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Film, Download und Nutzungsrecht

In Berlin sprachen heute Mitglieder der Deutschen Filmakademie und Vertretern verschiedener politischer Parteien über das Urheberrecht im digitalen Zeitalter. Neue Lösungen wurden dabei nicht präsentiert.

Von Jürgen König |
    Vom Bundesjustizministerium war trotz Einladung niemand gekommen. Dabei kündigt Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger seit mehr als anderthalb Jahren mit dem "3.Korb" eine weitere Reform des Urheberrechts an. Ob er wisse, was diesbezüglich im Justizministerium los sei, wurde der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder von der CDU, gefragt.

    "Sie hält das für politisch nicht umsetzbar, und ich sag Ihnen, was ich für den wahren Grund halte. Der FDP geht’s im Augenblick politisch nicht so sonderlich gut. Sie muss um das Überleben kämpfen, da setzt man vielleicht auf die junge Generation... "

    ... und mehr mochte Siegfried Kauder dann doch wieder nicht sagen. Die Debatte versammelte - lebhaft bis erregt - die mehr oder weniger schon bekannten Argumente. Die Urheber, Produzenten, Verwerter verwiesen darauf, dass sie keine Existenzgrundlage mehr hätten, würde das geistige Eigentum im Internet keinen Schutz mehr genießen. Um sehr viel Geld gehe es, sagte Drehbuchautor Fred Breinersdorfer und erinnerte an den Fall des Hauptprogrammierers der Internetplattform kino.to, auf dessen Konto nach seiner Verhaftung 26 Millionen Euro gefunden wurden.

    "Woher kommen diese 26 Millionen Euro? Woher kommen die 50 000 Euro, die der Hauptprogrammierer dieses Ladens jeden Monat verdient hat? Die Antwort ist klar: Das ist dieselbe Quelle, aus der sich Google, Facebook usw. finanzieren, nämlich Werbung. Warum, frage ich die Politiker, greift man nicht die Werbetreibenden an, ich wette, dass dieser Spuk aufhört, wenn ein paar smarte Art-Direktoren auf der Anklagebank sitzen. Das sind die Ströme, die sie unterbinden müssen und nicht die drei, vier Downloads von Kindern vom Schulhof. Da liegen die kommerziellen Interessen, und da baut sich eine Branche der großen, organisierten Kriminalität aus und zwar der internationalen."

    Das sei die wahre "Content-Mafia", wetterte der Regisseur, Autor und Schauspieler Simon Verhoeven.

    "Dieser Begriff wird immer missbraucht – also normale Verwertungsgesellschaften, die Recht an Filmen haltern, werden im Netz und oftmals von Leuten, die den Piraten nahestehen, als Content-Mafia betitelt. Die Content-Mafia sind Leute, die Geld verdienen mit Produkten anderer Leute, für die sie keinen Finger gerührt haben."

    Von Kunst sei viel die Rede im Zusammenhang mit Urheberrechtsfragen und Internet, das aber sei falsch.

    "Nennen wir mal unsere Sachen, die wir machen, nicht Kunst. Dieser Kunstbegriff, dadurch werden wir immer abgewatscht. Kunst, ach das ist doch was so... im Unterricht, in der Schule, das ist doch eigentlich frei zugänglich, ich kann ins Museum gehen... wir machen nicht Kunst. Wir stellen Produkte her. So sollten wir uns verteidigen. Und so sollten wir angreifen in dieser Diskussion, finde ich. Ein Film ist ein Produkt, da sind sehr viele Arbeitsplätze dahinter, Jahre habe ich gebraucht, um meinen Film auf die Beine zustellen, um ihn finanziert zu bekommen – und dann muss man, wenn man den Film ins Kino bringt, mit ansehen, wie am ersten Tag, wo der Film im Kino läuft, der Film bereits im Netz ist."

    Bruno Kramm von der Piratenpartei, selber Musiker und Musikproduzent, fand das Gesagte alles richtig, gab aber gleichwohl zu bedenken, die Zeiten hätten sich nun mal geändert. Wo jeder alleine oder mit anderen gemeinsam Urheber und Produzent in einem sein könne, lasse sich das alte Urheberrecht beim besten Willen nicht fortschreiben. Aber:

    "Was essenziell schon mal ganz wichtig ist, was wir auch immer wieder klarstellen müssen als Piraten: Keiner von uns fordert Gratiskultur, in keiner Form. Uns geht’s um den gerechten Ausgleich zwischen Urheber und Nutzer."

    Wie der aber aussehen könnte, wusste Bruno Kramm nicht zu sagen.

    "Für uns ist nur elementar wichtig, dass, und da kommen wir zu dem Thema Zensur: Zensur ist ein Problem im Internet. Gerade in Gesellschaften, die totalitär sind, wird das Internet wunderbar genutzt, um Menschen zu überwachen."

    Das Thema "Zensur" hielten die Vertreter der Filmakademie wiederum - im Rahmen der Urheberrechtsdebatte – für derzeit völlig überbewertet. Neue Vorschläge, wie man mit urheberrechtlich geschützten Werken im Netz umgehen soll, gab es - jenseits der schon bekannten Ideen Warnhinweise im Netz, pauschale Vergütungsabgaben, Providerhaftung - nicht. Aber für Lösungsvorschläge ist ja auch Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zuständig.