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Finanzmärkte reagieren gelassen auf niedrigere Ratings

Der deutsche Aktienmarkt hat dem Rundumschlag von Standard & Poor's gegen die Eurozone getrotzt. Experten verwiesen darauf, dass die Herabstufung erwartet worden war. Entsprechend gelassen fielen die Reaktionen aus.

Von Brigitte Scholtes |
    Die Anleger an den Finanzmärkten hat die Rating-Herabstufung von gleich neun Euro-Ländern offenbar kaum noch interessiert. Warum die Reaktion der Börsen nicht negativer ausgefallen ist, erklärt Johannes Müller, Chefvolkswirt der Fondsgesellschaft DWS so:

    "Erstens: Es ist nicht ganz unerwartet. Das Zweite ist, dass der Markt es auch eingepreist hat. Wen man sich also anschaut, wo französische Staatsanleihen zur Zeit rentieren in den Risikoaufschlägen, dann ist da ein AA locker mit abgedeckt, wenn nicht sogar ein A. Und das Dritte ist, dass ganz generell Zweifel angebracht sind am Wert eines Ratings so wie es zur Zeit praktiziert wird, weil die Ratingagenturen sind nicht mehr nur die neutralen Beobachter, die da objektiv ihr Urteil fällen, sondern dieses Urteil bestimmt auch das Endergebnis. Das heißt also, es ist nicht mehr nur die Rolle des Schiedsrichters, sondern auch teilweise die Rolle des Mitspielers."

    Die Ratingagenturen hätten ihren Schrecken verloren, hörte man heute auch. Die stabile Entwicklung sei eine Art Trotzreaktion. Auch Andreas Hahner, Währungsspezialist von Allianz Global Investors, relativiert die Bedeutung der Bonitätsurteile:

    "Wir haben es hier mit Ratingagenturen zu tun, die privat sind, die einen hohen Gewinn erwirtschaften, Und es ist schon bitter, wenn letztendlich das Urteil von Ratingagenturen, wenn die juristische Folgen in der Eurozone oder auch für Deutschland haben."

    Noch aber sind bestimmte Investoren an die Urteile der Ratingagenturen gebunden. Etwa die, die passiv anlegen, also bestimmte Indizes nachbilden. In diese Indizes werden nur Emittenten mit einer bestimmten Bonitätsstufe aufgenommen.

    Auch Versicherungen dürfen allenfalls fünf Prozent ihres Portfolios in Ramschanleihen investieren, also etwa Anleihen, die ein Rating von weniger als BBB- haben. Standard & Poor's ist aber die einzige Rating-Agentur, die so viele Länder herabgestuft hat. Von diesen Ländern fiel am Freitag aber keines auf Ramschniveau.

    Italien ist dem jedoch mit einem BBB+ schon erheblich näher gerückt. Nur Portugal und Griechenland liegen wie bisher unterhalb des Investmentgrade. Andere große Investoren, die sich nicht an solche gesetzlichen Vorgaben halten müssen, verlassen sich ohnehin nicht nur auf die Urteile der Rating-Agenturen, meint Johannes Müller von der Deutsche-Bank-Tochter DWS:

    "Für uns ist das Rating eine wichtige Größe. Wir leisten uns den Luxus aber, dass wir uns die Emittenten selbst anschauen. Wir fühlen uns dazu verpflichtet. Insofern ist das Rating ein Baustein, letzten Endes ausschlaggebend sind aber interne Analysen und Einschätzungen."

    Sollte es aber als Folge der Herabstufungen dazu kommen, dass auch der europäische Rettungsschirm EFSF seine Top-Bonität verliert, dann werde das zwar Auswirkungen haben, aber die seien noch beherrschbar, meint Andreas Hahner von Allianz Global Investors:

    "Uns fällt ja im Prinzip Österreich und Frankreich aus als Garantiegeber. Der Rettungsschirm wird kleiner werden. Das ist relativ klar. Außer die Deutschen würden erhöhen, das sehe ich nicht. Also wird er entweder kleiner oder er wird sein AAA-Rating verlieren. Dafür ist man jetzt aber auch dabei, den ESM-Schutzmechanismus früher starten zu lassen, sodass das darüber wieder aufgefangen wird."

    Eines aber ist heute deutlich zu spüren: Der Wunsch, die Macht des Oligopols der drei Ratingagenturen zu brechen und diese Aufgabe auf mehr Anbieter zu verteilen.