"Männer gibt es dünn und dick, groß und klein und kräftig. Andere wieder schön und schick, schüchtern oder heftig. Wie er aussieht, mir egal, irgendeinen trifft die Wahl."
Das Image der frivol-verruchten blonden Unschuld in dem 1929 gedrehten Filmklassiker "Der Blaue Engel" blieb Marlene Dietrich ein Leben lang erhalten. Als sie am 6. Mai 1992 in ihrer Pariser Wohnung im Alter von 91 Jahren starb, war sie den großen internationalen Bühnen der Welt schon über 16 Jahre lang fern geblieben. Als einer der größten weiblichen Stars des letzten Jahrhunderts wollte sie in selbst gewählter Isolation der Öffentlichkeit ihr Altwerden verbergen, um den eigenen Mythos nicht zu zerstören. Lediglich der Schauspieler-Freund Maximilian Schell durfte für seine Oscar-nominierte Dokumentation "Marlene" rund 40 Stunden Tonaufnahmen mit ihr machen. Diese 1984 teilweise veröffentlichten Interviews spiegeln alles andere als die Selbstverliebtheit einer Diva und Legende wider.
"55 Bücher sind über mich geschrieben worden, also bitte, denken Sie nicht, dass ich die Bücher lese, um von mir zu lesen, wie wunderbar ich war. Ich gehe mich einen Dreck an." — "Ist das nicht eine gewisse Heimatlosigkeit?" — "Nö, ist alles Quatsch, Heimatlosigkeit! Das ist doch Courths-Mahler, nein wirklich, bitte! Ich habe solche kitschigen Gefühle überhaupt nicht. Ich bin doch deutsch geboren."
Erziehung mit preußischen Drill
Mit preußischem Drill wurde sie von ihrem Vater, einem Berliner Polizeioffizier, und ihrer Mutter, die einer angesehenen Juwelierfamilie entstammte, erzogen. Die 1901 in Schöneberg geborene Marlene lernte früh Klavier und Geige und genoss die Betreuung einer französischen Gouvernante:
"Ich war ein Kind aus guter Familie, wurde gut erzogen mit guten Manieren. "
Nach dem erfolgreichen Abschluss an der Max-Reinhardt-Schauspielschule erhielt Dietrich schnell kleinere Theater-Rollen. Nebenher warb sie mit ihren auffallend langen Beinen in Zeitungsanzeigen für strapazierfähige Netz-Strümpfe, was ihr im vergnügungssüchtigen Berlin der 20er-Jahre bald Engagements als Tänzerin in Varietés und Kabaretts einbrachte.
In einem dieser Tingeltangel-Etablissements sah sie eines Abends Regisseur Josef von Sternberg, der sie zu Probeaufnahmen für seinen Film "Der Blaue Engel" nach Heinrich Manns Roman "Professor Unrat" einlud:
"Film 701, Sternberg - Frau Dietrich 195, Aufnahme 3" - "Mensch, was fällt Dir eigentlich ein? Soll das Klavierspielen sein? Zu dem Dreck soll ich singen? Wie auf dem Waschtrog, aber nicht hier, verstehste? Dussel!"
Eine Berühmtheit über Nacht
Begeistert von ihrem unterkühlten Charme und ihrer schnoddrigen Berliner Schnauze, engagierte er Dietrich für die Rolle der Nachtklub-Sängerin Lola Lola, die den bieder-pedantischen Gymnasial-Lehrer Professor Unrat, gespielt von Emil Jannings, in eine schwere Lebenskrise stürzt. Der Film wurde ein Welterfolg und Dietrich dank ihrer begeisternden Lola-Darstellung und ihrer Interpretationen der frechen Filmsongs von Friedrich-Holländer über Nacht weltberühmt.
"Ich bin die fesche Lola"
"Ich bin die fesche Lola, der Liebling der Saison ... "
Mit von Sternberg ging sie nach Hollywood, wo ihr Entdecker sie endgültig zum Star machte. Neben Gary Cooper drehte sie ihren ersten amerikanischen Film "Marokko", in dessen berühmtester Szene sie als Mann verkleidet eine Frau küsst. Damit kürte sie sich zu einem neuen Sexsymbol mit androgynem Touch. Ihr Markenzeichen: verschleierter Blick und kühle, zugleich verführerische Distanz in strengem, eleganten Outfit.
Filme wie "Entehrt", "Blonde Venus" und "Der Teufel ist eine Frau" festigten ihren Ruf als femme fatale und machten sie zur Stilikone der 30er-Jahre.
Als entschiedene Nazigegnerin engagierte sie sich während des Krieges als Truppenbetreuerin der US-Armee, was ihr später im Nachkriegsdeutschland wenig Sympathien einbrachte.
Bis heute unvergessen
Nach dem Krieg spielte sie in Filmen von Billy Wilder und Alfred Hitchcock und startete Mitte der 50er-Jahre, als die Filmangebote spärlicher wurden, eine neue Laufbahn als erfolgreiche Sängerin:
"Sag mir wo die Blumen sind"
Als sie 1975 bei einem Konzert in Sidney sich durch einen Sturz den Oberschenkel brach, beendete sie auch diese Karriere. Der Mythos Marlene aber blieb.