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Finanztransaktionssteuer
Abgabe könnte bis zu 44 Milliarden Euro bringen

Deutschland könnte mit einer Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte etwa 44 Milliarden Euro pro Jahr einnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einem Gutachten für die SPD-Bundestagsfraktion. Allerdings wäre das nur der Fall, wenn das Handelsvolumen unverändert bliebe.

09.03.2015
    Börsenhändler verfolgen am 14.03.2014 auf dem Parkett der Börse in Frankfurt am Main die Kursentwicklung.
    Zwischen 18 und 44 Milliarden Euro könnte die Steuer bringen. (dpa/Boris Roessler)
    Laut Medienberichten ermittelte das DIW unter anderem, wie sich die Pläne der EU-Kommission auswirken würden. Die Vorschläge aus Brüssel sehen vor, dass sowohl Anbieter als auch Käufer einer Aktie oder Anleihe je 0,1 Prozent Steuern zahlen müssen. Bei Derivaten, also Termin-, Tausch- und Optionsgeschäften, würde der Satz 0,01 Prozent betragen. Davon ausgenommen sind alltägliche Bankgeschäfte normaler Verbraucher. Nach Angaben der SPD-Fraktion im Bundestag könnte Deutschland so zwischen 18 und 44 Milliarden Euro einnehmen. Das wäre ein großes Plus für den Bundeshaushalt. Der sieht für das Jahr 2015 Ausgaben in Höhe von fast 300 Milliarden Euro vor.
    Die Höchstsumme wäre allerdings nur dann möglich, wenn das Handelsvolumen identisch bliebe. Experten rechnen damit, dass wegen der Finanztransaktionssteuer zumindest ein Teil des Handels zum Erliegen käme oder in andere Staaten verlagert würde. Als Alternative prüften die DIW-Gutachter, wie hoch die erwartbaren Einnahmen bei niedrigeren Prozentsätzen wären. Demnach profitiert der Bundeshaushalt auch dann noch spürbar. Bei einer Halbierung läge das Aufkommen noch bei 10 bis 25 Milliarden Euro. "Bei einer breiten Bemessungsgrundlage sind auch bei niedrigen Steuersätzen noch substanzielle Aufkommen zu erzielen", zitiert die Nachrichtenagentur AFP aus dem Gutachten. Die SPD im Bundestag sieht sich durch das DIW in ihrer Forderung bestätigt. "Wir brauchen die Finanztransaktionssteuer, die in einem Schritt mit umfassenden Geltungsbereich und niedrigem Steuersatz eingeführt wird", sagte der stellvertretende finanzpolitische Sprecher Carsten Sieling.
    Die Londoner City
    Eine Steuer sei sinnlos, wenn andere Akteure wie die USA und China nicht mitmachten, heißt es aus London. (picture alliance / dpa / Andy Rain)
    Briten gegen Steuer
    Ob die Einnahmen aus einer solchen Steuer allerdings überhaupt an Deutschland gingen, ist offen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte Ende Februar in Berlin, dass sie langfristig allein der EU zugutekommen sollten. "Wenn wir es ernst meinen mit Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit Europas, dann muss die Finanztransaktionssteuer Schritt für Schritt zu einer europäischen Steuer werden."
    Elf der 28 EU-Staaten, darunter Deutschland, wollen eine gemeinsame Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte einführen. Die Steuer gilt als Mittel, um Spekulation einzudämmen und den Finanzsektor an den Kosten der Krise zu beteiligen. Besteuert werden sollen Wertpapiergeschäfte vor allem zwischen Banken, Versicherungen sowie Fonds und Hedgefonds. Auch der automatisierte Hochfrequenzhandel würde erfasst. Verbraucher und Kleinsparer blieben weitgehend unbehelligt. Die Rechtmäßigkeit der Abgabe hat der Europäische Gerichtshof bestätigt. Die Briten lehnen die Steuer ab, weil sie um ihren Finanzplatz London fürchten.
    (hba/swe)