Der Ball fliegt hin, der Ball fliegt her.
"Baseball wird angeschlagen" - Akzent!
Und wo er landet, das ist, weil er angeschnitten ist, nie klar. Screwball eben. Fachbegriff aus dem Baseball. Fachbegriff aus der Filmgeschichte: Screwball-Comedy.
"Sie haben eine romantische Ader, nicht wahr."
Ja, auch. Ja, aber nicht nur. Und was der Ball denn dann anrichtet, wenn er irgendwo gegen stößt, einen Impuls gibt, etwas in Bewegung bringt...
"Sag, könntest du mich noch einmal küssen, ..."
...puh, schwer zu sagen, was dann passiert.
"... bevor ich die 30.000 kriege."
Etwas passiert aber in jedem Fall in Peter Bogdanovichs Neo-Screwball-Comedy "Broadway Therapy". Jedenfalls sind die Geldsorgen von Izzy, Escort-Girl mit Schauspielerträumen, passé, als sie auf ihren galanten Kunden Arnold trifft. Seines Zeichens Broadway-Regisseur, Schwerenöter, Ehegatte. Der mit der romantischen Ader in diesem Film. Und das kommt - nach vollzogenem Akt zwischen Arnold und Izzy - gespielt von Owen Wilson und Imogen Poots - so:
"Wollen wir zwei was vereinbaren? - Was denn vereinbaren? - Nein, nein, nein, ich fliege heute wieder. Aber, wenn du mir heute Nacht hoch und heilig schwörst, und zwar mit Ehrenwort, dass du das hier nie wieder tust, dann will ich dir 30.000 Dollar geben. Vielleicht hilft es dir, mit der Schauspielerei anzufangen."
Nur war nicht geplant - so ist das eben mit den angeschnittenen ´screwballs´ -, dass Izzy ausgerechnet bei Arnold für eine Rolle vorspricht und dabei seine Ehefrau Delta, die Hauptdarstellerin des Broadway-Stücks, vollkommen entzückt.
"Jetzt sag mir, was du gegen sie hast? - Wer sagt, dass ich was gegen sie habe. Ich will nur nichts überstürzen."
Ach nee?! War übrigens nicht die einzige Prostituierte, der Arnold ein nicht zurück zu zahlendes Existenz-Gründungs-Darlehen gab. Es treten des Weiteren auf: der Autor des Broadway-Stückes, Lebensgefährtin von Izzys Psychotherapeutin, mit dem Izzy bald was hat, dann ein penetranter Verehrer, der einen Privatdetektiv anheuert, der Vater des Autors des Stückes. Und dann ... kurzum: der chaotische Reigen kommt heftig in Fahrt.
"Cheek to Cheek"
Verwicklungen, Pointen, Timing - sehr gutes, ohne Frage -, Wortwitz. Geht´s perfekter? Nun ist Perfektion allerdings ein gefährlicher Begriff im Kino. Also: "Broadway Therapy" ist eine gut geschmierte Screwball-Liebeskomödie, die den Geist der 30er, 40er Jahre atmet. Vor Howard Hawks, Frank Capra und Ernst Lubitsch, den großen Screwball-Meistern, verbeugt sich inzwischen 76-jährige Peter Bogdanovich tief, so wie er das schon 1972 mit "Is´ was, Doc?" getan hat.
Alles läuft, wie gesagt, wie geschmiert. Imogen Poots ist entzückend, Ryhs Ifans als Schauspieler-Star-Zicke nicht minder; Jennifer Aniston als durchgeknallte Therapeutin ebenfalls sehr komisch. Und Owen Wilson baut mit der Rolle des selbstverliebten Regisseurs genussvoll die nervöse Stadtneurotiker-Attitüde aus, die er schon vor vier Jahren bei Woody Allen in "Midnight in Paris" zelebrierte. Zitatenreich atmet "Broadway Therapy" Filmgeschichte, ist elegant, komisch, böse und blickt gleichzeitig liebevoll auf die Unzulänglichkeiten des Menschen.
Aber "Broadway Therapy" ist am Ende vor allem ein "süßes Nichts", in dem es um nichts geht. Leider auch nicht um die Gefühle, die die Personen zueinander hegen. Als ob die Figuren nur Marionetten im Spiel des Filmemachers sind, als ob der Film "Broadway Therapy" quasi angetrieben wird, nur von der Idee einer perfekten Screwball-Inszenierung. Fast beruhigend, das so etwas zwar blendend unterhält, aber nicht berührt. Leider ist "Brodway Therapy" nicht der große Wurf, den wir Bogdanovich nach all den Jahren Kinopause gewünscht hätten.