"Es geht um die Kunst. Es geht um die Ideale."
Und es geht vor allem um den großen Schwindel im Business, den der Filmemacher Jan Bonny und der Künstler Axel Wissel in zehn filmischen Skizzen im Haus der Kunst ausstellen. Faszination zur Vernissage am Sonntagmittag:
"Es ist für mich etwas ganz überraschend Neues, was ich vorher in der Art noch nie gesehen habe."
Die ersten Besucher staunen, sind aber auch irritiert:
"Ich habe jetzt den Sinn, der dahinter steckt, noch nicht überrissen."
Ganz anders beim Schauspielprofi Joachim Król, der in diesem skizzenhaften Filmformat der Perfektion auch mal ein Schnippchen schlagen darf.
"Kleines Team, schnell gemacht, gute Laune, zack, zack. Das war die Idee. Und jetzt sind wir im Haus der Kunst. Also ich fühle mich wunderbar."
Den Filmen sieht man es dann auch an: die Improvisation, die Spielfreude, die Ironie, der Wahnwitz und das Augenzwinkern. Neoliberalismus in der Kluft zwischen Joseph Beuys und Helge Achenbach.
Die Filme laufen auf Flatscreens mit Kopfhörern und in einem großen Vorführsaal. Dazwischen hängen fotorealistische Buntstiftzeichnungen an den Wänden, natürlich im Kinoplakatformat, vom Künstler Alex Wissel:
"Hier ist dieses berühmte Multiple von Joseph Beuys über diesem Reclam-Heft von Immanuel Kant "Kritik der reinen Vernunft". Da hat er diesen Stempel drauf gemacht: Ich kenne kein Weekend. Und diese Maggi-Gewürzdose gehört auch noch dazu. Das habe ich kombiniert mit diesem Campo Bahia, das war dieses Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft 2014. Das hat sich auch der Helge Achenbach ausgedacht. Da hing auch Kunst. Er hatte sozusagen die Idee, dass Kunst inspirierend sein soll, bis an Jogi Löw und Oliver Bierhof verkauft."
Joachim Król: "Das mit dem Weltpokal zum Beispiel, mit Schweinsteiger, die Szene."
Rheingold-Szene: "Jetzt Schmerz, hier Blut, hier ist ja noch was."
Joachim Król: "Das ist ja eine Probensituation, wie man sie vom Theater kennt. Man hat den Text angelernt, man schmeißt sich rein, der Regisseur ruft Stichworte auf die Bühne, man improvisiert, lacht sich kaputt. So arbeite ich eigentlich gerne."
Rheingold-Szene: "Weißt du, was authentisch ist? Das ist authentisch."
Die große Bühne - Kunst- und Filmindustrie. Was aus diesen Filmskizzen wird, ist noch ungewiss. Kino, Serie, Künstlerfilm? Alles möglich. Der Titel steht: Rheingold. Hoch gegriffen und offen für Interpretationen: wortwörtlich oder Wagner. Egal. In den Filmen steht die Kunstwelt jedenfalls auf dem Kopf.
Jan Bonny: "Da ist gerade Joachim Król im Brunnen."
Axel Wissel: "Da nehmen wir tatsächlich ein bisschen Bezug auf Rheingold."
Jan Bonny: "Eine super verspielte, halb-seriöse Szene: Das haben wir ganz am Ende als Jux gedreht."
Alex Wissel: "In dem Wagner-Rheingold ist es ja so, dass der Zwergenkönig Alberich sozusagen der Macht des Rheingoldes erliegt und deshalb der Liebe abschwört. Nur weil er der Liebe entsagt, kann er auch das Rheingold bekommen."
Kiffen im Museumsgarten. Joachim Król mit Königskrone aus Pappe vom Fastfood-Giganten, Bibiana Beklau barbusig herumalbernd im Springbrunnen.
Bibiana Beglau: "Es sind Skizzen. Wir kennen das eigentlich aus der Kunst: Man zeichnet etwas, das dann später ein Ölgemälde wird. Man kennt es aus der Literatur: Man schreibt mal etwas als Entwurf und vielleicht wird da ein Roman draus oder es sind Skizzen für Figuren. Und so gibt es das eben im Film auch."
Richard Wagner im Trash-Format, Joseph Beuys als Flaschengeist des Helge Achenbach - der ewige Joker im Kunstbetrieb.
Rheingold-Szene: "Du hast doch selber gesagt: Jeder ist ein Künstler. Der Staat kann Leistungen kürzen, weil die Kunst so stark ist. New Labor. Life-Work-Balance. Davon habt ihr doch immer geträumt. Die jungen Leute, die wollen gar keine Verträge mehr. Das ist jetzt alles ganz frei."
Für den 1979 geborenen Filmemacher Jan Bonny steckt in seinem Rheingold die ganz große Gesellschaftssatire: Als Kir Royal in Westdeutschland bezeichnet er selbst dieses formatoffene Projekt. Wohin damit die Reise geht, ist noch unklar: Kino, Fernsehen oder doch lieber Museum.
Jan Bonny: "Ach, das schließt sich ja überhaupt nicht gegenseitig aus. Das ist ja das Schöne. Ich glaube, das, was mir Spaß macht, ist, dass man sich relativ frei dazwischen bewegen kann. Ich mag Fernsehen gerne. Ich mag das Populäre am Fernsehen gerne. Das ist ja immer noch ein irres Medium, mit dem man dann mit so einem Film sechs, sieben, acht Millionen Leute erreicht."
Jan Bonny fühlt sich in vielen Genres zuhause. Gefeiert wurde er erst kürzlich für seinen Polizeiruf "Der Tod macht Engel aus uns alle". Er dreht aber auch Musikvideos, wie zuletzt für die Düsseldorfer Kraut-Pop-Band "Stabil Elite".
In Rheingold taucht dann auch der Darsteller des Münchner Polizeiruf-Kommissars Matthias Brandt auf und singt im Abspann schön schräg die Lorelei.
Rheingold-Szene: "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten. Dass ich so traurig bin. Ein Märchen aus uralten Zeiten. Das kommt mir nicht aus dem Sinn."
"Ich fand es ganz großartig! So eine Verbindung zwischen Film und Museum, das hat mir sehr gut gefallen."
Museum, Film und Fernsehen, Kunst. Am Ende hat das Ganze fast etwas von einem modernen Märchen - einem Großstadtmärchen aus dem Kunstzirkus. Geht irgendwie alles zusammen. Läuft! Für Joachim Król auf jeden Fall.
"Gestern Abend war ich in Essen in der Philharmonie auf der Bühne, heute im Haus der Kunst: Ich hab einen Lauf. Nein, das ist klasse! Das sind Zusammenhänge, die ich liebe. Ich versuche ja immer aus der Routine, aus dem Trott rauszukommen, dass man nicht diesen Fernsehtunnelblick hat, dass man links und rechts sieht, was es noch so alles gibt."