"Dies ist ein Festival des Mutes, der Freiheit und der Courage", betonte Festivaldirektor Marco Solari bei der Eröffnung der Filmfestspiele von Locarno. Doch das Programm sei in diesem Jahr weniger mutig, als vielmehr vorhersehbar gewesen, sagte Filmkritiker Rüdiger Suchsland im Dlf. Bereits seit einigen Jahren beobachte er in Locarno die Tendenz, dass die Regisseure immer älter werden: "Das ist kein Nachwuchs, das ist nicht das Kino der Zukunft."
In diesem Jahr seien viele Filme recht konventionell gewesen und entsprächen einer bestimmten Form des "Kunst-Mainstreams", der die aktuelle Kinolandschaft auch insgesamt präge: lakonische, langsame Filme, ohne große Handlung, deren Figuren nicht viel mit unserem Leben zu tun hätten. Dazu zählt laut Suchsland auch der preisgekrönte Film des Portugiesen Pedro Costa: "Vitalina Varela" erzählt vom Leben in den Slums von Lissabon. Die Auszeichnung kam für den Filmkritiker wenig überraschend. Andererseits habe sich auch kein anderer Film des Wettbewerbs als Gewinner aufgedrängt, so Suchsland.
Der Filmkritiker lobte hingegen den deutschen Wettbewerbsbeitrag "Das freiwillige Jahr": ein Film von Ulrich Köhler und Henner Winckler über einen Vater-Tochter-Konflikt, der an Maren Ades preisgekröntes Werk "Toni Erdmann" erinnert. "Das freiwillige Jahr" ging in Locarno allerdings leer aus.