Geplante Grundgesetzänderung
Finanz-Pläne von Union und SPD: moralisch verwerfliches Verfahren, aber juristisch in Ordnung?

Die Finanzierungspläne von Union und SPD für Verteidigung und Infrastruktur sorgen weiter für politische Diskussionen. Die Parteien wollen über die dafür notwendige Grundgesetzänderung noch im alten Bundestag abstimmen lassen. Denn im neu gewählten Parlament kommen "Die Linke" und die AfD zusammen auf eine Sperrminorität. Beide Parteien stellen bereits juristische Schritte in Aussicht.

    Markus Söder (CSU), Friedrich Merz (CDU), Lars Klingbeil und Saskia Esken (beide SPD) geben eine Pressekonferenz zu den Sondierungsgesprächen zwischen der Union und der SPD.
    Gegen die von Union und SPD geplante Grundgesetzänderung für das Sondervermögen regt sich Widerstand (Archivbild). (picture alliance / dpa / Carsten Koall)
    Die Partei "Die Linke" erwägt, das Bundesverfassungsgericht einzuschalten. Der Co-Fraktionsvorsitzende Pellmann sagte im Deutschlandfunk, man prüfe derzeit, mit welcher Art von Streitverfahren das möglich sei. Seine Partei halte es für falsch, die Entscheidung von einem Bundestag treffen zu lassen, der de facto nicht mehr im Amt sei. Das sei ein "Missbrauch der alten Mehrheiten". Pellmann argumentiert zudem, das das bereits verabschiedete Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro völlig ausreichend sei.
    Die AfD hat bereits angekündigt, eine Klage vor dem Verfassungsgericht zu prüfen. Es gebe eine ganze Reihe verfassungsrechtlicher Bedenken, ob der 20. Bundestag in der angedachten Form überhaupt über eine solche langfristige, haushalterische Bindung des 21. Bundestages entscheiden dürfe, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Baumann.
    Die Grünen lassen ihre Zustimmung zum Finanzpaket von Union und SPD noch offen. Co-Fraktionschefin Dröge erklärte, ihre Partei habe noch eine Reihe von Fragen. Es sei womöglich klüger, eine grundsätzlichere Reform der Schuldenbremse anzugehen.

    Früherer Verfassungsrichter Di Fabio: Altes Parlament bis zur Neu-Konstituierung voll handlungsfähig

    Der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht, Di Fabio, ist mit Blick auf ein mögliches Verfahren in Karlsruhe skeptisch. Es sei unter Verfassungsrechtlern unumstritten, dass der alte Bundestag nach der Wahl innerhalb der 30-Tage-Frist bis zu seiner Neukonstituierung voll handlungsfähig sei. "Der Bundestag ist nicht beschränkt in seiner Kompetenz, auch was Verfassungsänderung angeht." Zudem liege es im Ermessen der Parlamentspräsidentin, ob sie die Abstimmung über die Grundgesetzänderung zulasse. Die Argumentation mit einer politischen Notlage etwa hält der Rechtsexperte vor dem Hintergrund der derzeitigen Krisen für vertretbar.
    Auch der frühere Präsident des höchsten deutschen Gerichts, Papier, hält es für verfassungsgemäß, eine Änderung der Schuldenregeln im Grundgesetz vom noch amtierenden Bundestag beschließen zu lassen. In den Zeitungen der Funke Mediengruppe verwies er auf Artikel 39 des Grundgesetzes, wonach die Wahlperiode mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages endet. "Der jetzt amtierende Bundestag ist also noch in vollem Umfang demokratisch legitimiert", betonte Papier.
    Der Bundestag wird sich am 13. und 18. März mit den von Union und SPD vereinbarten Vorhaben befassen. Dabei geht es neben der geplanten Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben um das angestrebte Sondervermögen von bis zu 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur.
    Diese Nachricht wurde am 07.03.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.