"Für mich bleibt es das Allerwichtigste, dass dieses Festival irgendwie am Leben bleibt. Egal, wer es dann später übernimmt: Jetzt bin ich dieses eine Jahr ausnahmsweise dabei und versuche daran mitzugestalten – für das Kino, für Ägypten. Da geht es mir nicht mehr um persönliche, politische oder sonstige Geschichten."
Marianne Khoury, die Nichte der Regielegende Youssef Chahine genießt als Filmemacherin und Produzentin allgemeinen Respekt. Doch als sie vor zwei Monaten mit der Leitung des Festivals betraut wurde, erschien die Aufgabe, in Rekordzeit ein kriselndes Festival zu konsolidieren, übergroß. Tatsächlich ist das neu aufgelegte CIFF seit Längerem unter Beschuss: Zahlreiche Filmschaffende lehnen das Festivalkomitee ab, das zu großen Teilen dem alten korrupten und bürokratischen System angehört, sowie die Schirmherrschaft eines ineffizienten Kultusministers, der überdies den umstrittenen Verfassungsentwurf von Staatspräsident Mursi unterstützt.
Dazu mischten sich Vorwürfe der unabhängigen Filmemacher, die sich nicht repräsentiert sehen. Ahmad Abdallah, Hala Lotfy, Ibrahim el-Batout und viele andere haben sich an die sozialen Ränder, in den kulturellen Underground, in die Vorstädte begeben, und in ihren letzten Filmen die Revolution quasi vorhergeahnt, zumindest ihre Ursachen klar benannt. Diese Filme - ohne staatliche Unterstützung entstanden, aber international erfolgreich - sind frische Irritationen im erstarrten Kinobetrieb des einstigen Film-Mekkas Ägypten, das aktuell vor allem schematisierte Klamotten und Melodramen hervorbringt. Momentan ist ohnehin kaum mehr drin: Eine neue klare Filmsprache, die sich von der indirekten Symbolik der letzten Jahrzehnte verabschiedet, muss überhaupt erst erlernt werden.
Immerhin eröffnete einer dieser "Unabhängigen" das ganze Festival: Ibrahim Batouts "Winter of Discontent", der bereits in Venedig viel Beachtung erfuhr, erzählt im Wesentlichen die Geschichte eines Journalisten, der unter Mubarak verhaftet, gefoltert und verhört wird - bis schließlich die Revolution ausbricht.
Seit dem Ausbruch der Unruhen kurz vor Festivalbeginn ist die ohnehin angespannte Situation auf dem CIFF nun eskaliert. Das gesamte Event musste um einen Tag verlegt werden. Außerdem liegt das Festival, mit seinen vielen Leinwänden im Gelände der neuen Oper, auf der schicken Nilinsel Zamalek zwar einigermaßen abgeschieden, aber nur einige 100 Meter vom Tahrirplatz entfernt: Da gingen viele lieber demonstrieren statt auf Pressekonferenzen. Mehrere Filmemacher zogen in letzter Minute ihre Filme zurück.
"Ich denke, es geht jetzt um Revolution oder Reform. Ich respektiere diejenigen, die das Festival verbessern möchten. Persönlich halte ich es aber nicht für wirklich wichtig. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo das ganze Land eine tief greifende Krise erlebt. Ich will nur sagen: Es ist eine Schande, jetzt über ein Festival zu diskutieren, während gerade auf den Straßen Menschen sterben."
Für Tamer el-Said, der gerade am Aufbau einer unabhängigen Filmwerkstatt arbeitet, hilft es da auch nicht, wenn man auf der Eröffnungsgala schwarz trug, wenn eine Gedenkminute für die Opfer abgehalten wird und der Festivalpräsident bei seiner Rede nur mühsam Tränen unterdrückte. Während el-Said und andere das ganze Event als deplatziert empfinden, sehen einige zumindest die von Marianne Khoury koordinierte "Cairo Film Connection" - CFC - als sinnvolle Einrichtung an: Hier stellen Regisseure und Produzenten neue Stoffe vor. Dieses ägyptische Kino von morgen zeichnet sich weniger durch revolutionäre Rhetorik aus, als durch eine Hinwendung zu einfachen, bislang verdrängten Alltagsgeschichten. Hierzu Hala Lotfy:
"Obwohl wir das Festival boykottieren und ein Manifest unterzeichnet haben, empfahlen wir allen die Teilnahme am CFC. Es ist eine gute Gelegenheit der Vernetzung für die jungen Filmemacher, die ihre eigene individuelle Stimme ausprobieren möchten. Wir möchten ihnen gerne Chancen außerhalb eröffnen, was in Ägypten bislang kaum stattfand."
Ihren eigenen Film hat Lotfy aus dem Festival zurückgezogen, inzwischen wurde er für die Forumsektion der Berlinale 2013 ausgewählt: "Coming forth by day" schildert eine Dreiecksgeschichte: Mutter und Tochter pflegen den durch einen Schlaganfall gelähmten Vater – eine Metapher des Alten, das wie ein Krake alle Impulse umfängt und lähmt und nun weichen muss.
Marianne Khoury, die Nichte der Regielegende Youssef Chahine genießt als Filmemacherin und Produzentin allgemeinen Respekt. Doch als sie vor zwei Monaten mit der Leitung des Festivals betraut wurde, erschien die Aufgabe, in Rekordzeit ein kriselndes Festival zu konsolidieren, übergroß. Tatsächlich ist das neu aufgelegte CIFF seit Längerem unter Beschuss: Zahlreiche Filmschaffende lehnen das Festivalkomitee ab, das zu großen Teilen dem alten korrupten und bürokratischen System angehört, sowie die Schirmherrschaft eines ineffizienten Kultusministers, der überdies den umstrittenen Verfassungsentwurf von Staatspräsident Mursi unterstützt.
Dazu mischten sich Vorwürfe der unabhängigen Filmemacher, die sich nicht repräsentiert sehen. Ahmad Abdallah, Hala Lotfy, Ibrahim el-Batout und viele andere haben sich an die sozialen Ränder, in den kulturellen Underground, in die Vorstädte begeben, und in ihren letzten Filmen die Revolution quasi vorhergeahnt, zumindest ihre Ursachen klar benannt. Diese Filme - ohne staatliche Unterstützung entstanden, aber international erfolgreich - sind frische Irritationen im erstarrten Kinobetrieb des einstigen Film-Mekkas Ägypten, das aktuell vor allem schematisierte Klamotten und Melodramen hervorbringt. Momentan ist ohnehin kaum mehr drin: Eine neue klare Filmsprache, die sich von der indirekten Symbolik der letzten Jahrzehnte verabschiedet, muss überhaupt erst erlernt werden.
Immerhin eröffnete einer dieser "Unabhängigen" das ganze Festival: Ibrahim Batouts "Winter of Discontent", der bereits in Venedig viel Beachtung erfuhr, erzählt im Wesentlichen die Geschichte eines Journalisten, der unter Mubarak verhaftet, gefoltert und verhört wird - bis schließlich die Revolution ausbricht.
Seit dem Ausbruch der Unruhen kurz vor Festivalbeginn ist die ohnehin angespannte Situation auf dem CIFF nun eskaliert. Das gesamte Event musste um einen Tag verlegt werden. Außerdem liegt das Festival, mit seinen vielen Leinwänden im Gelände der neuen Oper, auf der schicken Nilinsel Zamalek zwar einigermaßen abgeschieden, aber nur einige 100 Meter vom Tahrirplatz entfernt: Da gingen viele lieber demonstrieren statt auf Pressekonferenzen. Mehrere Filmemacher zogen in letzter Minute ihre Filme zurück.
"Ich denke, es geht jetzt um Revolution oder Reform. Ich respektiere diejenigen, die das Festival verbessern möchten. Persönlich halte ich es aber nicht für wirklich wichtig. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo das ganze Land eine tief greifende Krise erlebt. Ich will nur sagen: Es ist eine Schande, jetzt über ein Festival zu diskutieren, während gerade auf den Straßen Menschen sterben."
Für Tamer el-Said, der gerade am Aufbau einer unabhängigen Filmwerkstatt arbeitet, hilft es da auch nicht, wenn man auf der Eröffnungsgala schwarz trug, wenn eine Gedenkminute für die Opfer abgehalten wird und der Festivalpräsident bei seiner Rede nur mühsam Tränen unterdrückte. Während el-Said und andere das ganze Event als deplatziert empfinden, sehen einige zumindest die von Marianne Khoury koordinierte "Cairo Film Connection" - CFC - als sinnvolle Einrichtung an: Hier stellen Regisseure und Produzenten neue Stoffe vor. Dieses ägyptische Kino von morgen zeichnet sich weniger durch revolutionäre Rhetorik aus, als durch eine Hinwendung zu einfachen, bislang verdrängten Alltagsgeschichten. Hierzu Hala Lotfy:
"Obwohl wir das Festival boykottieren und ein Manifest unterzeichnet haben, empfahlen wir allen die Teilnahme am CFC. Es ist eine gute Gelegenheit der Vernetzung für die jungen Filmemacher, die ihre eigene individuelle Stimme ausprobieren möchten. Wir möchten ihnen gerne Chancen außerhalb eröffnen, was in Ägypten bislang kaum stattfand."
Ihren eigenen Film hat Lotfy aus dem Festival zurückgezogen, inzwischen wurde er für die Forumsektion der Berlinale 2013 ausgewählt: "Coming forth by day" schildert eine Dreiecksgeschichte: Mutter und Tochter pflegen den durch einen Schlaganfall gelähmten Vater – eine Metapher des Alten, das wie ein Krake alle Impulse umfängt und lähmt und nun weichen muss.