6,3 Milliarden Euro, soviel wie noch nie, nahm der Staat voriges Jahr aus der Erbschaftssteuer ein. Das waren 15,4 Prozent mehr als 2014.
Der steile Anstieg erklärt sich vor allem daraus, dass auch 2013 und 2014 schon viel Vermögen an die nächste Generation weitergegeben wurde. Die Steuerbescheide konnten aber erst 2015 zugestellt werden. Die Arbeitsbelastung der Finanzämter rührte daher, dass sehr viele Deutsche schon 2013 und 2014 Vermögen verschenkt oder vererbt haben. Sie wollten noch von den alten Erbschaftssteuergesetzen profitieren, die das Verfassungsgericht erst im Dezember 2014 für verfassungswidrig erklärt hatte.
Achim Truger, der an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin Volkswirtschaft lehrt, weiß, dass sogar minderjährige Kinder mit Betriebsvermögen beschenkt wurden:
"Weil man das Betriebsvermögen dann im günstigsten Fall steuerfrei verschenken kann, wenn der Begünstigte über kein eigenes Vermögen verfügt. Und nun sind natürlich gerade minderjährige Kinder üblicherweise noch nicht vermögend. Und dann können Sie also mit einer ganz geringen Belastung oder im Zweifel sogar mit gar keiner Steuer Millionen, auch hunderte Millionensummen an Firmenvermögen verschenken."
Vermögen in der Familie halten
Der Grund: Betriebsvermögen soll in der Familie bleiben. Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Chemieverbandes, weiß, dass das seinen Mitgliedern wichtig ist:
"Wenn man das mit USA vergleicht, da sieht's so aus, dass nur zehn Prozent steuerfrei sind. Und das, was dann nachher übrig bleibt, davon muss 50 Prozent Steuern bezahlt werden. Und das führt in den USA dazu, dass dort Kleinunternehmen ständig irgendwie verkauft werden, weil die Leute nicht das Geld haben, die Steuern aufzubringen."
Reformziel erneut verfehlt?
Die Chance ist gegeben, dass es in Deutschland nicht so kommt wie in Amerika. Der Berliner Volkswirt Truger hat in einer heute vorgelegten Studie für die Bürgerbewegung Campact ermittelt, dass das neue Erbrecht die Vorgaben des Verfassungsgerichts wohl kaum erfüllen dürfte:
"Was ich nur ökonomisch beurteilen kann, ist, dass im Ergebnis es kaum zu einer Mehrbelastung kommt und in vielen Fällen wahrscheinlich sogar zu einer Minderbelastung. Insofern, meinem Gefühl nach, wird den Auflagen nicht nachgekommen."
Im vorigen Jahr, so heute das Statistische Bundesamt, wurden Vermögen von 102 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt. 35 Milliarden Euro waren steuerpflichtig.