"Könnten Sie einen wie mich lieben?"
"Ja!"
So begann ihre Geschichte.
"Ja!"
So begann ihre Geschichte.
Die Geschichte, die hier beginnt, ist eine Liebesgeschichte. Eine der schönsten und traurigsten Liebesgeschichten, die das deutsche Kino je erzählt hat. Es ist auch die Geschichte einer Teilung, einer Trennung, bei der sich das Private im Politischen spiegelt. Und umgekehrt.
1961 in Halle. Kurz vor dem Bau der Mauer. Die 19-jährige Rita und der acht Jahre ältere Manfred verlieben sich ineinander und ziehen zusammen. Sie bereitet sich auf ihr Lehrerstudium vor und arbeitet in einem Waggonwerk. Er ist Doktor der Chemie und entwickelt gerade ein neues Verfahren.
In strengen, kühlen Schwarzweiß-Bildern erzählt Konrad Wolfs Film "Der geteilte Himmel" nach der gleichnamigen Erzählung von Christa Wolf von diesem ungleichen Paar.
Während sich Rita hoffnungsfroh in ihrem jungen Leben einrichtet, leidet Manfred unter der Enge und Beschränktheit in der DDR. Manfreds Vater tauschte das Parteiabzeichen der Nazis gegen das der Sozialistischen Einheitspartei. Und der Sohn vermutet, dass sich auch ansonsten in diesem Deutschland nicht allzu viel geändert hat.
"Ziemlich viel Verantwortung als Werkleiter, wie?"
"Ja, aber man gewöhnt sich daran."
"Na klar, wie alles in der Geschichte."
"Ja, aber man gewöhnt sich daran."
"Na klar, wie alles in der Geschichte."
"Der geteilte Himmel" bringt einen fragilen historischen Moment auf die Leinwand. Hier blickt die noch junge DDR im Kino frei und unideologisch auf sich selbst. Und die Figuren sprechen Wahrheiten aus, die so offen bald nicht mehr formuliert werden können. Etwa wenn Manfred, der experimentierfreudige Chemiker, an der Sturheit der Funktionäre verzweifelt.
"Sie wollen mein Verfahren nicht. Na und? Ist doch gut. Ist doch besser als das alte, na und? Wer sagt denn, dass hierzulande nach dem besseren Verfahren produziert werden muss?"
Nach seiner Premiere am 3. September 1964 in Ost-Berlin wurde der Film in der DDR kritisiert, weil Konrad Wolfs junge Heldin Rita der Skepsis ihres Geliebten keinen wirklichen Widerpart gebe. Sie sei zu abwartend, zu passiv. Der Regisseur Konrad Wolf verwehrte sich gegen diesen Vorwurf:
"Und mir scheint Rita deshalb so sympathisch, weil sie nicht gleich sofort mit der Faust auf den Tisch haut. Sondern weil sie erst mit sich selbst ringt, weil sie alles abwägt, um dann auch aktiv zu sein. Es ist eine Unterstellung, dass Rita passiv wäre."
Konrad Wolf zeichnet lebendige, nuancierte, sich suchende und mit sich ringende Figuren. In seinen Schwarz-Weiß-Bildern schwingt die Umbruch- und Aufbruchstimmung der europäischen sechziger Jahre mit.
Noch scheint in dieser DDR alles offen. Das Leben ist voller Widersprüche, auch im Alltag und in den Arbeitsverhältnissen. In der Waggonfabrik herrschen die normalen Missstände der Planwirtschaft. Und wann hat man je wieder einen DDR-Film gesehen, in dem sich Arbeiter in der Pause heimlich Bildchen des französischen Sexsymbols Brigitte Bardot anschauen!
Offen, frei und kühn ist auch die Struktur des Films. Genauso wie der Roman von Christa Wolf erzählt Konrad Wolf in Rückblenden. Es gibt Zeitsprünge, Brüche, ineinander verschachtelte Handlungsstränge. Und der Film fängt an, als eigentlich alles schon vorbei ist.
"So begann ihre Geschichte. Eine banale Geschichte, wenn man will. Übrigens liegt sie hinter ihr."
Konrad Wolfs formale Freiheit missfiel den Kulturfunktionären der DDR. Und im SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" stand 1964 in einer langen, abstrusen, sich nach allen Seiten absichernden Filmkritik zu lesen:
"Die Gefahr, dass die Grenzen des Fassungsvermögens der Zuschauer, die nach wie vor dem Film in großer Anzahl gegenüber treten, überschritten werden, ist groß. Ihre Missachtung hat für die Massenkunst Film destruktive Folgen."
"Der geteilte Himmel" - das ist die deutsche Teilung und die Trennung des Liebespaares. Manfred flieht, enttäuscht von der DDR, in den Westen. Rita folgt ihm - und geht in das Land zurück, das für sie immer noch Heimat ist.
Und das ist das Schöne, Zarte, Traurige an diesem Film: Dass Rita in West-Berlin im Verlust des anderen den Verlust der Heimat empfindet. Und dass ein deutscher Film 1964 diese Trauer erzählen kann, bevor sie von so vielem anderen überlagert wird.
"Vieles gefällt einem, aber man hat nicht die rechte Freude daran. Man ist auf schreckliche Weise allein. Schlimmer als im Ausland, weil man die eigene Sprache hört."