebenso auf den Weg gebracht, dass sich für 2034 nur Verbände aus Asien und Ozeanien bewerben dürfen. Die drei jetzt an der WM 2030 beteiligten Verbände aus Europa, Afrika und Südamerika scheiden ebenso aus wie der Gastgeber der WM 2026. Das ist Nordamerika mit den USA, Mexiko und Kanada.
Kurz nach Bekanntgabe der Entscheidung wurde bereits auch offiziell bekannt, was seit Monaten ohnehin gemunkelt wird: Saudi-Arabien will das Turnier 2034 ausrichten. Man glaube, die Zeit sei reif dafür, hieß es aus dem Golfstaat.
Weil keine Gegenkandidaturen aus Asien und Ozeanien zu erwarten sind, ist das Turnier praktisch auch schon vergeben. „Auf Saudi-Arabien, in dem Infantinos Buddy, der Kronprinz das Sagen hat, kann man sich heute schon festlegen“, so FIFA-Experte Kistner.
„Das Ende der WM, wie wir sie kennen“
Die Entscheidung sei im Vorfeld bereits abgesprochen gewesen. „Es gibt keine große Entscheidung unter Infantino, die nicht im Vorfeld abgekartet ist und seinen Interessen dient.“ Weil eine WM in Saudi-Arabien aber gigantomanisch, umweltschädlich ist, vor allem aber auch „dem saudischen Großangriff auf den Fußball global Vorschub leistet“, müsse sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf Fragen stellen lassen, warum er mit seinem Votum für die WM 2030 auch den Weg für Saudi-Arabien mitgeebnet habe, so Kistner.
Laute Kritik an der Vergabe kommt von der europäischen Fan-Vereinigung Football Supporters Europe. Die WM 2030 sei schrecklich für die Fans und die Umwelt und rolle Saudi-Arabien mit einer erschreckenden Menschenrechtsbilanz den roten Teppich aus. „Es ist das Ende der Weltmeisterschaft, wie wir sie kennen.“