Friedbert Meurer: Lachen über Hitler kommt also in Mode. Ein Tabu ist wohl gebrochen. Heute Abend strahlt der Westdeutsche Rundfunk im Fernsehen in West3 eine Dokumentation aus, die diesen Trend unter die Lupe nimmt. "Spaß mit Hitler" heißt die Dokumentation und ihr Autor Winnie Gahlen ist jetzt bei mir im Studio. Herr Gahlen, wie viel Spaß haben wir Deutschen mit Adolf Hitler?
Winnie Gahlen: Bisher nicht so richtig viel. Aus dem Grunde tritt ja auch Dani Levy an, uns Deutsche ja das Lachen zu lehren.
Meurer: Und gelingt ihm das?
Gahlen: Ja, das kann ich durchaus sagen. Ich habe gelacht in dem Film, und ich bin sicher, dass eigentlich auch jeder in diesen Film was zu Lachen findet. Und, was ich auch noch dazu sagen muss, das Lachen ist in jedem Fall politisch korrekt.
Meurer: Gibt es Szenen, in denen Ihnen das Lachen vergeht?
Gahlen: Ja klar, aber auch damit spielt Dany Levy eben. Wenn der Jude Grünbaum, von dem Sie gerade erzählt haben, der frühere und spätere Schauspiellehrer Adolf Hitlers, wenn der eben aus dem KZ entlassen wird und zuerst zum Duschen geschickt wird, dann passiert einfach das Ganze, was an Wahnsinn bei uns im Kopf noch lebendig ist. Man sieht den Duschkopf, und man ist heilfroh, dass dann plötzlich wirklich Wasser rauskommt.
Meurer: Wenn man das mal vergleicht, also es gab natürlich schon in den vierziger Jahren Komödien in den USA, Charlie Chaplin, Ernst Lubic, über Adolf Hitler. Wann haben die Deutschen damit begonnen, wann ist dieser Trend in Deutschland losgegangen?
Gahlen: Ernst Lubic ist Deutscher, also insofern den ersten Hitlerfilm gab es selbstverständlich bereits 1942, aber die Nationalsozialisten haben es ja geschafft, den Humor aus Deutschland zu vertreiben, und zum großen Teil ist der dann geballt nach Los Angeles und nach Hollywood gegangen, und von daher ist es kein Wunder, dass die ersten großen Komödien über Adolf Hitler dort in Hollywood entstanden sind eben mit "Der große Diktator" und "Sein oder Nichtsein". Danach kam Mel Brooks, wiederum ein Amerikaner.
Meurer: Aber in den fünfziger, sechziger, siebziger, achtziger Jahre hat es das in Deutschland nicht gegeben.
Gahlen: Die Filme von Mel Brooks sind in den Achtzigern bereits nach Deutschland gekommen, aber bezeichnenderweise hatten sie keinen Erfolg.
Meurer: In Ihrem Film, Sie haben auch, glaube ich, mit Personen gesprochen, die sich den Film angeschaut haben, oder Reaktionen eingesammelt. Wer reagiert wie auf diesen Film?
Gahlen: Ich habe die fertige Fassung, muss ich korrekterweise sagen, bisher noch nicht gesehen. Das, was ich gesehen habe, war eine Arbeitsfassung, und die habe ich eben zusammen mit anderen Journalisten gesehen. Der Journalist an sich geht ja gerne zum Lachen in den Keller, insofern waren die Reaktionen, die ich da erlebt habe, nicht so immens. Allerdings weiß ich vom Hörensagen von anderen Testsituationen, dass eben das Publikum schon an bestimmten Stellen gelacht hat, und die Stellen sind dann natürlich auch intensiviert worden von Dani Levy, der eben nicht mit einem fertigen Film im Kopf rangegangen ist an die Produktion, sondern eigentlich noch während des Schnitts immer wieder Dinge geändert hat.
Meurer: Wie reagieren Juden auf den Film "Mein Führer"?
Gahlen: Ich hoffe, dass die in der Zwischenzeit eine solche gesunde Distanz zu unserer gemeinsamen Geschichte haben wie auch zu ihrer eigenen Geschichte, dass die nicht anders reagieren als jeder andere Mensch auch, weil ich finde, langsam sollten wir so weit sein, dass wir einfach unseren gesunden Menschenverstand sprechen lassen und vergessen, was wir sind, ob wir Juden, Zigeuner oder Neger oder sonst was sind.
Meurer: Dass Sie ja insgesamt eher positiv zu dem Film "Mein Führer" von Dani Levy stehen, dass wäre auch ein Film, der von einem Nichtjuden gemacht werden könnte?
Gahlen: Es ist eine Frage, die ich gestellt habe, und einige Leute waren richtig böse auf diese Frage, und das hat mich gefreut. Das waren nämlich Leute, die überhaupt keinen Unterschied machen zwischen Juden und Nichtjuden, und ich finde, das ist mittlerweile an der Zeit, dass wir so selbstverständlich und normal miteinander umgehen. Ich glaube, es ist für Dani Levy von Vorteil, aber nur, weil sich die Presse nicht auf ihn stürzen kann, und die Presse würde sich auf einen Regisseur stürzen, wenn Helge Schneider selber einen typischen Helge-Schneider-Film machen würde, "Mein Führer", wäre ja auch möglich gewesen, und er hätte selber die Hauptrolle gespielt. Ich bin sicher, dass man Helge in der Luft zerrissen hätte.
Meurer: Sie haben viel auch sich mit Helge Schneider unterhalten, der den Adolf Hitler spielt jetzt im Dani-Levy-Film. Schneider kritisiert jetzt im Nachhinein den Film, es ist jetzt nicht mehr sein Film, sagt er. Ist der Film entschärft worden?
Gahlen: Ich glaube, er war ursprünglich im Ansatz viel inkorrekter. Political Correctness ist ja nicht unbedingt das, worüber man lacht. Wenn man in ein Helge-Schneider-Konzert geht und man hört Helge auf der Bühne mit seinem anarchischem Witz, dann hat es oft genau das Gegenteil von Political Correctness, und ich glaube, im ursprünglichen Drehbuch des Films war der Film weitaus unkorrekter, und Levy hat eben erst am Schneidetisch gemerkt, oh, vielleicht ist es doch ein bisschen zuviel, was ich da den Deutschen zumute und vielleicht muss ich das Ganze ein bisschen entschärfen, und ich denke, das ist genau das, was Helge auch kritisiert.
Meurer: Da es jetzt in Deutschland erlaubt ist, über Hitler zu lachen, Spaß mit Hitler zu haben, so der Titel Ihrer Dokumentation heute Abend, hatte sich da was aufgestaut bei uns Deutschen?
Gahlen: Also ich stelle einfach immer fest, dass es ein Trauma ist bei den Leuten, mit denen ich gesprochen habe. Bei vielen habe ich großes Verständnis dafür, wie zum Beispiel bei Ralph Giordano, der selber einfach mit viel Glück den Nationalsozialismus lebendig überstanden hat. Dass solche Menschen dann wahrscheinlich kaum in der Lage sind, über Hitler oder über den Nationalsozialismus zu lachen, das ist einfach, ja, das sind die Opfer, und vor den Opfern, denke ich, müssen wir auch alle, da müssen wir unseren Hut ziehen und wir müssen mit den Opfern und auch mit den Kindern der Opfer und eventuell auch mit den Kindern, also mit der dritten Generation auch noch, mit denen müssen wir behutsam umgehen, denen können wir nicht einfach ein freches Lachen entgegensetzen, aber Lachen hat ja auch immer ganz viel mit Verständnis zu tun, mit Lockermachen, dass Verkrampfungen sich lösen können. Das ist ja zum Glück die gesunde Funktion, die Lachen auch heute haben kann, und insofern ist Lachen über Hitler, glaube ich, für eine gesunde Gesellschaft sehr wichtig.
Winnie Gahlen: Bisher nicht so richtig viel. Aus dem Grunde tritt ja auch Dani Levy an, uns Deutsche ja das Lachen zu lehren.
Meurer: Und gelingt ihm das?
Gahlen: Ja, das kann ich durchaus sagen. Ich habe gelacht in dem Film, und ich bin sicher, dass eigentlich auch jeder in diesen Film was zu Lachen findet. Und, was ich auch noch dazu sagen muss, das Lachen ist in jedem Fall politisch korrekt.
Meurer: Gibt es Szenen, in denen Ihnen das Lachen vergeht?
Gahlen: Ja klar, aber auch damit spielt Dany Levy eben. Wenn der Jude Grünbaum, von dem Sie gerade erzählt haben, der frühere und spätere Schauspiellehrer Adolf Hitlers, wenn der eben aus dem KZ entlassen wird und zuerst zum Duschen geschickt wird, dann passiert einfach das Ganze, was an Wahnsinn bei uns im Kopf noch lebendig ist. Man sieht den Duschkopf, und man ist heilfroh, dass dann plötzlich wirklich Wasser rauskommt.
Meurer: Wenn man das mal vergleicht, also es gab natürlich schon in den vierziger Jahren Komödien in den USA, Charlie Chaplin, Ernst Lubic, über Adolf Hitler. Wann haben die Deutschen damit begonnen, wann ist dieser Trend in Deutschland losgegangen?
Gahlen: Ernst Lubic ist Deutscher, also insofern den ersten Hitlerfilm gab es selbstverständlich bereits 1942, aber die Nationalsozialisten haben es ja geschafft, den Humor aus Deutschland zu vertreiben, und zum großen Teil ist der dann geballt nach Los Angeles und nach Hollywood gegangen, und von daher ist es kein Wunder, dass die ersten großen Komödien über Adolf Hitler dort in Hollywood entstanden sind eben mit "Der große Diktator" und "Sein oder Nichtsein". Danach kam Mel Brooks, wiederum ein Amerikaner.
Meurer: Aber in den fünfziger, sechziger, siebziger, achtziger Jahre hat es das in Deutschland nicht gegeben.
Gahlen: Die Filme von Mel Brooks sind in den Achtzigern bereits nach Deutschland gekommen, aber bezeichnenderweise hatten sie keinen Erfolg.
Meurer: In Ihrem Film, Sie haben auch, glaube ich, mit Personen gesprochen, die sich den Film angeschaut haben, oder Reaktionen eingesammelt. Wer reagiert wie auf diesen Film?
Gahlen: Ich habe die fertige Fassung, muss ich korrekterweise sagen, bisher noch nicht gesehen. Das, was ich gesehen habe, war eine Arbeitsfassung, und die habe ich eben zusammen mit anderen Journalisten gesehen. Der Journalist an sich geht ja gerne zum Lachen in den Keller, insofern waren die Reaktionen, die ich da erlebt habe, nicht so immens. Allerdings weiß ich vom Hörensagen von anderen Testsituationen, dass eben das Publikum schon an bestimmten Stellen gelacht hat, und die Stellen sind dann natürlich auch intensiviert worden von Dani Levy, der eben nicht mit einem fertigen Film im Kopf rangegangen ist an die Produktion, sondern eigentlich noch während des Schnitts immer wieder Dinge geändert hat.
Meurer: Wie reagieren Juden auf den Film "Mein Führer"?
Gahlen: Ich hoffe, dass die in der Zwischenzeit eine solche gesunde Distanz zu unserer gemeinsamen Geschichte haben wie auch zu ihrer eigenen Geschichte, dass die nicht anders reagieren als jeder andere Mensch auch, weil ich finde, langsam sollten wir so weit sein, dass wir einfach unseren gesunden Menschenverstand sprechen lassen und vergessen, was wir sind, ob wir Juden, Zigeuner oder Neger oder sonst was sind.
Meurer: Dass Sie ja insgesamt eher positiv zu dem Film "Mein Führer" von Dani Levy stehen, dass wäre auch ein Film, der von einem Nichtjuden gemacht werden könnte?
Gahlen: Es ist eine Frage, die ich gestellt habe, und einige Leute waren richtig böse auf diese Frage, und das hat mich gefreut. Das waren nämlich Leute, die überhaupt keinen Unterschied machen zwischen Juden und Nichtjuden, und ich finde, das ist mittlerweile an der Zeit, dass wir so selbstverständlich und normal miteinander umgehen. Ich glaube, es ist für Dani Levy von Vorteil, aber nur, weil sich die Presse nicht auf ihn stürzen kann, und die Presse würde sich auf einen Regisseur stürzen, wenn Helge Schneider selber einen typischen Helge-Schneider-Film machen würde, "Mein Führer", wäre ja auch möglich gewesen, und er hätte selber die Hauptrolle gespielt. Ich bin sicher, dass man Helge in der Luft zerrissen hätte.
Meurer: Sie haben viel auch sich mit Helge Schneider unterhalten, der den Adolf Hitler spielt jetzt im Dani-Levy-Film. Schneider kritisiert jetzt im Nachhinein den Film, es ist jetzt nicht mehr sein Film, sagt er. Ist der Film entschärft worden?
Gahlen: Ich glaube, er war ursprünglich im Ansatz viel inkorrekter. Political Correctness ist ja nicht unbedingt das, worüber man lacht. Wenn man in ein Helge-Schneider-Konzert geht und man hört Helge auf der Bühne mit seinem anarchischem Witz, dann hat es oft genau das Gegenteil von Political Correctness, und ich glaube, im ursprünglichen Drehbuch des Films war der Film weitaus unkorrekter, und Levy hat eben erst am Schneidetisch gemerkt, oh, vielleicht ist es doch ein bisschen zuviel, was ich da den Deutschen zumute und vielleicht muss ich das Ganze ein bisschen entschärfen, und ich denke, das ist genau das, was Helge auch kritisiert.
Meurer: Da es jetzt in Deutschland erlaubt ist, über Hitler zu lachen, Spaß mit Hitler zu haben, so der Titel Ihrer Dokumentation heute Abend, hatte sich da was aufgestaut bei uns Deutschen?
Gahlen: Also ich stelle einfach immer fest, dass es ein Trauma ist bei den Leuten, mit denen ich gesprochen habe. Bei vielen habe ich großes Verständnis dafür, wie zum Beispiel bei Ralph Giordano, der selber einfach mit viel Glück den Nationalsozialismus lebendig überstanden hat. Dass solche Menschen dann wahrscheinlich kaum in der Lage sind, über Hitler oder über den Nationalsozialismus zu lachen, das ist einfach, ja, das sind die Opfer, und vor den Opfern, denke ich, müssen wir auch alle, da müssen wir unseren Hut ziehen und wir müssen mit den Opfern und auch mit den Kindern der Opfer und eventuell auch mit den Kindern, also mit der dritten Generation auch noch, mit denen müssen wir behutsam umgehen, denen können wir nicht einfach ein freches Lachen entgegensetzen, aber Lachen hat ja auch immer ganz viel mit Verständnis zu tun, mit Lockermachen, dass Verkrampfungen sich lösen können. Das ist ja zum Glück die gesunde Funktion, die Lachen auch heute haben kann, und insofern ist Lachen über Hitler, glaube ich, für eine gesunde Gesellschaft sehr wichtig.