Eine graue Mauer schlängelt sich durchs Meer. Sie verbindet die kleine Insel San Juan de Gaztelugatxe mit der Küste. Von weitem sieht die Mauer fast so aus wie der Schwanz eines Drachens, der im Wasser liegt. Fans von "Game of Thrones" brauchen für diesen Vergleich nicht viel Fantasie; denn in der Serie ist die Insel schließlich "Dragonstone", der Familiensitz der Targaryens. Qi Chuan ist extra hierher gereist, um den berühmten Drehort aus der Nähe zu sehen. Der Chinese studiert in Deutschland, macht aber gerade ein Auslandssemester in Madrid.
"Das ist auch eine spezielle Erfahrung, dass man einmal in der Szene ist, die man aus der Serie kennt."
Eine knappe Stunde dauert der Fußmarsch vom Parkplatz runter zur Küste. Es geht über die graue Mauer zur Insel und dort rund 240 Treppenstufen hinauf. Alles wirke hier deutlich kleiner als in "Game of Thrones", sagt Qi. Die großen Bauten, die in der Serie auf der Insel stehen, sind nur Computeranimationen.
"Es gibt ein sehr großes Schloss auf der Insel. Aber jetzt sieht man nur eine kleine Kirche. Trotzdem ist es sehr schön hier."
Als hätten die Namensgeber der Insel schon geahnt, dass hier einmal Szenen der erfolgreichsten Fernsehserien der Welt entstehen würden. Das baskische Wort "Gaztelugatxe" heißt nämlich "Burg auf dem Felsen".
Wer an der Glocke der kleinen Kapelle dreimal läutet, darf sich etwas wünschen; außerdem werden böse Geister vertrieben. So eine Sage. Álvaro und Maria sind aus Málaga in Südspanien angereist, um diesen Ort zu besuchen. Sie seien riesen Fans der Serie und hätten "Dragonstone" immer schon mal aus der Nähe sehen wollen.
"Ich finde es toll hier, weil es gerade auch nicht so überfüllt ist. So können wir dieses Erlebnis ganz in Ruhe genießen, es ist unglaublich!"
Wer an der Glocke der kleinen Kapelle dreimal läutet, darf sich etwas wünschen; außerdem werden böse Geister vertrieben. So eine Sage. Álvaro und Maria sind aus Málaga in Südspanien angereist, um diesen Ort zu besuchen. Sie seien riesen Fans der Serie und hätten "Dragonstone" immer schon mal aus der Nähe sehen wollen.
"Ich finde es toll hier, weil es gerade auch nicht so überfüllt ist. So können wir dieses Erlebnis ganz in Ruhe genießen, es ist unglaublich!"
Zwischen Fiktion und Realität
Tatsächlich kommen im Frühjahr noch eher wenige Urlauber nach San Juan de Gaztelugatxe, was auch am unberechenbaren Wetter an der spanischen Atlantikküste liegt. Voller wird es im Sommer. Laut Statistiken hatte die kleine Insel vor dem "Game of Thrones"-Hype etwa 2.000 Besucher im Jahr; nach den Dreharbeiten 2017 waren es rund 150.000. Begoña Gangoiti leitet das Tourismusbüro in Bermeo, der Gemeinde, zu der die Insel gehört. Sie sieht die Film-Touristen kritisch.
"Ich war vor zwei Wochen in San Juan de Gaztelugatxe. Ich sah ein junges Mädchen, eine Instagramerin wahrscheinlich. Und sie rief: ‚Oh, schau mal, da ist Dragonstone!‘ Ich drehte mich um und sagte: ‚Nein, nein. Das ist San Juan de Gaztelugatxe, wo Dragonstone gedreht wurde.‘ Die Leute müssen lernen, was Fiktion und Realität ist."
Begoña glaubt, dass die stark gestiegenen Besucherzahlen nicht nur an "Game of Thrones" liegt. Das Baskenland sei schon seit längerem für Urlauber interessant, sagt sie, erst recht seitdem die Terrororganisation ETA 2011 die Waffen niedergelegt und sich im vergangenen Jahr aufgelöst hat. Wer zum Beispiel das berühmte Guggenheim-Museum in Bilbao besuche, mache auch gerne einen Ausflug an die baskische Küste mit einem Stopp in San Juan de Gaztelugatxe. Der Küstenort Bermeo hat sich auf die "Game of Thrones"-Gäste eingestellt. Die Wirte im Ort witterten nach den Dreharbeiten ein Geschäft und versuchten, die Serie mit der berühmten Küche der Region zu verbinden, mit Pintxos, den baskischen Tapas.
"Am 7. Juli 2017, als die siebte Staffel der Serie veröffentlicht wurde, starteten die Barbesitzer eine ‚Game of Thrones‘-Pintxos-Route durch den Ort. In jedem Laden gab es eine andere Pintxo, die immer auf einen Charakter der Serie zugeschnitten war – auf die Familie Stark zum Beispiel."
Begoña glaubt, dass die stark gestiegenen Besucherzahlen nicht nur an "Game of Thrones" liegt. Das Baskenland sei schon seit längerem für Urlauber interessant, sagt sie, erst recht seitdem die Terrororganisation ETA 2011 die Waffen niedergelegt und sich im vergangenen Jahr aufgelöst hat. Wer zum Beispiel das berühmte Guggenheim-Museum in Bilbao besuche, mache auch gerne einen Ausflug an die baskische Küste mit einem Stopp in San Juan de Gaztelugatxe. Der Küstenort Bermeo hat sich auf die "Game of Thrones"-Gäste eingestellt. Die Wirte im Ort witterten nach den Dreharbeiten ein Geschäft und versuchten, die Serie mit der berühmten Küche der Region zu verbinden, mit Pintxos, den baskischen Tapas.
"Am 7. Juli 2017, als die siebte Staffel der Serie veröffentlicht wurde, starteten die Barbesitzer eine ‚Game of Thrones‘-Pintxos-Route durch den Ort. In jedem Laden gab es eine andere Pintxo, die immer auf einen Charakter der Serie zugeschnitten war – auf die Familie Stark zum Beispiel."
Aus Sicht von Stefan Roesch haben die Menschen in Bermeo alles richtig gemacht, indem sie sich Aktivitäten für die Fans von "Game of Thrones" überlegt haben. Roesch ist Fachmann für Tourismus rund um Serien und Filme. Der Deutsche hat mehrere Bücher zu dem Thema geschrieben und einen Doktortitel in Film-Tourismus.
"Es genügt nicht, eine Destination durch einen Kinofilm oder eine TV-Show zu vermarkten, sondern die Problematik liegt darin, dass wenn die Fans kommen, sie ein Erlebnis haben möchten, das irgendwie mit der Filmwelt zu tun hat. Und daran mangelt es meistens. Es geht um Produkte, um Erlebnisse vor Ort, die man den Fans bieten kann."
"Es genügt nicht, eine Destination durch einen Kinofilm oder eine TV-Show zu vermarkten, sondern die Problematik liegt darin, dass wenn die Fans kommen, sie ein Erlebnis haben möchten, das irgendwie mit der Filmwelt zu tun hat. Und daran mangelt es meistens. Es geht um Produkte, um Erlebnisse vor Ort, die man den Fans bieten kann."
Herausforderung und Chance für Spanien
Zum Beispiel Führungen an den Drehorten – idealerweise mit Insidern, die an der Filmproduktion beteiligt waren und erzählen können, was hinter den Kulissen passiert ist. Solche Angebote gibt es zum Beispiel in der katalanischen Stadt Girona und in Sevilla in Andalusien, wo ebenfalls Szenen von "Game of Thrones" gedreht wurden. Spanien habe sich inzwischen gut auf Film-Touristen eingestellt, meint Eugeni Osácar, Film-Tourismus-Experte aus Barcelona.
"Es ist eine Herausforderung und eine Chance, die Spanien hat. Nämlich ein abwechslungsreiches Angebot für Film-Touristen zu schaffen – und zwar für alle diese Urlauber. Denn nicht jeder erwartet das gleiche: Einige wollen allgemein die Stadt sehen, in der ein Film gedreht wurde – andere wollen konkret die Drehorte besuchen und Selfies machen, um diese dann in sozialen Netzwerken zu veröffentlichen."
Im Film-Tourismus steckt viel Potenzial. Dessen sind sich Städte in Spanien bewusst. Doch sie wollen nicht auf Filme oder Serien reduziert werden, denn es können Modeerscheinungen sein. In 20 oder 30 Jahren redet möglicherweise niemand mehr über "Game of Thrones" - über die Schönheiten der baskischen Küste dagegen wohl schon.
"Es ist eine Herausforderung und eine Chance, die Spanien hat. Nämlich ein abwechslungsreiches Angebot für Film-Touristen zu schaffen – und zwar für alle diese Urlauber. Denn nicht jeder erwartet das gleiche: Einige wollen allgemein die Stadt sehen, in der ein Film gedreht wurde – andere wollen konkret die Drehorte besuchen und Selfies machen, um diese dann in sozialen Netzwerken zu veröffentlichen."
Im Film-Tourismus steckt viel Potenzial. Dessen sind sich Städte in Spanien bewusst. Doch sie wollen nicht auf Filme oder Serien reduziert werden, denn es können Modeerscheinungen sein. In 20 oder 30 Jahren redet möglicherweise niemand mehr über "Game of Thrones" - über die Schönheiten der baskischen Küste dagegen wohl schon.