Wie schon in den letzten Jahren ist die große Herausforderung die rechte Balance zu finden, zwischen eher anspruchsvollen Autorenfilmen und solchen, die ein breites Publikum finden. Alberto Barbera der bereits 1998 bis 2002 und jetzt wieder seit 2011 Direktor der Filmfestspiele ist, meint, dass diese Balance immer schwieriger wird:
"Die 73. Ausgabe der Filmfestspiele versucht, den Graben zuzuschütten, der immer breiter wird zwischen Autorenfilm und kommerziellem Kino für ein großes Publikum. Viele amerikanische Filme leisten genau diese Synthese zwischen den Angeboten einer der größten Filmindustrien der Welt und den Bedürfnissen der Autoren, die selber weiterhin Filme schauen."
Auch vermutlich deshalb kommen in diesem Jahr besonders viele Filme im Wettbewerb um den begehrten Goldenen Löwen aus Hollywood. Aber natürlich macht‘s die Mischung: Bewährte Regisseure haben ihren Platz, wenn zum Beispiel Wim Wenders antritt mit dem Film "Die schönen Tage von Aranjuez", nach einem Theaterstück von Peter Handke. Oder wenn Emir Kusturica "On the Milky Road" vorstellt, mit ihm selbst und Monica Bellucci in den Hauptrollen und recht opulenten Bildern.
Deutschland ist prominent in der Jury vertreten
Andererseits: Zwölf Regisseure sind zum ersten Mal im Wettbewerb. Außerdem zwei Dokumentarfilme, wobei der Begriff für Terrence Malicks "Voyage of Time" nicht recht passen will: Zehn Jahre hat er daran gearbeitet und es geht um nichts weniger als um die Geschichte des Universums. So bleibt die Auswahl der Filme eine ständige Suche, sagt Paolo Baratta, der Präsident des Festivals.
"Wir verstehen darunter unsere Fähigkeit, zu begreifen, wohin uns die Welt der Künstler führt. Wir müssen in der Lage sein, die Zeit der Künstler, ihre Überlegungen, ihre Schöpfungen als bewusste Momente der Zeit zu begreifen, in der wir leben."
Deutschland ist neben Wim Wenders auch prominent in der Jury vertreten, in der in diesem Jahr, neben dem Präsidenten Sam Mendes, auch die Schauspielerin Nina Hoss sitzt.
Die 20 Filme, die sich um den Goldenen Löwen bewerben, sind in Wirklichkeit nur ein kleiner Teil des Programms am Lido von Venedig. Über 2.900 Filme werden in den kommenden Tagen gezeigt, darunter fast die Hälfte Kurzfilme.
"Ein Festival, das der Idee des Autorenfilms verbunden ist"
Zwei Gewinner gibt es schon jetzt: Der polnische Regisseur Jerzy Skolimowski wird ebenso mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet wie der französische Schauspieler Jean-Paul Belmondo. Gerade große Namen wie diese stehen für Alberto Barbera für die immer neue Faszination des Kinos:
"Wir bleiben ein Festival der Filmkunst, ein Festival, das der Idee des Autorenfilms verbunden ist. Keiner der Wettbewerbsfilme fällt aus dieser Kategorie. Das ist immer der Ansatz: Hinter dem Film steht immer ein Autor. Und es repräsentiert auch die Fähigkeit des Kinos, sich ständig zu erneuern.
Den Auftakt macht übrigens der Film "La La Land" von Damien Chazelle. Der Streifen arbeitet mit Sing- und Tanznummern. Ryan Gosling und Emma Stone geben ein Leinwandtraumpaar – und vor allem ist der Film eine große Liebeserklärung an Hollywood. Auch das ist bezeichnend: In Venedig bespiegelt und selbstvergewissert sich die Filmbranche – ein Grund, warum die Kinobegeisterten in diesen Tagen an den Lido pilgern. Bis zu Verleihung der Löwen am 10. September.