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Film der Woche "BlacKkKlansman"
Ein schwarzer Cop infiltriert den Ku-Klux-Klan

Nicht einmal Regisseur Spike Lee kannte die Story des afroamerikanischen Polizisten Ron Stallworth, der Anfang der 1970er-Jahre in Colorado den Ku-Klux-Klan infiltrierte. Jetzt hat der Begründer das New Black Cinema mit "BlacKkKlansman" einen wütenden Film über den Rassismus in den USA geschaffen.

von Hartwig Tegeler |
    John David Washington als verdeckter Ermittler Ron Stallworth in Spike Lees neuer Film "BlacKkKlansman"
    John David Washington als verdeckter Ermittler Ron Stallworth in Spike Lees neuer Film "BlacKkKlansman" (imago / Focus Features)
    Einmal in "BlacKkKlansman" schauen Mitglieder des rassistischen Ku-Klux-Klan "Birth of a Nation" von 1915. Diesen Meilenstein der Filmgeschichte, formal innovativ, weil Regisseur D. W. Griffith beispielsweise die Parallelmontage als filmisches Mittel etablierte. In seinem rassistischen Machwerk.
    Politischer Diskurs und Blaxploitation
    Das jedoch inszeniert Spike Lee seinerseits jedoch selbst als Teil einer Parallelmontage, wenn er einen alten Afroamerikaner, gespielt von Harry Belafonte, unerträglich genau erzählen lässt, wie ein weißer Mob 1915 seinen Freund lynchte. So wird "BlacKkKlansman" auch zum Diskursfilm, weil sich unterschiedliche Schichten des Rassismus in den USA berühren, auch in ihren Bildern – Kino-Bildern. "BlacKkKlansman" ist politischer Diskurs und auch Blaxploitation – also Kino schwarzen Selbstbewusstseins -, Satire und mitunter saukomisch wie liebevoll selbstironisch. Wenn Ron Stallworth als erster schwarzer Cop in seiner Behörde den Dienst antritt und erst seinen unglaublich imposanten Afro glättet vor einem imaginären Spiegel – kräuselt sich da etwa noch ein Härchen raus? -, wie jemand anders den Sitz der Krawatte kontrollieren würde. Herrlich. Diese Spannbreite zwischen historisch-politischer Realität, die sich mit Wut und Witz, mit Satire und Agitprop,
    "Alle Macht dem ganze Volk!"
    auch an der Absurdität eben der Realität reibt – das macht die Kraft und die Kunst von "BlacKkKlansman" aus, ein Film, der eine Geschichte erzählt, die man,

    "Hallo, hier ist Ron Stallworth."
    Wenn sie sich so nicht zugetragen hätte, wohl kaum glauben würde.
    "Mit wem spreche ich bitte?" - "Hier ist David Duke."
    Alles beginnt – based übrigens on a true story - mit einem Telefonanruf:
    "Großmeister der Ku-Klux-Klan? Der David Duke?"
    Also Ron Stallworth - gespielt von Denzel Washingtons Sohn John David -, damals Anfang der 1970er-Jahre:
    "Soweit ich mich erinnere, was kann ich für Sie tun?"
    zu Zeiten der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Ron ruft aus einer Schnapsidee heraus aus beim örtlichen Ku-Klux-Klan an und legt so los, dass seine weißen Kollegen am Schreibtisch nebenan im Büro den Mund nicht mehr zukriegen. Der afroamerikanische Cop also in der Kontakt-Hotline des Ku-Klux-Klans:
    "Nun, da Sie fragen: Ich hasse Schwarze. Ich hasse Juden. Mexikaner und Iren. Italiener und Chinesen. Aber mein Wort in Gottes Ohr: Am meisten hasse ich diese schwarzen Ratten. Ehrlich gesagt hasse ich jeden, der kein reines schwarzes Blut in seinen Adern hat. - Dann spreche ich mit einem echten weißen Amerikaner. - Gott segne das weiße Amerika."
    Doch die Einladung des Ku-Klux-Klan, in die Organisation der Schwarzenhasser einzusteigen, gestaltet sich, das liegt nun mal in der Natur der Sache bzw. der der Ethnie schwierig, weil Ron eben ein Schwarzer ist. Also braucht der Undercover-Cop ein weißes Alter Ego und bekommt es in Gestalt von Flip Zimmerman – gespielt von Adam Driver.
    Anschlag vereitelt und dennoch kein Happy End
    Am Ende haben die beiden Undercover-Agenten Ron und Flip den Anschlag des Ku-Klux-Klan vereitelt. Happy End? Schon denken wir Kinogänger, gleich Abspann, noch ein schöner Song aus dem Soundtrack, Marvin Gaye, Curtis Mayfield oder die Temptations oder - und dann verpasst uns Spike Lee eine Breitseite, die es in sich hat, indem er umschneidet auf die Aufnahmen aus Charlottesville in Virginia im August 2017 vom Aufmarsch der Rechtsradikalen und dem Ku-Klux-Klan, wo ein Weißer in eine Gruppe von Gegendemonstranten fährt und die 32-jährige Heather Heyer tötet.
    Alles, was Spike Lee erzählt hat aus den 1970ern von diesen grenzdebilen weißen Ariern des Ku-Klux-Klan, von dem unfassbarem rassistischen Hass, von der Lust auf die Vernichtung derer, die man vorher zum Untermenschen deklariert hat, das alles wird des Mantels der Fiktion entkleidet. Der Zeitsprung ins Heute in "BlacKkKlansman" ist gnadenlos wie konsequent. Was sollte Spike Lee auch sonst machen, wenn er nun einmal einen Film über den Rassismus in den USA machen wollte. "BlacKkKlansman" ist ein großer, ein sehr großer und wütender Film!