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Finanzminister Scholz zur Konjunktur
"Langsameres Wachstum ist unverändert Wachstum"

Der Bundesfinanzminister sieht keine Notwendigkeit für ein Konjunkturprogramm: "Wenn morgen früh 500.000 Männer und Frauen an den richtigen Fabrik-Toren klopfen, dann werden sie alle eingestellt", so Olaf Scholz. Ab dem zweiten Halbjahr sollten Brexit und Handelskonflikte ihre Schrecken verloren haben.

Von Theo Geers |
Pressestatement von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in Buenos Aires vor Beginn des G20-Gipfels der Finanzminister und Notenbankgouverneure
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht die Konjunkturdelle im zweiten Halbjahr wieder überwunden (imago/photothek)
Um keinen Preis will Olaf Scholz das falsche Rezept anwenden. Auch wenn sich die Konjunktur weltweit abkühlt und es die Spatzen von den Berliner Dächern pfeifen, dass selbst die Bundesregierung für dieses Jahr nur noch mit einem halben Prozent Wachstum rechnet - Olaf Scholz bleibt in Washington erst mal standfest:
"Wir haben ein langsameres Wachstum, sowohl weltweit als auch in Europa als auch in Deutschland, aber es ist unverändert ein Wachstum."
Sagt der Finanzminister und deshalb brauche man an das empfohlene Rezept - ein Konjunkturprogramm gegen den Abschwung - auch keinen Gedanken zu verschwenden.
"Wenn morgen früh 500.000 Männer und Frauen an den richtigen Fabrik-Toren klopfen, dann werden sie alle eingestellt. Das ist nicht typischerweise das Zeichen einer schwierigen wirtschaftlichen Lage und deshalb sollten wir auch nicht so handeln als wäre das so".
Weidmann: "Wir sprechen über eine Konjunkturdelle"
Schützenhilfe leistet Bundesbankpräsident Jens Weidmann, mit dem sich Scholz die Bälle zuspielt.
"Das Konjunkturbild ist nicht das eines dramatischen Abschwungs, das jetzt Konjunkturpakete erforderlich machen würde, sondern wir sprechen über eine Konjunkturdelle."
Und die dürfte im zweiten Halbjahr wieder überwunden werden, dann, wenn Unsicherheiten wie der Brexit oder der Handelskonflikt zwischen den USA und China hoffentlich ihre Schrecken verloren haben sollten. Zudem ist Scholz optimistisch, dass auch die Autozölle, die US-Präsident Trump angedroht hat, auf dem Verhandlungswege noch abgewendet werden können.
"Es ist jetzt eigentlich gerade sehr entspannt. Ich weiß jetzt auch nicht, ob das was hilft, aber wäre ja schön, wenn."
Keine Empfänglichkeit für Frankreichs Vorschläge
Damit wäre noch ein weiteres Konjunkturrisiko entschärft. Auch deshalb können weder der Finanzminister noch der Bundesbankpräsident Forderungen etwa aus Frankreich nach staatlichen Ausgabeprogrammen etwas abgewinnen. Das Argument, Länder mit soliden Staatsfinanzen wie Deutschland könnten auch in der Eurozone mehr investieren und damit auch für andere Länder mehr tun, hält Bundesbankpräsident Jens Weidmann für Unsinn. Zum einen führten staatliche Ausgabenprogramme nur in geringem Umfang zu mehr Nachfrage nach Produkten etwa aus Südeuropa. Und dann seien Ausgabenprogramme, die man nur für andere auflege, irgendwie auch ein Widerspruch zu dem Geist, der sonst in der Eurozone gepredigt werde.
"Wenn es also darum geht, dass Länder mit fiskalischem Spielraum sozusagen Geld in die Hand nehmen, um Konjunkturprogramme für den Rest aufzulegen, dann sollte man sich auch fragen, ob das überhaupt vereinbar ist, dass man auf eine eigenständige nationale Fiskalpolitik pocht, aber am Ende dann Konjunkturprogramme aus anderen Ländern fordert mit vermeintlichen Ausstrahleffekten aufs eigene Land."
Mindeststeuersatz für Konzerne geplant
Woanders nähern sich Deutsche, Europäer und Amerikaner dagegen weiter an. Weil eine Digitalsteuer, die eigentlich dafür sorgen soll, dass Apple, Google oder Facebook auch in Europa in angemessener Höhe Steuern zahlen, nicht vorankommt, wollen die großen Industrie- und Schwellenländer jetzt die Eckpunkte für eine Mindestbesteuerung festzurren. Dies würde dann auch die Digitalkonzerne treffen. Das derzeit aussichtsreichste Konzept sieht vor, dass Länder grundsätzlich Konzerne mit einem Mindeststeuersatz belegen sollen.
Tun sie es nicht, können andere Länder wie Deutschland, in denen dieser Konzern auch tätig ist, eine Art Nachschlag erheben auf den Teil des Gewinns, den das eigentliche zuständige Land nicht besteuert. Der Finanzminister ist optimistisch: Wenn die Verhandlungen so weiter laufen wie bisher, dann könnte das Konzept der Mindestbesteuerung international tätiger Konzerne Mitte nächstes Jahres endgültig stehen.