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Film "Uferfrauen"
Lesbisches Leben in der DDR

Keine Vorbilder, keine Orte, Bespitzelung, Diskreditierung: Lesbische Frauen hatten es schwer in der DDR, so Barbara Wallbraun. In "Uferfrauen" erzählen sechs Frauen von ihren Erfahrungen. "Diese Geschichten brauchen einen Platz in der Geschichtsschreibung", sagte die Filmemacherin im Dlf.

Barbara Wallbraun im Gespräch mit Ina Plodroch |
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Kein leichter Weg - ein Ausschnitt aus dem Film "Uferfrauen" (dejavu-film)
"Uferfrauen. Lesbisches L(i)eben. Lieben in der DDR" kommt nach coronabedingten Verschiebungen jetzt in einige Kinos. Das Thema sei nicht zu ihr gekommen, sondern es sei in ihrer Biografie verankert, erzählt Barbara Wallbraun im Dlf, als lesbische Frau, die noch im Osten geboren und sozialisiert worden sei. Mit dem Coming-Out seien die Fragen gekommen, was denn die Frauen in ihrer Region gemacht hätten. "Wie haben sie sich kennengelernt? Haben sie sich dem sozialistischen Familienbild gefügt und Männer geheiratet und Kinder bekommen und ihre Sehnsüchte unterdrückt?"
Die Liebe spüren
Der Film zeige, dass es nicht leicht gewesen sei, in der DDR überhaupt Frauen kennenzulernen oder die eigene Identität festzustellen. Informationen habe es keine gegeben, weibliche Vorbilder hätten gefehlt. Sie habe sich schwergetan, sich einzugestehen, lesbisch zu sein. Wichtig sei es, die Liebe zu spüren, wenn man eine Frau kennenlerne. "Es gab keine Trefforte, wo frau wusste, da kann ich hingehen und eine andere Frau kennenlernen."
Gezielte psychische Zersetzung
"Von der Staatsführung war Homosexualität nicht gewünscht", sagt die Filmemacherin. Die Staatsführung habe von Homosexualität im Land gewußt, habe sie aber nicht öffentlich machen wollen, weil sie in die Heteronormalität nicht reingepasst hätte. Über Anwerbungen seien die speziellen Kreise bespitzelt worden, um etwas über die Szene in der Hand zu haben. "Um aber auch – ganz wichtig – diskreditierende Informationen über einzelne Aktivisten und Aktivistinnen zu sammeln, um gegen die etwas in der Hand zu haben". So seien Falschinformationen an die Öffentlichkeit gelangt, um den Ruf Einzelner zu zerstören oder zu zersetzen - "wirklich diese Menschen psychisch zu zersetzen," erklärt Barbara Wallbraun.
Lesben müssten sich ihrer Geschichte bewusst sein, so die Filmemacherin. Menschen könnten von Lesben lernen, über die deutschen Grenzen hinaus zu erkennen, dass Homosexualität kein Phänomen der Neuzeit sei, "sondern dass schon immer unsere Nachbarin, unsere Freundin, vielleicht auch unsere Großmütter, unsere Mütter lesbisch waren, aber das halt unterdrücken mussten". Es sei wichtig diesen Geschichten zuzuhören, die einen Platz in der Geschichtsschreibung bräuchten.