Es war schon mutig: Am Freitag vergangener Woche, nach tagelangen Turbulenzen an den Finanzmärkten, wagte sich ein Unternehmen an die Börse, Knorr-Bremse nämlich, weltgrößter Hersteller für Bremssysteme bei Schienen- und Nutzfahrzeugen. Sorgen habe er sich nicht gemacht, ob in diesem Umfeld die Neuemission gelingen würde, sagte dessen Chef Klaus Deller, nachdem er und seine Kollegen ausgiebig die Börsenglocke geläutet hatten:
"Überhaupt nicht. Wissen Sie, Börse ist eine Momentaufnahme, so ein Tageskurs. Wir wissen, welche Substanz dieses Unternehmen hat. Das ist von vielen Investoren, von allen Investoren hoch anerkannt."
Der Mut von Knorr-Bremse wurde belohnt. Von Panik, von einem Ausverkauf an den Börsen also war nichts mehr zu spüren.
Die Kurse an den Finanzmärkten weltweit waren Mitte vergangener Woche eingebrochen, weil der Internationale Währungsfonds IWF Tage zuvor zwei Warnungen ausgesprochen hatte. Zunächst nahm er seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft leicht zurück. Dann warnte er vor abrupten Turbulenzen an den Finanzmärkten - auch wegen der Handelskonflikte und geopolitischen Risiken. Das löste dann den Einbruch an den Märkten aus. Doch inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt. Hat der IWF also zu früh gewarnt? Nein, meint Clemens Fuest, Präsident des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung:
"Warnungen bringen ja vor allem dann etwas, wenn die Politik entsprechend handeln kann und dann die Krise vielleicht verhindern kann. Insofern sollte man nicht zu spät warnen. Ich glaube der IWF hat schon die Funktion, so wie andere Institutionen auch, wenn Probleme auftreten, zu warnen, in der Hoffnung, dass die Politik eben dann dagegen hält."
Der Mut von Knorr-Bremse wurde belohnt. Von Panik, von einem Ausverkauf an den Börsen also war nichts mehr zu spüren.
Die Kurse an den Finanzmärkten weltweit waren Mitte vergangener Woche eingebrochen, weil der Internationale Währungsfonds IWF Tage zuvor zwei Warnungen ausgesprochen hatte. Zunächst nahm er seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft leicht zurück. Dann warnte er vor abrupten Turbulenzen an den Finanzmärkten - auch wegen der Handelskonflikte und geopolitischen Risiken. Das löste dann den Einbruch an den Märkten aus. Doch inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt. Hat der IWF also zu früh gewarnt? Nein, meint Clemens Fuest, Präsident des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung:
"Warnungen bringen ja vor allem dann etwas, wenn die Politik entsprechend handeln kann und dann die Krise vielleicht verhindern kann. Insofern sollte man nicht zu spät warnen. Ich glaube der IWF hat schon die Funktion, so wie andere Institutionen auch, wenn Probleme auftreten, zu warnen, in der Hoffnung, dass die Politik eben dann dagegen hält."
Die Politik aber ist es derzeit vor allem, die die Unruhe schafft: Da ist als erstes die Regierung in den Vereinigten Staaten zu nennen, die Handelskonflikte mit wichtigen Partnern anzettelt, bisher vor allem mit China. Aber auch die Nachwirkungen der Steuerreform vom Ende vergangenen Jahres sind zu spüren. Doch auch in Europa gibt es politische Krisenherde: Allen voran Italien mit seiner unsoliden Haushaltspolitik und schließlich der anstehende Brexit, um dessen Modalitäten immer noch gerungen wird. Hinzu kommt dann noch die labile Lage in einigen Schwellenländern. Steht die nächste große Krise der Weltwirtschaft also unmittelbar bevor?
Die Handelskonflikte, die die USA mit dem Rest der Welt ausficht, konzentrieren sich zurzeit vor allem auf China, nachdem der amerikanische Präsident Donald Trump vor wenigen Wochen das nordamerikanische Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko neu verhandelt hat. Die Hälfte der Einfuhren aus China ist mittlerweile mit Zöllen belegt. China hat darauf auch amerikanische Importe erschwert. Das bereitet den internationalen Exportunternehmen große Sorgen, auch den Maschinenbauern in Deutschland. Carl Martin Welcker, Präsident des Branchenverbands VDMA, erklärt warum:
"Das sind unsere zwei wichtigsten Absatzmärkte, und wenn diese sich beharken, dann kommen unsere Tochterfirmen in den jeweiligen Märkten natürlich unter Beschuss und gegebenenfalls auch unsere eigene Produktion, wenn wir denn Komponenten aus dem einen oder anderen Land verbauen und dann weiterverkaufen wollen aus Deutschland heraus. Allerdings hoffe ich darauf, wir setzen darauf, dass genügend Kräfte auf die verhandelnden Positionen einwirken, dass es doch zu einer, wie auch immer, friedlichen Beilegung kommt."
Unternehmen sehen Entwicklungen kritisch
Unternehmen aber müssen auch planen, deshalb nehmen sie Veränderungen im freien Handel sehr sensibel wahr, erklärt Frank Riemensperger, Vizepräsident der AmCham, der amerikanischen Handelskammer in Deutschland, in der sich etwa 1.000 amerikanische und auch deutsche Unternehmen zusammengeschlossen haben:
"Die Unternehmen reagieren in der Regel auf Unsicherheiten mit Abwarten. Das heißt, wir sehen jetzt schon den Trend, dass Investitionen zurückgefahren werden, dass keine neuen Mitarbeiter eingestellt werden, dass darüber nachgedacht wird, Fabrikationen zu verlagern. Die Unsicherheit führt dazu, dass Investitionen, die zu Wachstum führen, derzeit nicht getätigt werden."
Die Politik des America First im Handel schadet also – auch amerikanischen Unternehmen, aber eben nicht nur denen, meint Claus Michelsen, Konjunkturexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW:
"Wir würden das als verantwortungslos bezeichnen. Und so sehen dass die meisten Volkswirte um die Welt herum. Das Problem, was entsteht, ist, wenn man sich auf diesen Handelskonflikt einlässt, dass es tatsächlich an den Grundfesten dessen sägt, was wir als Handelsregelung oder Struktur für die Welt mittlerweile aufgebaut haben."
Immerhin gibt es inzwischen Hoffnung: Denn die USA wollen mit der Europäischen Union, aber auch mit Großbritannien und Japan, Gespräche über Handelsabkommen aufnehmen. Ein erster Schritt, meint DIW-Konjunkturexperte Michelsen, denn wie sprunghaft Donald Trump sei, das habe man ja inzwischen schon mehrfach beobachten können:
"Die Gefahr, dass hier auch wieder stärkere Konflikte zutage treten, sehen wir ja durchaus als gegeben an, und wir sehen tatsächlich eben das Problem, wenn es sich wirklich zu einem richtigen Handelskrieg aufschaukeln würde, dass es enorme, auch gesamtwirtschaftliche Probleme mit sich brächte und eben in einer Rezession münden könnte."
"Die Unternehmen reagieren in der Regel auf Unsicherheiten mit Abwarten. Das heißt, wir sehen jetzt schon den Trend, dass Investitionen zurückgefahren werden, dass keine neuen Mitarbeiter eingestellt werden, dass darüber nachgedacht wird, Fabrikationen zu verlagern. Die Unsicherheit führt dazu, dass Investitionen, die zu Wachstum führen, derzeit nicht getätigt werden."
Die Politik des America First im Handel schadet also – auch amerikanischen Unternehmen, aber eben nicht nur denen, meint Claus Michelsen, Konjunkturexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW:
"Wir würden das als verantwortungslos bezeichnen. Und so sehen dass die meisten Volkswirte um die Welt herum. Das Problem, was entsteht, ist, wenn man sich auf diesen Handelskonflikt einlässt, dass es tatsächlich an den Grundfesten dessen sägt, was wir als Handelsregelung oder Struktur für die Welt mittlerweile aufgebaut haben."
Immerhin gibt es inzwischen Hoffnung: Denn die USA wollen mit der Europäischen Union, aber auch mit Großbritannien und Japan, Gespräche über Handelsabkommen aufnehmen. Ein erster Schritt, meint DIW-Konjunkturexperte Michelsen, denn wie sprunghaft Donald Trump sei, das habe man ja inzwischen schon mehrfach beobachten können:
"Die Gefahr, dass hier auch wieder stärkere Konflikte zutage treten, sehen wir ja durchaus als gegeben an, und wir sehen tatsächlich eben das Problem, wenn es sich wirklich zu einem richtigen Handelskrieg aufschaukeln würde, dass es enorme, auch gesamtwirtschaftliche Probleme mit sich brächte und eben in einer Rezession münden könnte."
Nicht nur mit seiner Handelspolitik aber bringt der amerikanische Präsident das Gleichgewicht im Weltwirtschaftssystem in Gefahr. Auch seine Steuerreform hat weitreichende Auswirkungen über das Land selbst hinaus. Denn diese Steuersenkung sei zur falschen Zeit gekommen, erklärt ifo-Präsident Clemens Fuest:
"Man soll ja eigentlich in einem Abschwung Steuern senken, Staatsausgaben erhöhen und in einem Aufschwung eher Schulden zurückzahlen. Und Donald Trump macht genau das Gegenteil. Wir haben einen Aufschwung in den USA, und den verstärkt er massiv durch Steuersenkungen. Und in dieser Situation hat die Notenbank ein Problem, weil sie auf die Bremse treten muss. Also, die Fiskalpolitik tritt aufs Gaspedal, und die Geldpolitik tritt auf die Bremse. Das führt zu Problemen, die jetzt nicht in erster Linie in den USA auftreten, sondern vor allem in den Schwellenländern. Die Liquidität verknappt sich, Kapital strömt in die USA und fließt aus Schwellenländern ab. Und das führt dann in diesen Ländern zu Problemen. Das ist so eine Art Liquiditätsschock, der diese Länder erreicht, der die Weltwirtschaft erreicht, und das ist schon ein sehr großes Risiko."
Denn die Schwellenländer sind auf Kapitalimporte angewiesen. Anleger aber, die ihr Geld dort angelegt hatten, greifen jetzt bei amerikanischen Staatsanleihen zu. Die werfen aktuell eine Rendite von gut drei Prozent ab und das bei weit geringerem Risiko. Das hat direkte Folgen in den Schwellenländern. Claus Michelsen vom DIW:
"Die Währungen in den Schwellenländern werten ab, das führt dazu, dass Importe verteuert werden. All das muss man mitdenken, aber eine Schwellenländerkrise im Ganzen sehen wir noch nicht. Wir sehen vor allen Dingen eben sogenannte idiosynkratische Probleme bei einzelnen Ländern. Was sich daraus entwickeln kann, nämlich eine allgemeine Vertrauenskrise, also so Ansteckungseffekte von der Türkei auf die gesamte Gruppe der Schwellenländer, das haben wir bisher nur in sehr, sehr geringem Umfang beobachtet. Insofern gibt es da derzeit noch ein bisschen Entwarnung. Gleichwohl besteht auch hier das Risiko, dass sich das entsprechend ausweiten kann."
Währungsverfall in der Türkei zieht derzeit keine weiteren Kreise
Die Auswirkungen des Währungsverfalls in der Türkei sind bisher nur am Bosporus zu spüren. Wegen der hohen Inflation dort müsste die Notenbank eigentlich die Zinsen stark erhöhen, das aber will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verhindern aus Sorge, dass dann die Konjunktur noch stärker einbricht. Auch Argentinien und Südafrika sind in labiler Verfassung. Aber noch sind diese Risiken weitgehend begrenzt.
Nicht nur Erdogan versucht Einfluss zu nehmen auf die Geldpolitik, auch Donald Trump greift die Fed, die amerikanische Notenbank, immer wieder an, nennt deren Geldpolitik "verrückt". Davon aber werde sich die Fed wohl nicht aus der Ruhe bringen lassen, vermutet Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:
"Die Notenbank in Amerika ist unabhängig und richtet sich nach den makroökonomischen Trends. Hier war es unabdingbar, dass sie die Zinsschraube wieder anzieht, weil eine derartige Geldpolitik wie in den letzten Jahren nach der Krise einfach nicht mehr angemessen war, in Zeiten, wo sich die amerikanische Wirtschaft völlig normalisiert hat. Und insofern ist es auch richtig, dass sie weiterhin die Zinsen anzieht. Sie wird sich in einem Versuch-und-Irrtum-Verfahren an das Niveau annähern, wo dann tatsächlich Bremswirkungen auf die US-Wirtschaft ausgehen. Leichte Bremswirkungen sind sogar erwünscht, weil die Wirtschaft dabei ist, überzukochen. Diesem Vorgang, dieser Versuch- und Irrtumsprozess, der ist jetzt intakt. Ich denke, dass das Zinsniveau noch nicht überzogen ist, sondern, dass wir noch Zinserhöhungen sehen werden. Aber die Fed, die amerikanischen Notenbank, wird da sehr, sehr vorsichtig sein und auch sehr sensibel sein für eine Überziehung ihres Zinskurses."
Einen so langen Aufschwung hat die amerikanische Wirtschaft so noch nicht erlebt, er geht ins zehnte Jahr, ein normaler Zyklus dauere nur etwa fünf Jahre, wissen Ökonomen.
Auch im Euroraum hat sich die Wirtschaft seit der Finanz- und Schuldenkrise vor zehn Jahren erholt. Die Konjunktur hat in vielen Ländern an Kraft gewonnen, die Unternehmen sind solide finanziert und machen gute Geschäfte. Allerdings gibt es vor allem in den südeuropäischen Ländern weiter große Probleme. Spanien und Portugal haben sich zwar stabilisiert, aber die Lage in Italien, der drittgrößten Volkswirtschaft des Euroraums, ist labil. Das liegt auch an der populistischen Regierung des Landes. Die will ihre Wahlversprechen umsetzen und sich deshalb nicht mehr um die Vorgaben der Europäischen Union scheren, was die Neuverschuldung und die Rückführung der Schulden insgesamt angeht. Das macht der der EU-Kommission gerade vorgelegte Haushaltsentwurf deutlich. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HSH Nordbank:
"Das ist schon eine sehr unangenehme Konstellation. Wenn man jetzt sagt, die machen jetzt so weiter wie bisher, und werden auch in den nächsten Jahren weiter expansiv sein, dann steuert das Land tatsächlich auf eine Schuldenkrise zu. Und das wird auch die anderen europäischen Länder nicht unberührt lassen. Positiv ist allerdings zu vermerken, dass derzeit die Investoren tatsächlich differenzieren."
Nicht nur Erdogan versucht Einfluss zu nehmen auf die Geldpolitik, auch Donald Trump greift die Fed, die amerikanische Notenbank, immer wieder an, nennt deren Geldpolitik "verrückt". Davon aber werde sich die Fed wohl nicht aus der Ruhe bringen lassen, vermutet Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:
"Die Notenbank in Amerika ist unabhängig und richtet sich nach den makroökonomischen Trends. Hier war es unabdingbar, dass sie die Zinsschraube wieder anzieht, weil eine derartige Geldpolitik wie in den letzten Jahren nach der Krise einfach nicht mehr angemessen war, in Zeiten, wo sich die amerikanische Wirtschaft völlig normalisiert hat. Und insofern ist es auch richtig, dass sie weiterhin die Zinsen anzieht. Sie wird sich in einem Versuch-und-Irrtum-Verfahren an das Niveau annähern, wo dann tatsächlich Bremswirkungen auf die US-Wirtschaft ausgehen. Leichte Bremswirkungen sind sogar erwünscht, weil die Wirtschaft dabei ist, überzukochen. Diesem Vorgang, dieser Versuch- und Irrtumsprozess, der ist jetzt intakt. Ich denke, dass das Zinsniveau noch nicht überzogen ist, sondern, dass wir noch Zinserhöhungen sehen werden. Aber die Fed, die amerikanischen Notenbank, wird da sehr, sehr vorsichtig sein und auch sehr sensibel sein für eine Überziehung ihres Zinskurses."
Einen so langen Aufschwung hat die amerikanische Wirtschaft so noch nicht erlebt, er geht ins zehnte Jahr, ein normaler Zyklus dauere nur etwa fünf Jahre, wissen Ökonomen.
Auch im Euroraum hat sich die Wirtschaft seit der Finanz- und Schuldenkrise vor zehn Jahren erholt. Die Konjunktur hat in vielen Ländern an Kraft gewonnen, die Unternehmen sind solide finanziert und machen gute Geschäfte. Allerdings gibt es vor allem in den südeuropäischen Ländern weiter große Probleme. Spanien und Portugal haben sich zwar stabilisiert, aber die Lage in Italien, der drittgrößten Volkswirtschaft des Euroraums, ist labil. Das liegt auch an der populistischen Regierung des Landes. Die will ihre Wahlversprechen umsetzen und sich deshalb nicht mehr um die Vorgaben der Europäischen Union scheren, was die Neuverschuldung und die Rückführung der Schulden insgesamt angeht. Das macht der der EU-Kommission gerade vorgelegte Haushaltsentwurf deutlich. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HSH Nordbank:
"Das ist schon eine sehr unangenehme Konstellation. Wenn man jetzt sagt, die machen jetzt so weiter wie bisher, und werden auch in den nächsten Jahren weiter expansiv sein, dann steuert das Land tatsächlich auf eine Schuldenkrise zu. Und das wird auch die anderen europäischen Länder nicht unberührt lassen. Positiv ist allerdings zu vermerken, dass derzeit die Investoren tatsächlich differenzieren."
Finanzmärkte bestrafen derzeit nur Italien
Die Finanzmärkte zeigen ihr Missfallen nämlich im Moment nur Italien. Das Land muss für zehnjährige Staatsanleihen aktuell mehr als 3,5 Prozent bezahlen. Zum Vergleich: Deutschland muss für seine zehnjährigen Anleihen nur 0,5 Prozent bezahlen. Denn die Anleger halten das Risiko mit italienischen Anleihen Geld zu verlieren für entsprechend höher. Dieses Risiko lassen sie sich bezahlen. Für den italienischen Staat wird es damit teurer, sich Geld zu leihen.
Jetzt schon ist Italien jedoch hoch verschuldet mit einer Gesamtschuldenquote von gut 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist die zweithöchste Quote nach Griechenland. Erlaubt ist nach den Maastricht-Kriterien jedoch nur weniger als die Hälfte, nämlich 60 Prozent. Staatsanleihen im Volumen von 300 Milliarden Euro liegen allein in den Depots der italienischen Banken. Auch die geraten wieder ins Wanken, wenn die Renditen steigen, die Anleihen damit weniger wert sind, erklärt Clemens Fuest vom ifo-Institut:
"Wenn die jetzt im Wert sinken, dann verlieren ja die Banken Eigenkapital. Das führt dann dazu, dass sie weniger Kredite vergeben an die Wirtschaft insgesamt. Das heißt, die Beschädigung des Vertrauens der Investoren setzt auch die Konjunktur in Italien unter Druck. Das geht eben über den Weg der Banken. Die Solidität der Banken ist ganz essenziell für die Stabilität der Euro-Zone."
Die missliche Lage scheint der italienischen Regierung durchaus bewusst, sie hat auch schon an die Europäische Zentralbank appelliert, diese möge doch noch mehr Staatsanleihen aufkaufen. Die EZB aber hat strenge Vorgaben für den Anleihekauf. Und EZB-Präsident Mario Draghi, selbst Italiener, lässt sich vom Hilferuf seiner Landsleute nicht beeindrucken:
"Das Mandat der EZB ist es nicht, die Profite der Banken oder Versicherungen zu schützen. Die EZB wird auch nicht sicherstellen, dass die Schulden einer Regierung in jedem Fall finanziert werden. Unsere Aufgabe ist es, Preisstabilität zu gewährleisten."
Und das im gesamten Euroraum. Wenn aber die Finanzmärkte zu nervös werden, könnten doch die anderen südlichen Euroländer wieder Schwierigkeiten bei der Refinanzierung bekommen, erklärt Claus Michelsen vom DIW:
"Der erste Kandidat, den man dort immer zu nennen hat, ist natürlich Griechenland, die jetzt gerade ‘rausgekommen sind und wieder auf eigenen Füßen stehen, ‘rausgekommen sind aus der Kooperation mit dem IWF und der Europäischen Union. Für Griechenland würde das wieder zu einem Problem werden, aber auch andere Länder, wie Spanien, Portugal, die ja schon in einer Krise waren, die könnten erneut in Mitleidenschaft gezogen werden."
Italien gefährde mit seinem Verhalten den Zusammenhalt im Euroraum, sorgt sich Clemens Fuest vom ifo-Institut:
"Der kann ja eigentlich nur bröckeln, wenn eine Regierung sagt, uns interessieren künftig Vereinbarungen nicht mehr, Zusagen, die wir gemacht haben, interessieren uns nicht mehr. So kann man keine gemeinsame Währungsunion haben. Indem Italien sagt, wir werden künftig uns nicht mehr in die Verschuldungsregeln halten, stellen sie die Währungsunion infrage. Und das ist unvernünftig, ein Zusammenbruch des Euro oder ein Austritt Italiens würde vor allem auch Italien schädigen. Und man muss, glaube ich, einfach noch mal das Gespräch suchen und versuchen, auch klarzumachen, dass es einen gemeinsamen Weg mit dieser gemeinsamen Währung gibt."
Auf politische Risiken reagieren Anleger derzeit gelassen
Auf politische Risiken aber reagieren die Anleger bisher noch recht gelassen, hat Ulf Krauss beobachtet. Er ist Rentenmarktstratege der Helaba, der Landesbank Hessen-Thüringen:
"Entscheidend ist vielmehr, dass die Anleger sich der Risiken in gewisser Weise bewusst sind, dass sie gelernt haben, auch mit politischen Unstimmigkeiten und Irritationen zurechtzukommen, und nicht alles gleich auf die Goldwaage zu legen. Jetzt haben wir zum Beispiel das Thema Brexit. Auch da ist alles auf der Kippe im Moment, auch die Märkte sind natürlich schon ein bisschen, na ja, beunruhigt, das kann man gar nicht sagen. Sie warten erst einmal ab, was passiert. Und sie denken auch, na ja, irgendwie wird es auch weitergehen und man wird sich dann auch irgendwelche Lösungen für dieses Problem, in welcher Form das jetzt auch weitergeht, gefunden werden."
Der Brexit nämlich ist ein weiteres großes Risiko für die Wirtschaftsentwicklung. Er wird die Volkswirtschaft Großbritanniens als auch die der Europäischen Union hart treffen. Dennoch gibt sich auch Konjunkturexperte Michelsen vom DIW zuversichtlich:
"Ich denke, dass man ähnlich wie bei Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, bis spät in die Nacht verhandeln wird und am Ende des Tages dann doch eine Lösung präsentiert. Dafür ist das, was auf dem Spiel steht, zu wichtig, zu groß, als dass man sich diese Nicht-Einigung leisten könnte. Und niemand, ich denke weder in der Europäischen Union noch in Großbritannien, möchte eben auf diese einfachen Regeln der Welthandelsorganisation zurückfallen, weil das würde tatsächlich das Zusammenleben, das Importieren und Exportieren von Waren und Dienstleistungen erheblich erschweren. Das kann keiner wollen."
"Entscheidend ist vielmehr, dass die Anleger sich der Risiken in gewisser Weise bewusst sind, dass sie gelernt haben, auch mit politischen Unstimmigkeiten und Irritationen zurechtzukommen, und nicht alles gleich auf die Goldwaage zu legen. Jetzt haben wir zum Beispiel das Thema Brexit. Auch da ist alles auf der Kippe im Moment, auch die Märkte sind natürlich schon ein bisschen, na ja, beunruhigt, das kann man gar nicht sagen. Sie warten erst einmal ab, was passiert. Und sie denken auch, na ja, irgendwie wird es auch weitergehen und man wird sich dann auch irgendwelche Lösungen für dieses Problem, in welcher Form das jetzt auch weitergeht, gefunden werden."
Der Brexit nämlich ist ein weiteres großes Risiko für die Wirtschaftsentwicklung. Er wird die Volkswirtschaft Großbritanniens als auch die der Europäischen Union hart treffen. Dennoch gibt sich auch Konjunkturexperte Michelsen vom DIW zuversichtlich:
"Ich denke, dass man ähnlich wie bei Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, bis spät in die Nacht verhandeln wird und am Ende des Tages dann doch eine Lösung präsentiert. Dafür ist das, was auf dem Spiel steht, zu wichtig, zu groß, als dass man sich diese Nicht-Einigung leisten könnte. Und niemand, ich denke weder in der Europäischen Union noch in Großbritannien, möchte eben auf diese einfachen Regeln der Welthandelsorganisation zurückfallen, weil das würde tatsächlich das Zusammenleben, das Importieren und Exportieren von Waren und Dienstleistungen erheblich erschweren. Das kann keiner wollen."
Geldpolitik hat einen Sicherheitspuffer
Das klingt nicht nach Panik. Dass die Finanzmärkte zwar gelegentlich heftig reagieren, aber sich dann doch wieder beruhigen, das liege auch am Sicherheitspuffer, den die Geldpolitik nach der letzten Krise aufgebaut habe, erklärt Ulf Krauss von der Helaba. Es gebe noch viel Liquidität am Markt:
"Man hat natürlich schon gesehen, dass die Kurse zum Beispiel im Aktienmarkt angestiegen sind, aber da sind, glaube ich, noch nicht kritische Marken eindeutig überschritten worden, wo man sagen muss, jetzt wird es wirklich heiß und fettig, sondern es kann durchaus noch eine Weile so weitergehen. Dass wir irgendwann mal vielleicht auch ein Problem kriegen, in Form, dass man sich fragt, ist alles wirklich so wasserdicht gemacht worden durch die Geld- und Fiskalpolitik, da kann man natürlich langfristig dann wiederum Zweifel haben."
Die Geldpolitik in den USA hat die Zinswende schon geschafft. Weil die Lage im Euroraum aber noch länger fragil war, die Verschuldung immer noch zu hoch, will die EZB erst zum Jahresende allmählich aus dem Anleihekaufprogramm aussteigen und keine neuen Anleihen mehr kaufen. Wohl erst frühestens im Herbst 2019 dürfte sie dann die Zinsen langsam erhöhen. Noch ist viel Liquidität im Markt, und damit, so fürchtet Rentenmarktexperte Krauss, steige auch wieder die Gefahr von Fehlallokationen, das dieses Geld also zur Blasenbildung in einzelnen Anlagesegmenten führen könnte.
"Die Gefahr sehe ich im Moment als eine der größten. Und deswegen plädieren wir auch dafür, dass zum Beispiel die EZB nicht zu lange mit diesen Strafzinsen und Negativzinsen operiert, sondern ein Stück weit auch zur Normalität zurückfindet, damit eben diese Überschussliquidität auch nicht vagabundiert und zu Fehlallokationen führt, die dann irgendwann mal einem auf die Füße fallen."
Was aber, wenn die EZB ihre lockere Geldpolitik nicht strafft, bevor es wieder zu einer Krise kommt?
Hat sie dann die Mittel, um gegenzusteuern? Die seien zumindest geringer als zu normalen Zeiten, glaubt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:
"Das Niedrigzinsumfeld bleibt hier zum Leidwesen der Sparer erhalten. Wenn es notwendig sein sollte, einem Abschwung in Europa entgegen zu wirken, dann bedeutet das, dass automatisch die Staatshaushalte stärker gefordert sind. Hier haben die Europäer gegenüber den Amerikanern noch einen Vorsprung. Amerika ist deutlich höher verschuldet als die europäische Wirtschaft, das heißt, wenn es denn notwendig wäre, Konjunkturprogramme umzusetzen, dann wären trotz der unbefriedigenden Situation im Bereich Verschuldung der europäischen Staatshaushalte, die dazu alle mal in der Lage."
Doch wird es überhaupt zu einer solchen Krise kommen? Da scheinen die Finanzmärkte in gespannter Erwartung. Mit einem baldigen Abschwung der Weltwirtschaft rechnet nach zehn Jahren des Aufschwungs eigentlich jeder. Es dürfe nur keine dramatischen Veränderungen in dieser labilen Lage mit den vielen Krisenherden geben, denn dann drohe ein Vertrauensverlust der Investoren, glaubt ifo-Präsident Fuest:
"Es kann niemand genau vorher sagen, wann so ein Zusammenbruch des Vertrauens kommt. Aber wenn man sich eben nah am Abgrund bewegt, dann kann man mal ausrutschen und auch ‘runter fallen. So ein Szenario kann man nicht ausschließen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass es dazu kommt, aber es ist derzeit möglich. Und die Wahrscheinlichkeit wächst. Ich hoffe, dass es dazu nicht kommt."
"Man hat natürlich schon gesehen, dass die Kurse zum Beispiel im Aktienmarkt angestiegen sind, aber da sind, glaube ich, noch nicht kritische Marken eindeutig überschritten worden, wo man sagen muss, jetzt wird es wirklich heiß und fettig, sondern es kann durchaus noch eine Weile so weitergehen. Dass wir irgendwann mal vielleicht auch ein Problem kriegen, in Form, dass man sich fragt, ist alles wirklich so wasserdicht gemacht worden durch die Geld- und Fiskalpolitik, da kann man natürlich langfristig dann wiederum Zweifel haben."
Die Geldpolitik in den USA hat die Zinswende schon geschafft. Weil die Lage im Euroraum aber noch länger fragil war, die Verschuldung immer noch zu hoch, will die EZB erst zum Jahresende allmählich aus dem Anleihekaufprogramm aussteigen und keine neuen Anleihen mehr kaufen. Wohl erst frühestens im Herbst 2019 dürfte sie dann die Zinsen langsam erhöhen. Noch ist viel Liquidität im Markt, und damit, so fürchtet Rentenmarktexperte Krauss, steige auch wieder die Gefahr von Fehlallokationen, das dieses Geld also zur Blasenbildung in einzelnen Anlagesegmenten führen könnte.
"Die Gefahr sehe ich im Moment als eine der größten. Und deswegen plädieren wir auch dafür, dass zum Beispiel die EZB nicht zu lange mit diesen Strafzinsen und Negativzinsen operiert, sondern ein Stück weit auch zur Normalität zurückfindet, damit eben diese Überschussliquidität auch nicht vagabundiert und zu Fehlallokationen führt, die dann irgendwann mal einem auf die Füße fallen."
Was aber, wenn die EZB ihre lockere Geldpolitik nicht strafft, bevor es wieder zu einer Krise kommt?
Hat sie dann die Mittel, um gegenzusteuern? Die seien zumindest geringer als zu normalen Zeiten, glaubt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:
"Das Niedrigzinsumfeld bleibt hier zum Leidwesen der Sparer erhalten. Wenn es notwendig sein sollte, einem Abschwung in Europa entgegen zu wirken, dann bedeutet das, dass automatisch die Staatshaushalte stärker gefordert sind. Hier haben die Europäer gegenüber den Amerikanern noch einen Vorsprung. Amerika ist deutlich höher verschuldet als die europäische Wirtschaft, das heißt, wenn es denn notwendig wäre, Konjunkturprogramme umzusetzen, dann wären trotz der unbefriedigenden Situation im Bereich Verschuldung der europäischen Staatshaushalte, die dazu alle mal in der Lage."
Doch wird es überhaupt zu einer solchen Krise kommen? Da scheinen die Finanzmärkte in gespannter Erwartung. Mit einem baldigen Abschwung der Weltwirtschaft rechnet nach zehn Jahren des Aufschwungs eigentlich jeder. Es dürfe nur keine dramatischen Veränderungen in dieser labilen Lage mit den vielen Krisenherden geben, denn dann drohe ein Vertrauensverlust der Investoren, glaubt ifo-Präsident Fuest:
"Es kann niemand genau vorher sagen, wann so ein Zusammenbruch des Vertrauens kommt. Aber wenn man sich eben nah am Abgrund bewegt, dann kann man mal ausrutschen und auch ‘runter fallen. So ein Szenario kann man nicht ausschließen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass es dazu kommt, aber es ist derzeit möglich. Und die Wahrscheinlichkeit wächst. Ich hoffe, dass es dazu nicht kommt."