Wie gut war das Jahr 2019 für Aktienbesitzer?
Heute wird ja noch einmal fünf Stunden gehandelt, bis 14 Uhr, bis der offizielle Schlussstrich gezogen wird. Aber tatsächlich ändert der heutige Handelstag nicht mehr viel an einer Bilanz, die sich sehen lassen kann. Beim Deutschen Aktien-Index, in dem die Schwergewichte der deutschen Wirtschaft geführt werden, ging es um rund 25 Prozent nach oben, trotz Handelsstreits zwischen den USA und China und den USA und der EU und trotz der schier endlos wirkenden Diskussion um den Brexit, den geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU. 25 Prozent ist wirklich viel. Es ging aber 2019 noch besser: Am vergangenen Freitag wurde ja schon ausgiebig darüber informiert, dass der Index für die Nebenwerte, für die mittelschweren Unternehmen, der M-DAX, in diesem Jahr die Nase vorn hat mit einem Anstieg um rund 30 Prozent.
Die Deutschen gelten ja als Aktienmuffel. Sollten sie dieses Verhalten ändern?
Das ist ja eine Forderung, die schon seit längerem laut wird. Selbst die Verbraucherverbände weisen immer wieder darauf hin, dass ein Teil des Geldes in Aktien investiert werden sollte, sofern man denn Geld zum Anlegen hat. Empfohlen werden Sparpläne, die beispielweise den DAX oder eben den M-DAX abbilden. Und die auf dem Aktienmarkt Beteiligten, die rühren eh die Werbetrommel und verweisen darauf, dass die Scheu der Deutschen vor dem Aktienkauf unbegründet sei. Denn langfristig angelegt seien Aktien eben gar nicht riskant.
Und stimmt diese Behauptung?
Mit Einschränkung stimmt das tatsächlich. Schauen wir auf die zurückliegenden zehn Jahre, dann ging es seit der Finanzmarktkrise stetig nach oben bei allen großen Indices in Deutschland. Übrigens auch hier ganz vorne mit dabei, der M-DAX. Selbst weltweit betrachtet reicht das Plus hier für Platz 2 im 10-Jahres-Vergleich. Nur der Nasdaq 100, der Index für die Technologiewerte an der Wall Street, hat sogar noch mehr zugelegt.
Der Punkt aber ist: Schauen wir auf die erwähnte Krise auf den Finanzmärkten und die Weltwirtschaftskrise ab 2007. Habe ich Geld, das ich übrig habe, einfach nur angelegt, kann ich so eine Krise aussitzen und warten, bis sich der Markt wieder erholt hat. Habe ich es für die Altersvorsorge angelegt, kann ich das Geld oft nicht einfach liegen lassen, ich brauche es, gleichgültig, wo der Aktienkurs gerade liegt. Kurzum, generell trifft die Aussage zu, selbst über mehrere Jahrzehnte hinweg betrachtet steigen Aktien, aber für den Einzelfall, für den Moment, an dem ich an das Geld ran muss oder will, muss das nicht gelten. Und das sorgt eben verständlicherweise für Zurückhaltung.
Wie muffelig sind die Deutschen, wenn es um die Geldanlage auf dem Aktienmarkt geht?
Diese Wachstumszahlen motivieren tatsächlich schon mehr als bisher auch mal ins Risiko zu gehen, nachdem bei vielen ja immer noch im Hinterkopf das Desaster mit der als "Volksaktie" angepriesenen Telekom-Aktie als warnendes Beispiel präsent ist. Seitdem lassen ja viele Aktien links liegen. Und dass die Börse kein Handelsplatz ist, an dem alles als solide bezeichnet werden kann, wissen wir auch. Das ist ein Spekulationsplatz, an dem immer mehr das große Geld, die Investmentfonds, die Regeln bestimmen. Ist auch nicht vertrauenswürdig.
Aber es locken halt Rendite und Gewinne. Es gibt viele Umfragen, eine kommt ganz frisch vom Bundesverband Deutscher Banken, und danach steigt die Zahl der Aktienbesitzer. 35 Prozent der Bundesbürger, die Geld anlegen, entscheiden sich inzwischen für Aktien, so der Verband am Wochenende. 35 Prozent, die Zahl kann aber nicht darüber hinwegtäuschen: Schauen wir auf all das angelegte Geld der privaten Haushalte, dann steckt nur ein Bruchteil davon in Aktien. Es dominieren immer noch Giro- und Tagesgeldkonten oder Sparbücher, also Geldanlageformen, auf die bei Bedarf schnell zugegriffen werden kann.