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Filmemacher und Musiker
Neues Projekt: Adam Green's Aladdin

Adam Green ist ein Paradiesvogel der US-amerikanischen Musikszene. Seine Musik wurde mit dem Begriff Anti-Folk betitelt: eine dilettantisch wirkende Mischung aus akustischem Instrumentarium und intelligent-pornografischen Texten. Jetzt gibt es ein neues Album, das gleichzeitig auch der Soundtrack zu seinem neuen Film ist.

Adam Green im Corso-Gespräch mit Jan Tengeler |
    Adam Green bei einem Auftritt auf dem Hurricane Festival in Scheeßel.
    Adam Green hat ein neues Album und einen Featurefilm "Adam Green's Aladdin" veröffentlicht. (imago / Future)
    Jan Tengeler: Wo ist die Lampe?
    Adam Green: Die Lampe aus dem Film ist zu Hause in New York sicher aufbewahrt.
    Tengeler: Aber es heißt, Sie hätten sie lange Zeit immer mit sich rumgetragen.
    Green: Ja, das stimmt. Es waren allerdings verschiedene Lampen. Das Tragen der Lampe erinnerte mich immer daran, dass ich diesen Film machen muss.
    Tengeler: Also erst kam die Lampe und dann haben sie den Film gemacht?
    Green: Am Anfang habe ich allen Leuten erzählt, dass ich meine Version von "Aladdin und die Wunderlampe" verfilmen werde, dann habe ich diese alte chinesische Lampe in einem Antiquariat gekauft. Mir gefällt diese Geschichte so gut, weil es eine Liebesgeschichte ist und weil sie einen ideellen Wert hat.
    Der Held entscheidet sich für die Liebe und gegen die Möglichkeit, jeden erdenklichen materiellen Wohlstand zu haben. Ich wollte eine moderne Form dieses Märchens machen und so kam mir die Idee, dass die Lampe ein 3D-Drucker ist. Die Prinzessin ist ein Abbild von Kim Kardashian und der Sultan hat seine eigene Realityshow. Dazu kommt, dass die Requisiten im Film komplett aus bemalter Pappe sind.
    Tengeler: Was sehr beeindruckend ist und es hat mich sehr ans Theater erinnert.
    "Nature of the Clown" gesungen von Adam Green im DLF zum Nachhören.
    Green: Wir haben 30 Räume gebaut und 500 Objekte. Die Schauspieler spielen in diesen Räumen und es wirkt, als wäre es ein lebendiger Cartoon. Das ist übrigens auch eine Reaktion auf die Dogma-Filme um Regisseure wie Lars von Trier in den 1990ern, die haben mich sehr beeinflusst. Da gab es jede Menge Regeln: zum Beispiel dass es keine Requisiten geben darf oder keine Musik, die nicht selbst in dem Film gespielt wird.
    Vorbild: Lars von Triers Dogma-Filme
    Bei mir gibt es auch viele Regeln, aber andere: Bei mir ist nichts real, alles ist Requisite und alles wurde im Nachhinein eingesprochen, dafür haben wir sechs Wochen gebraucht. Trotzdem ist es eine reale, autobiografische Geschichte darüber, wie ich die Liebe auf dieser Erde gefunden habe.
    Tengeler: Es geht aber auch viel um das Verhältnis von Technologie und Realität, um nur eine Sache anzusprechen, der Film ist voller Anspielungen.
    Green: Ja, ich höre oft, dass man den Film öfter sehen muss, um zu begreifen, was dahinter steckt. Es ist nicht unbedingt ein einfacher Film. Die Technologie spielte eine wichtige Rolle, wie im richtigen Leben: Jedes mal, wenn ich ein Smartphone in der Hand habe, fühle ich mich wie in einem Videospiel. Als würde die Technologie unsere Seele einsaugen und dann sehen wir uns über diese ganzen Netzwerke wie von außen. Aber mich fasziniert das auch.
    Ich habe meinen ersten Film ja komplett auf einem Handy gedreht. Ich romantisiere die Technologie, indem ich Beziehungen herstelle zu den Mythen der Bibel und zur römischen Architektur. Wir formen eine neue Zivilisation im Videospiel, aber haben doch immer noch die gleichen Ideale und Ideen.
    "Es sollte sich anhören wie auf einem LSD-Trip"
    Tengeler: Aber auf der Oberfläche geht es doch vor allem um Sex und Drogen?
    Green: Ich wollte auch eine ehrliche Geschichte erzählen.
    Tengeler: Und es gibt viel Musik in dem Film, die jetzt auch als eigenes Album erscheint - haben sich der Film und die Musik parallel zueinander entwickelt?
    Green: Ich habe schon vor vier Jahren ein paar Songs für ein neues Album geschrieben. Aber da arbeitete ich auch schon an dem Film. Tatsächlich ist vieles parallel entstanden. Ich habe viele Songtexte geschrieben, die dann im Film benutzt werden. Es ist so, als ob die Figuren meine Songtexte sprechen würden.
    Mit dem Musikmaterial bin ich dann nach Los Angeles geflogen und habe mit einigen großartigen Musikern das Album aufgenommen. Ich wollte ein psychedelisches Album machen mit viel buntem Kaugummi und weiten Schlaghosen. Es sollte sich anhören wie auf einem LSD-Trip und dabei sehr rhythmusbetont sein. Ein Mischung aus Folk und Funk, ich bin Folkfunk- Musiker.
    Tengeler: Aber es hört sich doch alles sehr organisch an, gar nicht über-technologisiert, ganz ohne Computer.
    Green: Na ja, man nimmt ja auf dem Computer auf, aber darüber hinaus benutzen wir ihn nicht so oft. Vieles ist live entstanden. Nichtsdestotrotz probiere ich viel aus, was den Sound angeht. Man soll nicht unbedingt sofort erkennen, welche Instrumente da eigentlich gespielt werden.
    Wenn man zum Beispiel zehn Gitarren ganz sauber und laut aufnimmt und dann den Klang ein wenig verändert und leiser macht, dann denkt man, es sind Streichinstrumente. So ist es mit all meiner Kunst, egal ob Skulpturen, Film oder Musik. Sie soll mehrdeutig sein und einen so in eine andere Dimension, eine andere Realität versetzen.
    "Fix my blues" gesungen von Adam Green im DLF zum Nachhören.
    Green: Einige der Musiker sind jetzt übrigens auch mit mir auf Tour. "Coming Soon" ist meine Backing Band, wir sind jetzt in Deutschland unterwegs und präsentiere die neuen Stücke.
    Tengeler: Wie sieht die Band genau aus?
    Green: Es sind fünf Musiker und ich komme dazu. Nur Jungs, es ist ein richtiges Rock 'n' Roll Unternehmen. Wir haben einen Bus, mit dem wir durchs Land fahren, wir ziehen das durch, es wird bestimmt cool.
    Tengeler: Eine abschließende Frage: "Fix my blues" ist der erste Song auf ihrem Album. Worum geht es da?
    Green: Mit dem Song beginnt auch der Film, es geht um eine Stadt, eine ganz Welt, die dabei ist, zusammen zu brechen. Die Regierung lügt die Bürger an, die Menschen sperren sich gegenseitig in Käfige. Und wenn sie dann auf dem Sterbebett liegen, fragen sie sich, ob irgendjemand da ist, um das wieder in Ordnung zu bringen.
    In dem Film geht es darum, dass sich die Situation wenigstens für eine Person bessert. Und das ist auch ein Zeichen der Hoffnung. Hoffnung auf Veränderung, Erlösung, anstatt dieser komplett degenerierten Welt zu leben.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.